Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 35.1941

DOI Artikel:
Wilhelm, Wolfgang: Untersuchung über das Filmerleben, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14214#0138
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
124

WOLFGANG WILHELM

kernde Feuer herum die Gebärdensprache mit Bogen und Speer, sowie
die angespannte Mimik des Spähenden als zweckfreies Spiel oder eksta-
tischen Rundtanz. Der abendländische Zivilisationsmensch dagegen ist
einer Spaltung von Tätigkeit und Ausdruck ausgeliefert, die zu jener von'
K1 a g e s in seinem „Widersacher"-Werk genugsam und ausführlich dar-
gelegten Lebensentfremdung zu werden droht. Die Bedeutung des Films
wird hier unmittelbar deutlich. Von keiner Tätigkeit angespannt, sieht
der Zuschauer abends die gereinigte Ausdruckssprache, deren der Mensch
überhaupt fähig sein kann, auf der Filmleinwand. Er wiederholt nicht
wie der Primitive die Bewegungen des Tages als spielerischen Ausdruck,
sondern sieht sie, von jeglicher Realität abgesetzt, im Zustand völliger
Ruhe als dargestelltes Schicksal vor sich. Die eigentliche Erlebnisbedeu-
tung des Films kann sich somit, wie wir zu zeigen versuchten, erst
enthüllen, wenn sein zeitbedingtes Erscheinungsbild aus dem ursprüng-
lichen, durch die Jahrhunderte wirksamen, oft zwar unterdrückten, aber
immer wieder hervortretenden Gestaltungsdrang des ausdrucksbedürftigen,
mimischen Menschen erfaßt wird.

(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen