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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Cremer, Franz Gerhard: Ein Rückblick auf die "moderne Kunst", [4]: in der internationalen Kunstausstellung zu Düsseldorf 1904
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0059

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93

1905.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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roat, die Übereinstimmung eine vielseitigere
und deutlichere geblieben ist, liegt ja nahe,
deshalb beachte man vor allem, den in seinen
hundert Perlen, hundert Anrufungen und Lob-
preisungen Gottes enthaltenden, mohammedani-
schen Rosenkranz;56) dann auch die „Tausend-
Namen-Gebete" in der indischen Tantra-Lite-

56) »Fundgruben des Orients.» von Jos. v. Ham-
mer. (Wien, 1814.) Ȇber die Talismanen der
Moslimen,« Bd. IV, Heft 2, S. 162.

ratur,57) die allen denen zur Lesung und zu
rechter Beherzigung empfohlen seien, die erst
durch die Ungläubigen und Ungetauften die
Segnungen des Glaubens und das Glück der im
Wasser durch Christus Wiedergeborenen und
Erretteten erfahren müssen! (Schluß folgt.)
Düsseldorf. Franz Gerh. Cremer.

&1) »Akademische Vorlesungen über Indische Li-
teraturgeschichte« ; von Dr. Albrecht Weber.
(Berlin, 1852.) »Die religiöse Lyrik«. S. 193.

Bücherschau.

Konkurrenzen für eine einfache Pfarr-
kirche, ein Reliquiar und für ein hei-
liges Grab. Text von Univ.-Prof. Dr. Th. Hein-
rich Swoboda. (Mit kirchlicher Druckerlaubnis.)
Verlag von Martin Gerlach & Co, Wien.
(Preis 12.50 Mk.)
., Im Vertrauen auf guten Erfolg" hat man es
für angezeigt erachtet, das Ergebnis einer neuzeit-
lichen Konkurrenz der Öffentlichkeit zu übergeben,
hoffend, daß „unsere künstlerisch rege Zeit den hier
vorgelegten Entwürfen keine laue Aufnahme, sondern
Zustimmung oder Widerspruch bereiten werde". Erstere
wird nur vereinzelt erfolgen können, letzterer über-
wiegend hervorgerufen. Wenn an der Spitze des
ungewöhnlich breit angelegten Textes der gewiß
wahre Satz verzeichnet steht: „Kirchliche Baukunst
ist eben der höchste Ausdruck monumentaler Kunst",
und einige Seiten weiter erklärt wird: „nicht das
Schlagwort Stilreinheit, sondern die Forderung nach
Stilfreiheit ist katholisch begründet: ex praxi ec-
clesiae', so zeigt der Verlauf der Konkurrenz nur
zu deutlich, wie schwer es ist, beide Behauptungen
in Einklang zu bringen. „In der Beschränkung zeigt
sich erst der Meister — Und das Gesetz nur kann
uns Freiheit geben." Dieses Goethesche Wort gilt
für die einfachen, wie für die großen Aufgaben, die
der modernen Kunst auf den mannigfachen Gebieten
erwachsen, auch auf dem kirchlichen. Hier kann und
darf sie nicht wie in dem Bereiche des Profanen frei-
schalten, ohne weiteres mit allem Überkommenen
brechen und die künstlerischen Errungenschaften fast
zweier Jahrtausende als „historische Stile" für ab-
getan erklären, sie wird vielmehr nur auf Grundlage
bewährter Vorbilder imstande sein, weiter und Neues
zu schaffen, was künstlerisch wie liturgisch in gleichem
Maße befriedigt.

Dies zeigen die durch Grundrißanordnung wie
Aufbau bemerkenswerten Arbeiten von Zaasche, Gep-
pert und Meyer, besonders diejenigen von Ferstel's.
Alle legen Gewicht auf eine schlichte und doch reiz-
volle äußere Erscheinung des Gotteshauses, auf eine
übersichtliche, würdige im Innern. Völlig gegensätzlich
schaffen Deininger, Bartl, Plecnik, Dorfmeister, in
gesuchter Gestaltung der Grundrisse, die mitunter an
Theater und Hörsäle erinnert, in einer Außenarchi-
tektur voll absurder Einzelheiten und unschöner
Verhältnisse, die besonders der Arbeit L. Bauer's

eigen sind, welche völlig reizlos im Innern einer
Turnhalle ähnelt, in der Turmentwicklung der.
Form eines ausgezogenen Fernrohres. Wenn künst-
lerischer Wert im Verein mit liturgischen Erforder-
nissen in erster Linie maßgebend waren, dann ist
nicht zu verstehen, wie man solche künstlerische Ir-
rung mit dem ersten Preise bedenken konnte.

Die Wettbewerb-Entwürfe für ein Reliquiar, das
zur Anfnahme des Craniums Papst Urban's I. dienen
soll, haben insofern Interesse, als bei der Aus-
schreibung auf die historische Büstenform hingewiesen
wurde, welche für diese Reliquie nach dem alten
Heiltumbuch von St. Stephan in Wien bestand, ohne
jedoch der künstlerischen Freiheit und Erfindung
enge Grenzen zu ziehen. Über die gemeinsame Arbeit
von Otto Wytrlik und Franz Zelezny kann man dahin-
gehend ein günstiges Urteil fällen.

Nicht ist das der Fall bei der Mehrzahl der Ent-
würfe, welche das Ergebnis eines engeren Wett-
bewerbes um „das heilige Grab* bilden. Die Dar-
stellung des letzteren in Verbindung zu bringen mit

I der Verehrung des Altarssakramentes ist schon eine
sehr gewagte Aufgabe; wenn man aber angesichts
der Leistungen des beteiligten Architekten ihre Be-
urteilung in die Worte zusammenfaßt: das ist eine
würdige und praktische Art, das Sanktissimum zur
Exposition zu bringen, hierbei aber auch das „zweite
Zentrum", die bildliche Darstellung des heiligen Leich-
nams, zur Geltung kommen zu lassen —, so kann
man sich des Gefühls nicht erwehren, daß die christ-
liche Kunst hier eine abschüssige Bahn betreten hat.
Mit Ausnahme von Weber und Geppert, die nach
Auffassung und Stil dem Orte immerhin noch eine
feierliche Ruhe belassen, zielen die anderen Künstler,
namentlich Plecnik, lediglich auf Effekthascherei ab,
in der Absonderlichkeit der Einzelformen, der Ver-
wendung zahlreicher farbiger Materialien und ge-
suchter Beleuchtungmittel, sowie vor allem in einem
theatralisch aufwandvoll zugerichteten Gesamtaufbau,
dem das kirchliche Gepräge völlig abgeht.

Welch ein Unterschied zwischen diesen, rein
äußerlichen, von aufdringlichem Strebertum durch-
drungenen Werken und jenen ergreifenden Schöp-
fungen der Alten, die gerade in die Darstellung des
zu Grabe getragenen Erlösers und seiner Umgebung
den höchsten Ausdruck ihrer Künstlerschaft selbstlos

I hineinlegten, durch die Tiefe der Auffassung, durch
 
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