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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Seling, K.: Die Eröffnung des Osnabrücker Diözesanmuseums
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0173

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156

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 10/11

Aber unsere Niedersachsen hatten auch ein gutes und eigenartiges Kunstempfinden.
Worin die Eigenart der kirchlichen Kunst unserer Heimat besteht, das aufzuhellen,
wird durch das Museum besser ermöglicht. Die Zusammenstellung und Verglei-
chung mancher Bildwerke in unserem Museum hat die Kunstkenner schon zu
vielen überraschenden, für die Kunstgeschichte wichtigen Kombinationen über
einzelne Meister, wie z. B. den sogenannten Osnabrücker Meister, angeregt.
Leider sind schon so manche schöne Stücke längst durch Unberufene gesammelt
und in andere Gegenden verkauft worden. Noch ist aber in einzelnen Gemeinden
allerlei vorhanden. Ich richte an die Geistlichkeit die herzliche Bitte, nach Kräften
dafür zu sorgen, daß diese Kunstwerke, wenn sie nicht am Orte selbst würdig
aufgestellt und vor dem Verfall bewahrt werden können, dem Museum baldigst
überwiesen werden.

Das Museum soll endlich sein drittens eine Lehrstätte. Die Sammlung
bietet einen großen Anschauungsunterricht über die kirchliche Kunst und ihren
Werdegang. Vor allem die Geistlichen, die ja durch ihr Amt schon berufen sind,
das Heiligtum zu behüten und seine Schätze zu bewahren, können und müssen
daraus lernen, das Alte hochzuachten und das Neue erst nach gründlicher Prüfung
auszuwählen. Nur Kunstwerke sollten in den Kirchen Aufstellung finden. Man
wendet mir vielleicht ein: ich brauche für meine Dorfkirche keine großen Kunst-
werke, wenn die gemalten oder geschnitzten Bilder nur erbauen. Gerade damit
ein religiöses Werk erbaue, möglichst erbaue, muß es ein Kunstwerk sein.
Das beste Kunstwerk ist dasjenige, das die bestimmte Idee am besten und klarsten
ausspricht, und zwar in möglichst vollkommener Form. Also nicht Erbauung
ohne Kunst, sondern Erbauung durch die Kunst muß das zu erstrebende
Ziel sein.

So möge denn das Diözesanmuseum als eine neue Zierde unserer kunstheben-
den Stadt Osnabrück im friedlichen Wettbewerb mit anderen Sammlungen zur
Pflege und Förderung wahrer Kunst, einer Quelle des Idealismus, mitwirken.
Möge es besonders der kirchlichen Kunst unserer Diözese ein Wegebereiter sein
zum Heile des christlichen Volkes und zur Ehre des ewigen Gottes l"

In seiner Festrede skizzierte alsdann Studienrat Dr. Schirm eyer
in geistvoller Weise die Eigenart und Entwicklung des Osnabrücker Kunstlebens:

,,Es liegt ein besonderer Reiz gerade darin, und es erfüllt uns mit stolzer
Genugtuung, was einedeutscheDurchschnittsstadt wieOsnabrück, ohne besondere
Begünstigung, aus sich heraus geschaffen hat. Die Osnabrücker Kunst besitzt
ernste Schwere und gedrungene Kraft, wie sie dem westfälischen Menschenschlag
des Osnabrücker Landes eigen ist, ein Wesenszug, der sich in den ungemein
mächtigen Pfeilermassen des Domes, dem Derbstämmigen der Johanniskirche,
m dem kräftigen Treppengiebel der Stadtwage, in den breit sich lagernden Fach-
werkgiebeln unserer Bürgerhäuser und dem trutzigen Burgbau unseres Rathauses
so gut zeigt wie in dem massigen Würfel der bischöflichen Kanzlei. Der Westfale
hängt fest am Überlieferten, Althergebrachten, jeweils schon unmodern Ge-
wordenen. All unsere Kunst bleibt ein halbes bis ein ganzes Jahrhundert hinter
dem Süden und Westen zurück; daher das zähe Festhalten an der Gotik bis ins
XVI. und XVII. Jahrh. Besonders kennzeichnend ist, daß unser Dom in spät-
romanischer Übergangszeit noch als Basilika mit niedrigen Seitenschiffen gebaut
ist, als in anderen Gegenden schon die in Haupt- und Seitenschiffen gleich hoch
 
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