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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Arntz, Ludwig: Burg- und Schlosskapellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0193

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Nr. 11'12_________ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.__________173

lieferten Burghäuser ungemein geschickt der abschließenden Burgwehr und der
abschnittweisen Befestigung angepaßt sind.

Die Beschränkung der inneren und äußeren Höfe und Zwinger führte in der
Frühzeit notwendig zur Anlage von mehrgeschossigen Wohntürmen an bevorzugter
Stelle, an welcher Anordnung unter Umständen lange festgehalten wurde. In der
Regel war in einem solchen Turmhaus neben anderen notwendigen Wohngelassen
auch ein geeignetes Gemach für die Hausandacht eingerichtet, soweit dies der verfüg-
bare Raum gestattete. Auch als sich später das Bedürfnis nach geräumig und breiter
angelegten Burghäusern geltend machte, ist die Hauskapelle (das Oratorium) noch
im älteren Wohnturm verblieben (z. B. in N i d e g g e n und T r i f e 1 s), ja man
kann verfolgen, wie die Überlieferung der Turmkapellen noch lange Zeit lebendig
blieb. Auch wenn später ein Umbau der Wohn- und Wehrtürme stattfand und
infolgedessen die Zweckbestimmung der Kapelle in Fortfall kam (wie z. B. in
Burg L e c h e n i c h), ist doch ab und zu noch der ursprüngliche Zustand durch
den Baubefund, Altarnische oder Altartisch, nachweisbar.

Soviel die gesammelten Beispiele ergeben, neigt man im XIII. Jahrh. dazu, in
einem meist zweigeschossigen Wohnflügel (dem Palasbau) auch die Betstube unter-
zubringen. Es ergab sich wohl die Gelegenheit, den verlangten Kapellenraum
entweder im Erdgeschoß oder im ersten Stockwerk passend einzufügen. Dabei
wurde auf einen bequemen Zugang, ebenerdig, vom Hofe oder vom Stiegenauf-
gang aus, gesehen. Da bei dem Wohnflügel eine oder andere Ringmauer des um-
schließenden Burghofes (als Umfassungsmauer) mit Vorteil benutzt werden
konnte, wird auch die Kapelle häufig hinter die Ringmauer verlegt und erhält
durch diese das notwendige Licht. Ein anschließender Wehrturm konnte unter
Umständen dem kirchlichen Zwecke dienen. Auch ergab sich hier bei beschränk-
tem Räume die Möglichkeit, durch geschickten Einbau (Emporen), zur Not
in zwei Geschossen, dem geforderten Raumbedarf zu genügen. Einer notwen-
digen Erweiterung ist bei der eingebauten Burghauskapelle oft in fortschreiten-
dem Maße entsprochen worden. Daß bei geteiltem oder gemeinsamem Burgbesitz
(bei Ganerbenburgen) jeder der Burgherren über seine eigene Kapelle verfügte,
darf nicht wundernehmen.

Mit Ausdehnung des grundherrlichen Burggebietes und der damit verbundenen
Gerechtsame wuchs natürlich auch das Bedürfnis weiterer kirchlicher Fürsorge
für die Burgsassen, das Hofgesinde und die Bewohner der Vorburg und des
Burgfleckens. Hierzu wurde mit besonderer Vorliebe ein oder anderes Torhaus
bestimmt, vielfach in der Weise, daß die Kapelle oberhalb der Tordurchfahrt an-
gelegt und von dieser durch einen Treppenaufgang bequem zugänglich gemacht
wurde. Dieser Gebrauch, der sich schon im XII. Jahrh. nachweisen läßt und sich
großer Beliebtheit erfreute, ist bis ins XVII. Jahrh. hinein zu verfolgen. Auch die
Torkapellen sind im Laufe der Zeit erweitert worden, wobei natürlich auch die
Durchfahrt eine entsprechende Veränderung erfuhr. Immerhin aber waren einer
Ausdehnung der Torkapellen in der Regel bestimmte Grenzen gezogen.

Im Gegensatz zu den eingebauten Kapellen war eine selbständigere
Entwicklung zweifellos bei den freigebauten möglich, welche entweder inner-
halb des Burgfriedens oder außerhalb desselben, im „Burgfelde" angelegt wurden.
Wir finden sie angelehnt oder freistehend, im Hofe der Haupt- oder der Vorburg,
auch vor dem äußeren Tor, im Burgflecken. Manche, späterhin pfarramtlicher
 
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