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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0241
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228

BESPRECHUNGEN.

unmittelbar nach Abschluß der Arbeit, die er lange in sich getragen hatte, erschien
ihm »die überwiegend negative Formulierung einseitig«. Er dachte schon an «die not-
wendige positive Ergänzung«. Auf einer Reise im Frühherbst 1913 sprach er davon
zu Dvorak, der sich aber »der ausdrücklichen Setzung einer geistesgeschichtlichen
Fragestellung« gegenüber damals noch skeptischer verhielt (S. 183 f.). Auf Verwandtes
läßt sich bei Neumann hinweisen (für einzelnes z. B. S. 46, 60 f., 71 mit Hinweis
auf F. X. Kraus).

Das Problem der Methode wuchs sich für Strzygowski aus zur Aufgabe einer
die Zukunft der Kunstwissenschaft sicherstellenden durchgreifenden inneren, am Ende
auch äußeren Organisation (S. 178) der Forschung über bildende Kunst (S. 159).
»Wie die Lage des Faches heute ist, mühen wir uns alle zusammen ganz vergeblich
ab, auf dem Laufenden zu bleiben.« Im Sinne einer solchen inneren Organisation
fordert Strzygowski in erster Linie, den Teil der Forschung über bildende Kunst,
der auf der geschichtlichen Erfahrung aufbaut, zunächst streng im Rahmen dieser
Art von Tatsachen zu halten. Das ist Kunstgeschichte. Die Ästhetik und allgemeine
Kunstwissenschaft gehören einer ganz andern Gruppe an. Strzygowski unterscheidet
zwischen Sachforschung und Beschauerforschung. Innerhalb der Sachforschung wer-
den ausschließlich Sachen beobachtet. Innerhalb der Beschauerforschung handelt es
sich um Verknüpfung der beobachteten Tatsachen durch eine Auffassung, eine An-
nahme, eine Oeschichtsphilosophie u. a. Und um den Beschauer selbst. Dieser soll
vor allem sich selbst beobachten, um an sich selbst und an andern Beschauertat-
sachen feststellen zu lernen und so zu erkennen, was er selbst ist und was die Sache,
an der sein Urteil nichts zu ändern vermag, selbst ist. Die Sachforschung wie die
Beschauerforschung gliedern sich in Kunde, Wesen, Entwicklung. Für die Sachfor-
schung stellt Strzygowski im Rahmen der Selbstdarstellung einen reichgegliederten
Plan auf. Dazu kommen noch die Ausführungen über das Verfahren und die Tat-
sachen: für die Sachforschung wie für die Beschauerforschung. Es ist das eine ge-
drängte Übersicht über das, was Strzygowski zuletzt in dem Buche »die Krisis der
Geisteswissenschaften« behandelt hat. Der Besprechung des Buches von zuständiger
Seite muß die Stellungnahme vorbehalten bleiben.

Von den Aufgaben der »angewandten Kunstwissenschaft« (S. 214), von der
Museumstätigkeit spricht neben Schlosser und Tietze Woermann, von den Methoden
der Erhaltung und der Wiederherstellung alter Ölgemälde, vom Hängen der Bilder,
von Neuerwerbungen und vom Kunstmarkt, von Katalogen, von dem Wert einer
Kommission, vom Umtaufen, von der Beurteilung des künstlerischen Wertes eines
Werkes und vom Zeitgeschmack. »Ich kam zu dem Ergebnis, daß die Kunstgeschichte
selbst uns Aufschluß geben müßte< (S. 220). Freilich nicht die subjektive, sondern
die sachliche. Von der Aufgabe der Museen im neuen Sinn — Woermann schaut
auf seine Tätigkeit in Dresden zurück — sagt Tietze: »Die ganze Volksgemeinschaft,
der diese Anstalten so gut wie irgendwelche andere Einrichtungen zu dienen be-
rufen sind, zum staunenden Erleben anzuleiten, ist die wahrhafte Museumsaufgabe;
sie hat zur Voraussetzung, daß die Gegenstände, die aus dem Strom der Jahrhun-
derte hieher gerettet sind, dargestellt werden ... als Denkmale der geistigen Ent-
wicklung der Menschheit, als der kostbare Niederschlag ihrer edelsten Begabung,
die ihre besten Söhne in genialer Vereinsamung zur Reife brachten!« Die wirkliche
Erfüllung dieser Aufgabe ist durch eine weitere Voraussetzung bedingt, die ganz
außerhalb des Bereiches der Museen liegt. Es ist dies ein anderes Verhältnis der
ganzen Volksgemeinschaft zur bildenden Kunst als das tatsächlich bestehende.
Tietzes Wertung der Kunst ist außerdem doch nicht frei von romantischen Elementen.

Für das Recht und die Pflicht »einer politisch-pädagogischen Betätigung im
 
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