Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 30.1917

DOI Artikel:
Dyroff, Adolf: Über die Bedeutung des Stuppacher Marienbildes von M. Grünewald
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4334#0159

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Deckengemälde der hl. Korbinian mit seinem Bienenkorbe angebracht werden
mußte und noch heute gern gesehen wird. Daß der Rosenkranz des Bildes auf
eine Seite der volkstümlichen Marien Verehrung Bezug nimmt, ist allbekannt.
Das Gemälde deutet keinen Donator an; begreiflich, da es von der ganzen Stadt
gestiftet. Aber von den Christgläubigen, die nach der Stiftungsurkunde in der
„Kapelle zur weißen Lilie" um 1517 augenscheinlich „Trost und Hilfe gefunden
haben", wollte Grünewald wenigstens einige die wenigen Stufen des Portals
zierlich emporschreiten lassen, einen vornehm gekleideten Herrn und zwei
andere.

Wenn Maler Mathis 1489 einen Liebfrauenaltar für die Agathenkirche zu
Aschaffenburg geliefert hatte (Mela Escherich, Grünewaldbibliographie, Straß-
burg 1914 S. 7), so wäre es sonderbar gewesen, hätte man ihn 1517 bei einem
Liebfrauenaltar übergangen.

Noch Eines: Ich halte es für unmöglich, daß das Stuppacher Bild so neben
dem Freiburger Maria-Schneebild stand, wie H. A. Schmid in seinem Restau-
rationsversuche dies annimmt. Denn geradezu häßlich und unsinnig kommt
dann die römische Maria-Schneekapelle mit Renaissancestil wie eine Fortsetzung
der spätgotischen Marienkapelle heraus. Auch ist einem Künstler wie Grüne-
wald nicht zuzutrauen, daß er so heterogene Stoffe wie das Stuppacher Lilien-
motiv und das Freiburger Schneemotiv unter einem Rahmen zusammen-
faßte. Mich dünkt auch die koloristische Stimmung in beiden Bildern eine
wesentlich verschiedene.

Nachdem wir so weit sind, ist es erlaubt, einige Einzelheiten vermutungsweise
genauer zu fassen. H. A. Schmid II, 212 sieht unter dem Publikum, das sich um
das Portal der Kapelle herum bewegt, einen „Kanoniker"; heute wird die Sand-
kirche vom Stiftspfarrer verwaltet, sonach war sie um 1517 wohl einem Stifts-
kanonikus unterstellt. Von den zwei „reichgekleideten Herren in weltlicher
Tracht" (Schmid a. a. 0.) scheint mir der eine ein Jurist zu sein, also etwa der
Bürgermeister der Stadt Aschaffenburg. Das „alte Weib", das sich auf dem Wege
entfernt, der „von der Kirche zu den Häusern führt", trägt eine Last (Korb)
auf dem Kopfe, wie mir vorkommt, mit einem kreisrunden Wulst zwischen Kopf
und Last; ein Hauptkontingent zu den Besuchern der Sandkirche stellen heute
noch die Spessartfrauen, die, was jedem Fremden dort auffällt, ihre Körbe mit
solchen, den Kopf schonenden Wülsten, „Kringel" genannt, an der Sandkirche
vorbei zur Stadt tragen, ganz im Gegensatz zu den Bäuerinnen um Würzburg,
die ihre „Kötze" auf dem Rücken schleppen.

Eine Steinfigur, die an einem Zwischenpfeiler der Kapelle zu sehen ist,
möchte Schmid II, 213 als stehenden Bischof ansprechen. Wir wissen jetzt, daß
die Sandkirche auch des heiligen Bomfatius gedachte; der heilige Martinus, dessen
die Stiftungsurkunde außerdem erwähnt, konnte irgendwo im Hintergrunde ange-
bracht gewesen sein.

Die Kapelle des Bildes erhebt sich, wie mich dünkt, zu einer solchen Höhe,
daß der Ansatz eines Turmes angenommen werden muß; die spätgotische Sand-
kapelle hatte einen Turm.

Ich habe oben von drei Lilien gesprochen, weil ich auf dem besonderen Bilde,
das H. H. Josten S. 72 von dem großen „Blumentopf" bringt, deutlich drei Lilien-
stengel unterscheide. Auf diesem dankenswerten Bilde sind die Lilienstengel auch
 
Annotationen