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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Kisa, Anton Carel: Die gravierten Metallschüsseln des XII. und XIII. Jahrhunderts, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0208

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373

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

374

l'gen emaillierten Glaspatene übereinstimmt,
die im römisch-christlichen Grabfelde bei St.
Ul"sula in Köln gefunden wurde und in diesem
vororte der gallisch-römischen Glasindustrie
>m IV. Jahrh. entstanden ist.

Neben Köln kommt Aachen als Herstellungs-
ort der gravierten Metallschüsseln in Betracht.
Aachen, dessen Kunst im allgemeinen in engerer
erbindung mit jener der Maasgegenden, als
mit jener des Niederrheines stand, hat im XII.
Jahrh. zur Zeit der größten Blüte der mittelalter-
'chen Goldschmiedekunst, mit Köln sehr rege
Beziehungen unterhalten, die wohl in der Be-
rufung von Kölner Meistern zu den Arbeiten |
an den Reliquienschreinen des Münsters und
zu anderen, kleineren
Aufträgen ihre Er-
klärung finden. Aus
dieser Zeit stammt
em Stück, welches in
ähnlicher Weise wie
die früher erwähnte
Bernwards-Patene des
Weifenschatzes auf die
Entwicklung unseres
Kunstzweiges von Ein-
fluß geworden sein
dürfte, die Cappen-
berger Schale des groß-
herzoglichen Familien-
museums in Weimar.M)
Sie ist aus Silber getrie-
ben, am äußeren Rande
m't einem gravierten
gedrehten Strickkreise, auf dem Grunde mit einer
ebenfalls gravierten Taufszene (immersio) ver-
Zlert, nach den Beischriften die Taufe Kaiser
Friedrich I. Barbarossa darstellend. Obwohl sie
sich ehemals in der Kirche zu Cappenberg
befand, gilt doch ihr Aachener Ursprung als
sicher. Der Tauftag Friedrich Barbarossas ist
ebenso unbekannt, wie sein Geburtsjahr, doch
schätzt M. Rosenberg die Entstehungszeit der
Schüssel mit guten Gründen auf die Jahre
zwischen 1152 und 71. Um 1165 dürfte

) Kl inckenberg im »Bonner Jahrb.« Heft
93. — Eire gute Kopie der Aachener Schüssel wurde
1902 von H. Steenaerts jr. für die Ursulakirche
ir" Köln hergestellt.

") M. Kosenberg in der »Zeitschr. für christl.
Kunst« III, S. 36« f. — Ders., Großh. Silberschatz im
Schlosse zu Weimar 1891.

Abb. 9

Wibert den Kronleuchter des Münsters voll-
endet haben. Vielleicht ist er auch als Meister
der Cappenberger Schale anzusehen, deren
Gravierungen eine große Verwandtschaft mit
den Niellen an den Laternen des Kronleuch-
ters zeigen. Wie dem auch sei, jedenfalls
sprechen die Funde von Aachen dafür, daß
auch eine dortige Werkstätte neben Köln an
der eigenartigen Industrie beteiligt war. Wäh-
rend die besseren, im XII. Jahrh. entstandenen
Stücke auch auf einen verhältnismäßig kleinen
Fundkreis beschränkt sind, — soweit sie nicht
der Kunsthandel in größere Fernen verschlagen
hat — sorgte für die Verbreitung der fabrik-
mäßig hergestellten Massenartikel des XIII.
Jahrh. die mächtig auf-
blühende Hansa. So
erklären sich die Funde
in Lübeck, dem Haupte
des großen Handels-
bundes, in der Themse,
in Skandinavien, an
den Küsten der Ost-
see, im Herzen von
Rußland, in der alten
Hauptstadt Mährens,
fast an allen Etappen-
straßen der Hansa.
Ich möchte deshalb
als Gesamtbezeichnung
dieser Klasse von Ge-
räten den Namen
Hansaschüsseln
vorschlagen.
Ungewiß ist, wozu die Schüsseln gebraucht
wurden, religiöse Darstellungen wechseln auf
ihnen mit profanen, aber keine gibt eine sichere
Handhabe für die Zweckbestimmung. Bei vielen
bleibt es sogar zweifelhaft, ob sie überhaupt reli-
giösen und nicht vielleicht profanen Charakters
sind. Man muß ja in Betracht ziehen, daß die
Religion das gesamte geistige Leben beherrschte
und demnach selbst zur Verzierung des Haus-
rates die Motive meist der Bibel und Heiligen-
Legende entnommen wurden, andererseits nahm
aber die Kirche auch wenig Anstoß an profanen
Stoffen bei der Ausstattung von Kirchengerät.
Zudem wurden ja oft auch wertvollere Stücke
des Hausrates mit weltlichen Darstellungen
nachträglich in Kirchen gestiftet. Auch aus
den Fundorten ergibt sich nichts Sicheres über
 
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