Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0238
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BESPRECHUNGEN.

225

sieht Gurlitt (nach einer Besprechung des Werkes in »Baukunst« I [1925], 1. S. 19.
München, Hermann Sörgel) am modernen Expressionismus, dessen Heraufkommen
die Selbstdarstellung nichtmehr umfaßt, besonders deutlich die Auswüchse und
seine Vergänglichkeit. Warum nur? Vielleicht, weil bei Gurlitt die Kunst eine Sache
ist, die er mit den Sinnen aufnehmen will (S. 11). Er bekennt aber selbst: »wer
seine Zeit miterlebt, wird sich ständig verbessern müssen.« Vielleicht gibt es auch
hierfür Grenzen der Möglichkeit, eine Art Generationswechsel. Gurlitt möchte selbst
die Entdeckung des Bildhauers Christian Behrens »jungen, expressionistisch gerich-
teten Kunstgeschichtlern« (S. 16) empfehlen.

Die Fühlung mit der modernen Zeit lebendig zu erhalten, bis zu den Anliegen
der eigenen Gegenwart (S. 150) bezeichnet auch Schmarsow als ein Ziel seines
Strebens. Darüber aber steht ihm die Arbeit des schöpferischen Forschers (S. 144)
und die Tätigkeit als akademischer Lehrer (S. 143). »Einem akademischen Lehrer ge-
schieht immer Unrecht, wenn er nur nach seinen gedruckten Schriften und nicht nach
seiner Lehrtätigkeit beurteilt wird ...« Als seinen eigenen, eigentlichen und fast ein-
zigen persönlichen Lehrer bezeichnet Schmarsow Carl Justi; die tiefste Wirkung auf
die wissenschaftliche Organisation seines geistigen Lebens schreibt er dem Philoso-
phen Ernst Laas zu (S. 136). Vielleicht darf man das Anthropologisch-Sensualistische
in Schmarsows Ästhetik irgendwie mit der Berührung mit dem Positivismus in Zu-
sammenhang bringen. Was als Absicht späterer Abhandlungen (Kunstwissenschaft
und Völkerpsychologie; Kunstwissenschaft und Kulturphilosophie mit gemeinsamen
Grundbegriffen) erklärt wird: Die ursprüngliche Anlage des Menschen zu schöpfe-
rischer Ausdrucksgestaltung in den Mittelpunkt zu stellen (S. 195) ist geläuterte Er-
kenntnis und mag begrifflich verwandt erscheinen mit Lehren von Benedetto Croce
und von Martin Deutinger. Anerkannt ist Schmarsows Deutung der Architektur, die
ihm »im Ringen mit Gottfried Sempers unvollendet gebliebenem Werk über den Stil
aufgegangen war« (S. 141). Eine Gelegenheitsschrift, »die Kunstgeschichte an unsern
Hochschulen« (1892), ist in ihren Grundgedanken überzeitlich: »Kunstwissenschaft
habe sich immer . . . um die künstlerischen Gesichtspunkte zu kümmern, auch bei
der Geschichte der bildenden Künste stets das Wesen der einzelnen klar im Auge
zu behalten und gerade ihre Unterschiede auf der einen, ihre Gemeinschaft oder
ihre Vermischung auf der andern Seite zu beobachten, um nach solchen Erkennt-
nissen die verschiedenen Perioden zu kennzeichnen.« Dazu gehört, eine wohl be-
gründete Beifügung, eine ästhetische Erziehung und eine philosophische Schulung
(S. 144 f.). An die großen Werke des schöpferischen Forschers muß nicht erinnert
werden. Daran sei noch erinnert: Schmarsow war unter denen, die die Notwendigkeit
eines kunsthistorischen Instituts in Florenz vertraten. Er hielt dort Vorlesungen und
Übungen vor der Gründung (S. 144). Noch eines. Schmarsow nimmt die Gelegen-
heit wahr, die >• Marmorgruppe der Kaiserkrönung« im Museo Nazionale zu Florenz
noch heute Luca della Robbia zuzuschreiben und zwar auf Grund »genauer Kennt-
nis der gesamten dazwischenliegenden . . . deutschen und italienischen, auch franzö-
sischen Entwicklungsstadien. (S. 143). In L. Dusslers Monographie über Benedetto
da Majano (München [1923]) wird das Werk aus formalen, besonders aus archiva-
lischen Gründen Benedetto da Majano zugesprochen (S. 60 ff. mit u—a), eine Zu-
schreibung, die Supino als erster vorgenommen hatte.

Das Problem der Methode tritt am stärksten, wie zu erwarten, bei der Wiener
Schule hervor. Schlosser sieht in dem, was er über sich schreibt, einen »Kommentar«
zu seinem individuellen Leben, in dem »die innere Entwicklung eines .Kunsthisto-
rikers' im Übergang aus dem letzten Viertel des .positivistisch-naturalistischen' und
■ impressionistischen' 19. Jahrhunderts in das .neuidealistische', .expressionistische'

Zcitschr. f. Ästhetik u. allg Kunstwissenschaft. XXII 15
 
Annotationen