ÜBER DEN SINN DER MUSIK
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diese nur solche auf jene Formkomponenten bezügliche sein. Die Fülle ist
in dieser Hinsicht die Idee.
Die Idee — so sagt man — ist eine Melodie, ein Thema, ein Motiv.
Sie erscheint als bestimmte Idee eines einzelnen Kunstwerks in den klin-
genden Gestalten. Mehr noch: sie präsentiert sich darin. Die Töne sind
die sinnliche Erscheinung, das Thema, die Melodie, das Motiv die Idee.
Diese ist eine sinnlich anschauliche Gegebenheit, von der drei Varianten
möglich sind. Die eine ist eine formale. Die andere verbindet mit Forma-
lem Gehaltliches so eng, die Fülle durchdringt das Formliche derart, daß
Form und Gehalt, Form und Fülle untrennbar sind. Sie ist eine formal-
gehaltliche. Die letzte hält Form und Gehalt in losem Beieinander zusam-
men. Die formal-gehaltliche Variante hat wegen des unaufhebbaren Bezugs
stets Individualität. Die letzte Spielart der Gegebenheit zeichnet sich nicht
in dieser Weise aus. Wie die Form den Gehalt, so kann der Gehalt auch
die Form wechseln. Themen, Melodien, Motive haben als rein Formales
nicht die Möglichkeit, Ideen von Gestalten zu sein. Sie sind nur Form-
komponenten. Formal-gehaltliche Themen usw. sind, ebenso wie die
gehaltvollen Gebilde, genau genommen keine sinnlichen Gegebenheiten in
des Wortes räumlicher Bedeutung. Sie sind klingende Gebilde. Die Gegen-
überstellung von Tönen und Themen ist überflüssig und unrichtig.
Themen, Motive, Melodien sind in ihrer Objektivität formale Gebilde. Ihr
spezifisches Sosein nimmt die Möglichkeit, sie Ideen zu nennen, selbst
wenn Formales und Gehaltliches sich eng verknüpfen sollten. Eine Idee
präsentiert sich nicht.
Die sinnlich-anschauliche Idee ist ein Widerspruch in sich selbst. Es
dürfte sachlich ohne weiteres gerechtfertigt sein, die sinnlich-anschauliche
Gegebenheit nicht als Idee gelten zu lassen. Die Willkür im Sprach-
gebrauch zwingt nicht zur Nachgiebigkeit. Themen, Motive, Melodien
sind keinesfalls sinnlich Anschauliches. Sie sind klingende Gebilde, Gestalt,
„Form" von etwas. Sie werden freilich vollständig zur Erscheinung ge-
bracht, dargestellt, repräsentiert. Darstellen heißt einem bestimmten Etwas
eine klar anschauliche Form geben. Melodien, Themen, Formen sind nicht
das Etwas. Sie stehen unter geistigem Gebot. Der Umstand, daß sie
darunter stehen, hebt sie in die Sphäre des Geistes. So wird die sinnlich-
anschauliche Idee von der nicht sinnlich-anschaulichen Idee ausgelöscht.
Sie ist konkret und in ihrer Ganzheit und Fülle im Geiste. Die anschau-
liche Idee ist ganz in ihm. Eine „Melodie", ein „Thema", ein „Motiv", von
Fülle durchtränkt, verstanden als konkrete Fassungen im Geiste: was sind
sie in Anbetracht ihrer Verbundenheit mit ihm und in Erwägung ihres
Ursprungs aus ihm Anderes als konkrete nichtsinnlich-anschauliche Ideen!
Und eine Idee von dieser Art und Beschaffenheit ist „Inhalt" künstleri-
scher Verkörperung. Sie liegt dem Bewußtsein gänzlich offen. — Ist die
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diese nur solche auf jene Formkomponenten bezügliche sein. Die Fülle ist
in dieser Hinsicht die Idee.
Die Idee — so sagt man — ist eine Melodie, ein Thema, ein Motiv.
Sie erscheint als bestimmte Idee eines einzelnen Kunstwerks in den klin-
genden Gestalten. Mehr noch: sie präsentiert sich darin. Die Töne sind
die sinnliche Erscheinung, das Thema, die Melodie, das Motiv die Idee.
Diese ist eine sinnlich anschauliche Gegebenheit, von der drei Varianten
möglich sind. Die eine ist eine formale. Die andere verbindet mit Forma-
lem Gehaltliches so eng, die Fülle durchdringt das Formliche derart, daß
Form und Gehalt, Form und Fülle untrennbar sind. Sie ist eine formal-
gehaltliche. Die letzte hält Form und Gehalt in losem Beieinander zusam-
men. Die formal-gehaltliche Variante hat wegen des unaufhebbaren Bezugs
stets Individualität. Die letzte Spielart der Gegebenheit zeichnet sich nicht
in dieser Weise aus. Wie die Form den Gehalt, so kann der Gehalt auch
die Form wechseln. Themen, Melodien, Motive haben als rein Formales
nicht die Möglichkeit, Ideen von Gestalten zu sein. Sie sind nur Form-
komponenten. Formal-gehaltliche Themen usw. sind, ebenso wie die
gehaltvollen Gebilde, genau genommen keine sinnlichen Gegebenheiten in
des Wortes räumlicher Bedeutung. Sie sind klingende Gebilde. Die Gegen-
überstellung von Tönen und Themen ist überflüssig und unrichtig.
Themen, Motive, Melodien sind in ihrer Objektivität formale Gebilde. Ihr
spezifisches Sosein nimmt die Möglichkeit, sie Ideen zu nennen, selbst
wenn Formales und Gehaltliches sich eng verknüpfen sollten. Eine Idee
präsentiert sich nicht.
Die sinnlich-anschauliche Idee ist ein Widerspruch in sich selbst. Es
dürfte sachlich ohne weiteres gerechtfertigt sein, die sinnlich-anschauliche
Gegebenheit nicht als Idee gelten zu lassen. Die Willkür im Sprach-
gebrauch zwingt nicht zur Nachgiebigkeit. Themen, Motive, Melodien
sind keinesfalls sinnlich Anschauliches. Sie sind klingende Gebilde, Gestalt,
„Form" von etwas. Sie werden freilich vollständig zur Erscheinung ge-
bracht, dargestellt, repräsentiert. Darstellen heißt einem bestimmten Etwas
eine klar anschauliche Form geben. Melodien, Themen, Formen sind nicht
das Etwas. Sie stehen unter geistigem Gebot. Der Umstand, daß sie
darunter stehen, hebt sie in die Sphäre des Geistes. So wird die sinnlich-
anschauliche Idee von der nicht sinnlich-anschaulichen Idee ausgelöscht.
Sie ist konkret und in ihrer Ganzheit und Fülle im Geiste. Die anschau-
liche Idee ist ganz in ihm. Eine „Melodie", ein „Thema", ein „Motiv", von
Fülle durchtränkt, verstanden als konkrete Fassungen im Geiste: was sind
sie in Anbetracht ihrer Verbundenheit mit ihm und in Erwägung ihres
Ursprungs aus ihm Anderes als konkrete nichtsinnlich-anschauliche Ideen!
Und eine Idee von dieser Art und Beschaffenheit ist „Inhalt" künstleri-
scher Verkörperung. Sie liegt dem Bewußtsein gänzlich offen. — Ist die