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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Seling, K.: Die Eröffnung des Osnabrücker Diözesanmuseums
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0174

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Nr. 10 11 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 157

gewölbten Hallenkirchen durchgedrungen sind. Unsere Hallenkirchen sind von
echt westfälischer Eigenart, praktisch, aber auch ein wenig nüchtern, verständig,
wie der Westfale selbst. Uns fehlen der zierliche Scherz und die tändelnde Anmut
— weder die Spätgotik noch das Rokokko hat sich deshalb hier entfalten können.
Das Gemüt fehlt uns nicht, aber wir verschließen es gern. Auch unsere Kunst
kehrt sich nicht nach außen der Straße zu. Das Innere unserer Kirchen bietet
oft mehr als die schlichte Außenseite vermuten läßt. Auch aus unseren Bürger-
und Bauernhäusern spricht niederdeutsches Bedürfnis nach häuslicher Abge-
schlossenheit und Behaglichkeit."

Nach einem kurzen Gange durch die kunstgeschichtliche Entwicklung Osna-
brücks verbreitete sich der Redner dann über das Osnabrücker Stadtbild und
kam zu dem Ergebnis, daß Osnabrück eine noch unentdeckte Stadtschönheit
sei; auf den Zweck des neugeschaffenen Diözesanmuseums übergehend, sprach
er den Wunsch aus, daß es die junge Künstlerschaft im eigenen Schaffen fördern
möge:

„Große Kunst schafft sich nicht selbst, losgelöst von allen Leistungen der
Vergangenheit, aber auch sklavisches Abschreiben des Vorhandenen führt nicht
vorwärts. Wie der Katholik sich bekennt zu den unabänderlichen Ewigkeits-
werten christlicher Wahrheiten und sie doch innerlich und persönlich neu emp-
findet und erlebt, so muß auch die christliche Kunst der Vergangenheit in dem
schaffenden Künstler persönliches Erlebnis werden, wenn sie sich umsetzen
soll in neue echte Kunst. Dazu kann und möge das Diözesanmuseum helfen im

Sinne des Wortes: w, , , . . ,, .

„Was du ererbt von deinen Vätern hast,

Erwirb es, um es zu besitzen!"

Dem Festakt folgte ein Rundgang durch das neueröffnete Diözesanmuseum,
bei dem die Herren Museumsdirektor Dr. Fritz Witte (Köln) und Kunst-
historiker Wilhelm Schulte (Nienborg) die Führung übernahmen. Das
Domkapitel hatte bei dieser Gelegenheit in dankenswerter Weise auch den präch-
tigen Osnabrücker Domschatz mit seinen reichen Beständen an Kelchen,
Kreuzen und Reliquiaren in einem der Museumsräume zur Ausstellung bringen
lassen.

Allen Teilnehmern vermittelte der Rundgang die Erkenntnis, daß unser neues
Diözesanmuseum einen großen Reichtum wertvoller Kunst-
schätze und insbesondere eine Fülle bemerkenswerter mittelalter-
licherSkulpturen besitzt, wie sich dessen manches große Museum nicht
rühmen kann. Bieten auch diese mittelalterlichen Stein- und Holzbildwerke
noch kein einheitliches, geschlossenes Bild der Stilentwicklung jener Zeit, so
ermöglichen sie doch als Stichproben einen Überblick über den gesamten
mittelalterlichen Kunstbesitz unseres Bistums und bilden wenigstens die G r u n d -
läge für die Darstellung einer Entwicklungsgeschichte der kirchlichen Kunst
unserer engeren Heimat. Auch nur auszugs- oder andeutungsweise eine Über-
sicht über den Bestand und Inhalt unserer Sammlung zu geben,
geht weit über den Rahmen dieses Aufsatzes hinaus; diese Aufgabe bleibt dem
in Vorbereitung befindlichen Katalog vorbehalten. Was die Qualität
mancher Stücke anlangt, darf auf die in diesem Heft besprochenen Skulpturen
und Paramente hingewiesen werden; künftige Jahresberichte sollen in ähnlicher
 
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