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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Kisa, Anton Carel: Die gravierten Metallschüsseln des XII. und XIII. Jahrhunderts, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0166

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1293

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

294

Die gravierten Metallschüsseln des XII. und XIII. Jahrhunderts.

(Mit 9 Abbildungen.)

in

II.

ler seien einige Stücke angereiht,
welche den vorigen ikonographisch
nahestehen, wenn auch die Ver-
zierungsart eine andere ist. Das
eine, sehr bekannt gewordene, befindet sich im
Schatze der Victorskirche zu Xanten.18) In
der Mitte thront in ganzer Figur eine gekrönte
Frau, bezeichnet sapie?itia, zwischen Petrus und
Paulus. Am Rande ringsum die sieben Gaben
des hl. Geistes, verkörpert durch Propheten,
gleichfalls thronend, in ganzer Figur, jedoch
nur halb so groß, wie
die mittlere. Jede Fi-
gur ist durch kreis-
förmige Umschrift
niedaillonartig abge-
schlossen und durch
kurze Säulen mit um-
wickelten Tüchern von
den nächsten getrennt.
Darüber Tiere ver-
schiedener Art. Am
Rande ein kurzer
Schnabelausguß, der
auf eine Verwendung
fürFlüssigkeiten deutet.
Mitte des XII. Jahrh.
Als eine Arbeit
derselben Werkstätte
muß man die bei Buer,
Kreis Recklinghausen, gefundene, vom Alter-
tumsvereine zu Münster verwahrte Schüssel
betrachten, die auch in der Disposition der
Zeichnung mit der Xantener große Ähnlich-
keit hat.19) In der Mitte thront die Philosophia
zwischen Sokrates und Plato. Ihr zu Häupten
sind nebeneinander drei kleine Brustbilder,
Ethica, Physica und Logica angebracht. Den
Rand schmücken, gleichfalls in ganzen Figuren,
Darstellungen von sechs weisen Männern des
Altertums mit beigeschriebenen Namen, neben
welchen kleine bartlose Gestalten, Personifika-

18) Aldenkirchen im »Bonner Jahrb.« 75,
(.1883) S. 54f., Tafel III—V. — F. X. Kraus,
»Christi. Inschr. d. Rheinl.« II.

19) A. Wo rm st all in der »Zeitschr. für christl.
Kunst« X, S. 239 f.

tionen der von ihnen vertretenen Wissen-
schaften stehen. In den Zwickeln Vogelgestalten.
Die Umrahmungen werden durch sehr reich-
liche Inschriften gebildet.

Im Prussia-Museum zu Königsberg befindet
sich das Bruchstück einer in Weidehnen, Kreis
Fischhausen, gefundenen Bronzeschüssel."?)
(Abb. 7). Es ist ein Stück vom Rande mit
einer männlichen bärtigen Halbfigur, fast von
vorn gesehen, die Linke lehrend ausgebreitet.
Inschrift unleserlich. Eingefaßt durch einen vier-
fachen Halbkreis mit Strichelverzierung, unten
Blattwerk. Daneben
sind die Anfänge von
zwei anderen Bogen
erhalten. In den
Zwickeln Zinnen, dar-
über wellenförmiger
Erdboden mit zwei
Tieren, einerGans(?) u.
einem laufenden Hunde
oder Fuchs, ähnlich
den Tieren auf der
Xantener Schüssel.21)

Von anderer Art
ist wieder die Gra-
vierung einer Schüssel
in der Altertümer-
sammlung in Guben,
welche daselbst beim
Neubau eines Hauses
am Markte gefunden wurde, wo früher
ein Wohnhaus aus dem XII/XIII. Jahr-
hundert stand. Bronzeblech mit Spuren von
Vergoldung. Sehr beschädigt. In der Mitte
thront auch hier eine Frau in ganzer Figur mit
Krone und Schleier, in den Händen zwei runde
Gegenstände, die Kniee weit ausgebreitet, die
Füße im Profil dicht aneinander.22) Tracht
wie bei den vorgenannten, bei roherer Aus-
führung. Neben dem Kopfe die abgekürzten
Namen invidia und ebrietas. Die Einfassung
bildet ein Strickreif. Am Rande sind ab-

20) »Katalog des Prussia-Museums« II, S. 73,
Abb. 125, sowie schriftliche Mitteilung von H. Kemke.

21) Vielleicht eine Anspielung auf die bekannte
Tierfabel.

f2) Briefliche Mitteilung von H. Kemke. —
H. Jentsch in den »Niederlausitzer Mitteilungen« VI,
S. lf., Tafel 1, 2.
 
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