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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Braun, Joseph: Filetarbeiten im Kgl. Bayerischen Nationalmuseum zu München
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0127

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221

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 7.

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Blumenblätter in verschiedenen Füllstichen
hergestellt und zuletzt Blumen und Blätter
mittelst fortlaufenden Stopfstichen kräftig um-
bordet, sowie mit Adern und Schatten ver-
sehen. Als Füllstiche sind gebraucht der
Schlingenstich, die Spinne, Würfel, der Gitter-
stich, Diagonalen,1) teils allein, teils in Ver-
bindung miteinander.

Aus dem Mittelalter haben sich unseres
Wissens keine Filetarbeiten, die als Vorbild
dienen könnten, erhalten. Es mag selbst zweifel-
haft sein, ob diese Technik weit über das
XV. Jahrhundert hinaufreicht. Infolgedessen
tragen die Muster, welche sich auf älteren

Filetspitzen finden, regelmäßig das Gepräge
der Renaissance und deren späteren Abarten,
im XVIII. und XIX. Jahrhundert auch ein,
freilich für Maschenstickereien ganz ungeeig-
netes, naturalistisches Gepräge an sich. Es hindert
aber nichts, zu Filetspitzen und Fileteinsätzen
auch Motive in gotischer und romanischer
Formsprache zu verwenden, nur muß der Netz-
grund in diesem Fall durchaus engmaschig
sein, eine Eigenschaft, die er freilich, wie schon
vorhin gesagt wurde, stets haben sollte.

Luxemburg. Jos. Braun S. J.

*) Vgl. meine Schrift: »Winke für die Anfertigung
und Verzierung der Paramente« S. 98 ff.

Bücherschau.

Kupferstich und Holzsch n i tt in vier Jahr-
hunderten von Paul Kristeller. Mit 259
Abbildungen. 8". Cassirer, Berlin 1905. (Preis
geb. 30 Mk.)
Wir haben bislang in deutscher Sprache keinen
ernstzunehmenden Vorläufer dieses Buches. Wessely
kommt nicht in Frage, da zu seiner Zeit die nötigen
Vorarbeiten nicht so weit gediehen waren, um eine
wirklich wertvolle Geschichte der graphischen Künste
zu ermöglichen. Er selbst war auch vielleicht einer
solchen als Kritiker und als Historiker kaum ge-
wachsen. Was an wirklich guten Büchern vorliegt,
beschränkt sich aber entweder auf eine der beiden
graphischen Techniken oder auf ein einziges Land,
endlich auch auf einen bestimmten Zeitabschnitt,
danach füllt dieses Buch unleugbar eine bestehende
Sticke aus, und jede Besprechung muß von vornherein
betonen, daß den Hoffnungen, die die Fachgenossen
aüf eine glückliche Abrundung der langen, gewissen-
haften Untersuchungen des Verfassers setzten, in
weitem Maße Rechnung getragen worden ist.

Das Werk setzt sich in seiner ganzen Anlage über
die gegenwärtigen Zeitströmungen hinweg, und ich
kann mir nicht anders denken, als daß es darunter
ln seinem äußerlichen Erfolg zu leiden haben wird,
^s wendet sich an den gebildeten Laien, ist dabei
aber von einer derartigen Ausführlichkeit, wie sie der
gebildete Laie von heute nicht mehr bewältigen kann.
n der Tat mag man die Frage aufwerfen, ob dem
Laien damit gedient ist, nachdem Cuijp, Potter, Dujar-
din und van de Velde knapp als Tierdarsteller behan-
delt worden sind, ihm nun auch noch die baren Namen
und Lebensdaten von Stoop, Bleeker, Hondius, Hecke,
Fyt, Le Ducq und Laer — nur den beiden letzteren
WIrd ein einziges erklärendes Wort beigegeben —
aufzuzählen. Dies ein Fall für viele. Dem Fachmann
'st selbstverständlich hinwiederum die Iedigliche Auf-
zählung zu wenig. So setzt sich das Werk gewisser-
maßen zwischen zwei Stühle.

In einem Fachblatt wie der »Zeitschrift f christl.
Kunst« ist eine Besprechung vom Standpunkt des
Fachmannes aus geboten, und er wird selbstverständ-

lich der Wissenschaft zu dienen suchen, indem er auf
Versehen aufmerksam macht. Wenn ich einiges aus-
zusetzen habe, so möchte ich vorher noch ausdrück-
lich betonen, daß ich durch meine Bemerkungen den
Wert des Werkes als Ganzes nicht anzugreifen be-
müht bin. Zuvor habe ich noch etwas mit Genug-
tuung festzulegen. Als der Verfasser meine vor zehn
Jahren erschienene populäre Geschichte des Kupfer-
stichs besprach, verhöhnte er die Einteilung in Jahr-
hunderte, die ich eingeführt hatte. Die beste Kritik
seiner damaligen Kritik ergibt der Umstand, daß er
diese Einteilung — heute-selber annimmt! Ich stellte
das XVI. Jahrh. (für den Tiefdruck!) unter das Zeichen
des Kupferstichs (Marcanton, Dürer, Leiden), das
XVII. Jahrh. unter das der Radierung (Callot, Hollar,
Rembrandt), das XVIII. Jahrh. endlich unter dasjenige
der verschiedenen Neuerfindungen auf technischem
Gebiet (v. Siegen, Leprince, Bijlaert, Le Blon etc.).
Der Verfasser motiviert höchst unglücklich seine Ein-
teilung damit, daß die Führung auf graphischem Ge-
biet vom XV. bis XVIII. Jahrh. nacheinander von
Deutschland, Italien, Niederlande und Frankreich über-
nommen wird. Er muß sofort selbst zugeben, daß
das für Italien und das XVI. Jahrh. „allerdings mehr
die italienische Kunst im allgemeinen als den Bild-
druck " betrifft. Rückschließend fragt man sich, warum
dieser Gesichtspunkt nicht auch für das XV. Jahrh.
gelten soll, und wie käme er dann dazu, Deutschland
gegenüber Italien die Führung einzuräumen!

Im allgemeinen überrascht und erfreut, wenn man
will, die Zurückhaltung des Verfassers. Es wird nicht
viel umgewertet, und er bringt nicht die von manchen
erwarteten umstürzenden Forschungsergebnisse. Daß
er den neuesten französischen Ansprüchen auf Priorität
kühl gegenüber bleibt, muß ebensosehr erfreuen, wie
man es beklagen wird, daß er die Resultate in der
ES — Ars moriendi-Frage wieder auf den Kopf stellt.
Es ist auf das lebhafteste zu bedauern, wenn die
mühselig erworbenen Tatsachen der ernsten Forschung
einfach leichter Hand verworfen werden. Hier, noch
dazu in einem populären Buch, wird nicht nur der
falsche Standpunkt dargestellt, sondern auch in einer
 
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