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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0228
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BESPRECHUNGEN.

215

B. Feststellung der Vergangenheit: a) Herkunft, b) Erhaltung, c) Ent-
stehung [aa) Ort, bb) Zeit].
2. Feststellung der Künstlernamen.
II. Sichtung der Denkmäler

1. nach Künstlern,

2. die zeitörtliche Sichtung.

Die Methode der »Kunde« ist durchaus historisch und beschreibend; sie hat
keine Werturteile abzugeben, sondern die Kunstwerke in möglichster Vollständigkeit
zu sammeln. Aber über der Kunde erhebt sich als neuer Forschungszweig die
»Wesenswissenschaft«. Zwischen die Geschichte engeren Sinns (zeitörtliche
Anordnung der Denkmäler) und die Geschichte im weiteren Sinn (die eigentliche,
kausale Entwicklungsgeschichte) schiebt sich die Auseinandersetzung mit den künst-
lerischen Werten ein. Deren objektive Feststellung ist aber möglich, wenn an die
Stelle des Instinkts, des Einfalls des Beschauers, eine strenge und kontrollierbare
Methodik tritt. Diese ist gegeben durch planmäßige Betrachtung und Vergleich. Die
Betrachtung bedeutet eine geistige Sezierung des Kunstwerkes, eine Auseinander-
legung der Werte, welche im Kunstwerk zu einer Einheit verschmolzen sind. Dabei
sind persönliche Bewertungen: schön, häßlich, gut, schlimm ausgeschlossen. Das
Verfahren der Wesenswissenschaft ist nicht mehr das historische, sondern der plan-
mäßige Vergleich, der eben das Wesen erschließt. Die Wesenswissenschaft ist die
Kunstwissenschaft im engeren Sinn. Während der Vergleich der »Kunde« die Kunst-
werke nach äußeren (stilistischen oder handwerklichen) Merkmalen zeitörtlich be-
stimmt, vergleicht die Wesensforschung die im Kunstwerk liegenden Werte. Ihr
Schema ist das folgende:

Handwerk
1. Rohstoff und

Geistige Werke
Welt



Werk

Bedeutung

Erscheinung

stier

Sachliche
Gebundenheit

2. Gegenstand

3. Gestalt

Kün

Persönliche
Freiheit

5. Inhalt

4. Form

Die Wesenswissenschaft hat also nach folgenden Wertmomenten vorzugehen.
I. Handwerk: A. Rohstoff (Fragen: ist der Rohstoff hemmend oder fördernd für
den künstlerischen Wert? Materialechtheit?) und B. Werk (Werkstatt, Schule, Dilet-
tantismus und Virtuosentum). — Geistige Werte. In den geistigen Werten — in
diesen Ausführungen liegt das Hauptverdienst Strzygowskis — ist streng zu unter-
scheiden zwischen sachlicher Gebundenheit und persönlicher Freiheit. Der Künstler
ist einerseits gebunden durch den Willen des Bestellers, durch die Anschauungen
seiner Zeit usf., anderseits durch die Notwendigkeit, seine Intention sinnlich darzu-
stellen. Er ist frei darin, wie er persönlich sein Werk gestaltet. So muß nicht nur
wie früher zwischen »Inhalt« und »Fornu des Kunstwerks, sondern zwischen Form
und Gestalt, Inhalt und Gegenstand unterschieden werden. Die moderne, formale
Einstellung der Kunstwissenschaft vergißt die inhaltlichen Werte ganz und gar.

Im einzelnen ist 2. der »Gegenstand« die vom Besteller geforderte Leistung,
meist durch den Namen des Kunstwerkes bezeichnet, sei diese nun eine bildliche
Wiedergabe, in der Malerei und Plastik, sei sie ein zu bestimmtem Zweck dienen-
 
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