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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Schneider, Franz: Dorfkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0146

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130

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 8/9.

DORFKIRCHEN.

Mit Tafel VIII und 26 Abbildungen.

Die Geschichte der kirchlichen Bauten der altchristlichen Zeit in den nordi-
schen Ländern ist noch in völliges Dunkel gehüllt, und ist es eine Aufgabe
weiterer Erforschung der Anfänge und selbständigen Entwicklung der ger-
manischen Kunst, auch über die Gestaltung der frühesten christlichen Kultus-
bauten — insbesondere derer in den Dörfern — Klarheit zu bringen.

Es ist bekannt, daß in der ersten Zeit des Christentums die Gläubigen der
größeren römischen Kulturzentren unter dem Druck der heidnischen Verfolgung
sich nur heimlich an verborgenen Orten, namentlich in unterirdischen Erdhöh-
lungen und Felsgrüften, zur Ausübung ihres Gottesdienstes zusammenfinden
durften, wo dann auch ihre Toten eine würdige Ruhestätte fanden. Diese meist in
den weichen Tuffstein eingehauenen Gänge, Grabkammern und Zellen wurden
ursprünglich Cömetenen (Ruhestätten), um 600 von Gregor d. Gr. ,,ad cata-
cumbas" (Niederung) genannt, voraus später die allgemeine Bezeichnung
„Katakomben" entstand. Als die Christen sich allmählich mehr Geltung ver-
schafft hatten und ihnen besonders durch Konstantin d. Gr. Schutz sowie durch
dessen Mailänder Toleranzedikt vom Jahre 313 Rechte und Freiheit gewährt
wurden, durften die mittlerweile stark entwickelten Christengemeinden als solche
sich öffentlich zeigen, ja man überließ ihnen sogar zur Feier des hl. Meßopfers
die bisher dem Handels- und Gerichtsverkehr dienenden Basiliken.

Diese langgestreckten ein-, drei- und wohl fünfschiffigen sehr geräumigen
Hallenbauten, deren durch Säulenstellung gebildetes Mittelschiff in vielen Fällen
an dem oberen Ende einen halbkreisförmigen Abschluß, die Apsis (Tribuna) hatte,
eigneten sich vermöge ihrer Eigenart der Grundnßbildung und des gleichmäßigen
Lichteinfalles so vorzüglich als Kirchengebäude, namentlich zur Abhaltung der
hl. Opferfeier an dem auf erhöhtem Fußboden vor oder in der Apsis aufgestellten
Grabaltar, welcher fast von jedem Platz der Hallen aus sichtbar war, daß diese
Raumeinteilung für die meisten späteren großen Kirchenbauten — sogar bis zur
Gegenwart — grundlegend blieb und wohl auch fernerhin bleiben dürfte. Wenn
auch schon einzelne der frühesten Kirchenbaumeister unter Konstantin wie auch
die späteren dem Verlangen nach neuen baulichen Konzeptionen nachgebend von
dem Basilikatypus abwichen und nach den Vorbildern der römischen Rundbauten
zentral angelegte Kirchen mit Kuppeldächern bauten, so blieben diese wohl mehr
aus dem architektonischen Gestaltungsdrange als aus dem praktischen Bedürfnis
entstandenen Zentralanlagen doch gegen die basilikal angelegten Kirchen erheblich
in der Minderheit. Dies galt anfänglich sowohl von der byzantinischen als auch
von der abendländischen Kirchenbaukunst, bis jedoch im oströmischen Reiche im
Laufe des V. Jahrh. der Kuppelbau das herrschende Motiv in der byzan-
tinischen Baukunst wurde, während namentlich diesseits der Alpen die Zentral-
bauten sehr vereinzelt blieben und der bedeutendste unter ihnen die von Karl
d. Gr. 796—804 erbaute Palastkapelle zu Aachen ist (Abb. 3), die aber nicht als
selbständige Schöpfung anzusprechen, sondern in ihrer Grundnßbildung wohl
sicher angelehnt ist an die ebenfalls byzantinische Zentralanlage der Kirche
S. Vitale zu Ravenna (526—547).
 
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