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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Witte, Fritz: Romanische Dekoration in der Kilianskirche zu Lügde bei Pyrmont
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0200

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3S7

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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Besonders vornehm ist der Eindruck des
klar und übersichtlich gruppierten Baues in
seiner Außenansicht, die auch nicht durch die ge-
ringste Restauration entstellt worden ist; fast so
wie der Bau aus der Hand des Architekten
hervorgegangen ist, steht er noch heute. Nimmt
St. Kilian schon als Denkmal romanischer
Architektur einen Ehrenplatz ein unter den uns
erhaltenen Kirchen jener Zeit, in seinem Inneren
Dlrgt es einen Schatz, um den manch großer
Dom das Kirchlein beneiden darf: eine Wand-
dekoration, vor allem im Chore, die an Origi-
nalität und Schlichtheit
zugleich nicht leicht über-
troffen wird. Die Aus-
nutzung des Raumes auf
dem Chore ist eine ver-
blüffend geschickte. Die
halbrunde Apsis weist drei
offene rundbogige Fen-
ster auf, die beiden Seiten-
wände je eines. Die Be-
malung der Apsis ist in
folgender Weise dispo-
niert (Fig. 2). Den unte-
ren Teil der Wand bis
stark in Reichhöhe nimmt
ein gemalter Teppich ein,
von dem ich vermute,
daß der derzeitige Re-
staurator Wi ttkopp aus
Lippstadt ihn ganz er-
neuert hat. Ein Band-
streifen mit Zickzackorna-
nient leitet zu der figu-
ralen Malerei über. Zwi-
schen und neben den Fen-
stern, die von schmäch-
tigen ornamentierten Säulchen (gemalt) flankiert
werden, stehen jedesmal je zwei Apostelfiguren
unter Kleeblattbögen, diezwischen sich auf blauem
Grunde die üblichen romanischen Türmchen
und Mauerzinnen tragen. Ein reicherer Band-
streifen in rot und gelb auf blauem Grunde
mit goldenen Rahmleisten schließt die Apostel-
reihe nach oben hin ab. Die Koncha ist durch
graugrüne Bandstreifen mit aufschablonierten
Mustern (erneuert) in fünf Felder geteilt. Das
mittlere ovale nimmt die auf schlichtem stei-
nernem Throne sitzende Gestalt des Heilandes
ein, die in weitem Oval von einem Regenbogen
eingeschlossen wird. Die Figur des Erlösers,
■der das Buch mit der Linken auf dem Knie

aufstützt und segnend die Rechte leicht erhebt,
ist sowohl in der Zeichnung wie in der Farbe
überaus einfach, aber hoheitsvoll und packend.
Leider verwischt der stark modernisierte Kopf
in etwa den tiefen Eindruck, den die Figur
sonst macht. Der Farbton des Untergewandes,
der Tunika, die ausnahmsweise keine Streifen
(tunica laticlavia) aufweist, ist weiß, der des
Mantels rötlich weiß, nur die tieferliegenden
Falten erscheinen rein rot. Über dem leicht
ockergelben Throne liegt ein mit Goldmustern
durchwirktes weißes Tuch; das Suppedaneum,
auf dem die Füße des
Heilandes ruhen, ist mit
einem hellgrünen Teppich
belegt, der mit goldenen
Rauten überzogen ist.
Die neben der Mandorla
übrigbleibenden sphäri-
schen Dreiecke sind noch
einmal so geteilt, daß ein
kleineres Dreieck oben
und eine größere trapez-
förmige Fläche unten ent-
steht. Die kleineren Drei-
ecke nehmen rechts vom
Heilande das Symbol des

Evangelisten Matthäus,
links das des Johannes
ein. In den größeren
unteren Stücken sind
rechts die Madonna mit
Paulus und den Markus-
löwen, links Johannes der
Täufer mit Petrus und
dem Stiere des hl. Lukas
dargestellt. Die Figuren
stehen auf blauem Grunde
der in Gold gemustert ist. Ob letzteres neu
ist, muß zweifelhaft bleiben, ist aber wohl
bei der Mandorla zweifellos. Die Figuren sind
, streng und ruhig in der Auffassung, aber ziem-
lich farbig gehalten. Sie erinnern neben der
ganzen Anordnung stark an gleichzeitige Ar-
beiten der Soester Schule, verzichten aber auf
effektvolle Bewegungen, wie sie beispielsweise
die Malereien der Nikolaikapelle in Soest auf-
weisen, und auch das dramatische der Bilder
in Maria zur Höhe ebendort ist vermieden.
Eine Säule mit Würfelkapilell und spiralförmiger
Bemalung trägt den Gurtbogen, der die Apsis
von dem quadratischen Vorchore abschließt.
Die Quergurten des Chores haben Haustein-
 
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