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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0138
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BESPRECHUNGEN.

125

Beifall, wenn er, hierbei sich namentlich auf Dvorak berufend, grundsätzlich betont,
daß in jedem Falle die Kunst in ihrer geschichtlichen Erscheinung als eine Lebens-
äußerung der Menschheit nur auf dem Wege empirisch-historischer Forschung er-
faßt werden kann«.

Was seine sachlichen Ausführungen betrifft, so scheinen mir vor allem die
mittelalterlichen wie von besonderem Schwung, so auch von besonders tiefem Wert.
Für die altchristliche Kunst wird Gewicht darauf gelegt, daß man die Sepulkral-
kunst der Frühzeit scharf auseinanderhalte von der erheblich vielseitigeren und auf
ganz andere Aufgaben eingestellten Kirchenkunst der Friedenszeit, während für das
Werden der Neuzeit mit Recht die noch immer nicht genug gewürdigte hohe, ja
einzigartige Bedeutung der Mystik hervorgehoben wird. Nicht ganz zustimmen kann
ich der Annahme, als habe die christliche Kunst rein dekorativ und mit absoluter
Uninteressiertheit am Gegenstand begonnen und als sei aus dieser sachlich un-
interessierten Dekorationskunst in einer Art zweiten Stadiums die Inhalts- und Be-
deutungskunst geworden, die sie dann bis zum Ausgang des Mittelalters geblieben
ist. Sicherlich ungeschichtlich ist ferner die Vorstellung der frühchristlichen Basilika
als einer » Versammlungsstätte der Gemeinde, die um die Opferstätte sich schart,
zu der sie ihre Gabe bringt, um sie in verwandelter Gestalt der Himmelsspeise
wieder entgegen zu nehmen- (7 f.); gewiß ist sie die Versammlungsstätte der Ge-
meinde, aber nicht der um die Opferstätte, das ist den Altar — den es in der Früh-
zeit gar nicht gab — sich scharenden, sondern der auf Wort und Predigt des von
der Kathedra aus sprechenden Bischofs lauschenden Gemeinde.

Eine Reihe von 35 Anmerkungen mit wertvollen Hinweisen und Erläuterungen
sind der gehaltvollen Rede angefügt.

Berlin. Georg Stuhlfauth.

Georg Lehnert, Geschichte des Kunstgewerbes. Sammlung Göschen,
Berlin und Leipzig, Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter
& Co. 1921-1926.

Dem bereits vor fünf Jahren erschienenen ersten Bändchen, das das Kunst-
gewerbe des Altertums behandelte und dem zweiten Bändchen, das dem frühen
Mittelalter und der romanischen Zeit gewidmet war, hat sich heuer das dritte Bänd-
chen angeschlossen, das der gotischen Zeit, hauptsächlich dein 14. und 15. Jahr-
hundert, gilt. Georg Lehnert gibt damit im allgemeinen einen Auszug aus der von
ihm bereits 1907 und 1903 herausgegebenen zweibändigen dickleibigen illustrierten
Geschichte des Kunstgewerbes (Berlin, Oldenbourg), ohne das damalige Material
nennenswert zu bereichern. Wie schon der Titel sagt, handelt es sich auch diesmal
fast ausschließlich um die Geschichte, zu der noch technische Erörterungen hinzu-
treten, während das ästhetische Moment weniger berücksichtigt wird. Es lag gewiß
ein Bedürfnis vor, für weite Kreise, namentlich des Handwerks, solche populäre,
wohlfeile Bändchen zu schaffen, da die große Ausgabe nur für den Fachmann be-
stimmt ist, den schlichten Leser jedoch verwirren oder ermüden mußte. Dennoch
fragt man sich, ob es nicht zweckmäßiger gewesen wäre, den ganzen Stoff anders,
z. B. nach den Materialen zu gruppieren und ästhetische Betrachtungen mit ent-
sprechender Nutzanwendung auf die Gegenwart viel stärker herauszuarbeiten. Es
soll gerne anerkannt werden, daß der Auszug aus dem genannten großen Werk
nach den Arbeiten von Pernice, Swarzenski und namentlich O. v. Falke alles Wesent-
liche in möglichst allgemeinverständlicher Sprache kurz zusammenfaßt.

Aber schon die technischen Erläuterungen lassen mitunter erkennen, daß Leh-
nert selbst nicht über alle Vorgänge genau orientiert ist. So darf man in alten
 
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