Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0353
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
340

BESPRECHUNGEN.

in der sich der Weltbegriff einer Kulturperiode künstlerisch ausspricht, ist als die
Allgemeinform der zugehörigen Kunstwerke das, was wir Stil nennen«.

»Wenn der Bezug des schöpferischen Kunstformens zu der in ihm erzeugten
Form, der Konstitution und dem Sinne nach, als dasselbe gesetzt werden kann wie
der im Weltbegriff gedachte Bezug des unendlichen Grundes der Welt zu ihrem
Dasein,« ist für den Verfasser die Möglichkeit gegeben, »daß künstlerisches Schaffen
allgemein am Weltbegriff den sachlich konstitutiven Ursprungsbegriff hat.«

Zwei Aufgaben, eine allgemeine und eine besondere, erwachsen der »genetischen
Methode« aus dem geschilderten Verhältnis von »Weltbegriff« und Kunstwerk.

1. Die Konstitution des »Weltbegriffsc in verschiedenen Kulturepochen ist auf-
zudecken, und ihr muß sich die allgemeine Formkonstitution der Kunstwerke dieser
Epochen als äquivalenter sinnlich räumlicher Ausdruck zuordnen lassen.

2. »In der Stilgesetzlichkeit und ihrer Veränderung muß sich die geschichtliche
Veränderung des Weltbegriffs ausprägen.«

Zur näheren Orientierung über das Buch Coellens sei hier die »Lösung« der
ersten Aufgabe geschildert.

Eine strenge Definition des »Weltbegriffs« fehlt der Arbeit. Als »der Identitäts-
bezug des unendlichen Grundes zu dessen existenzieller Entfaltung« wird er einmal
umschrieben. Die allem Kulturgeschehen und damit auch der »künstlerischen For-
mung« zugrunde liegenden Veränderungen des Weltbegriffs sieht Coellen durch
»eine immanent logische Bewegung seiner konstitutiven Momente« hervorgerufen.

Der »Weltbegriff«, das »unendliche Leben«, der »unendliche Grund«, verwirk-
licht sich. »In der Erlebnisbindung an das einzelne Ich entfaltet sich das unendliche
Leben selber zum Reich der Kulturgestalten.« Das menschliche Ichbewußtsein ist
das Organ dieser »Selbstoffenbarung des unendlichen Lebens«.

In zwei großen (»immanent logischen«) Bewegungsphasen vollzieht sich nach
Ansicht des Verfassers die Selbstoffenbarung des unendlichen Lebens.

Es »entäußert sich« zur Materie mit einem Akt der Selbstzerstreuung in die
»materielle Natur« (I. Phase). In der II. Phase wird dieser Selbstzerstreuung ein
Akt der Selbstkonzentration entgegengesetzt: »Das unendliche Leben nimmt nun
diese seine Selbstentäußerung wieder in sich hinein«, es zwingt die Materie unter
das Individualprinzip und zur Organismenform. Im Menschen gründet es seine Selbst-
offenbarung auf die Selbstheit des subjektiven Ich. In der Kulturgestaltung voll-
endet es seine Selbstoffenbarung: »Die Selbstoffenbarung des Lebens wächst über
die subjektive Selbstheit hinaus zur Verwirklichung der Identität seiner selber als
des Grundes und seiner Selbstentäußerung; die Selbstentäußerung wird offenbar
in bezug auf ihren Ursprung.«

Aus dieser sogenannten »immanent logischen Bewegung der Selbstoffenbarung«
sollen drei Typen des Weltbegriffs folgen, »deren Verwirklichung die genetische
Abfolge dreier Epochen der Kultur bedingt«. Die erste derselben ist charakterisiert
durch einfache Identität der Selbstheit (des Grundes) und der Lebensentäußerung
(des Daseins der Welt). Sie schafft einen objektiven oder naturgebundenen Welt-
begritf. Dänionismus und Polytheismus zeigen den Weltbegriff auf dieser Stufe der
Verwirklichung. Der zweite Typus des Weltbegriffs soll durch die »Entgegensetzung
oder Besonderung der Selbstheit und der Lebensentäußerung innerhalb ihrer Iden-
tität« entstehen. Ihm entspringt die Kulturepoche mit transzendentem Weltbegriff
(Christentum).

Der dritte Typus des Weltbegriffs wird durch »das Aufheben dieser Besonde-
rung« (des zweiten Typus) »zur reflektierten oder erfüllten Identität« erzeugt. Nach
den Worten Coellens »vermag das Leben die Selbstentäußerung zu reflektieren in
 
Annotationen