Die Anschlagsäulen.
bekannt, deshalb aber das Objekt gleich einen Fayadenbau
zu nennen, scheine ihm doch zu gewagt. Er würde eher zu
der vermittelnden Annahme „einer zum Central bau
ausgeartetcn Fayadenanlagc" rathen, wie man den
Styl der neuen Marimiliansstraße in München einen zum
Spitzbogen ausgearteten Rundbogenstyl zu nennen
pflege. Am passendsten jedoch schien ihm, wenn man das
Objekt als massenthürmenden Gewaltbau auffasse,
nach Analogie der als Kunstform wohlbcrcchtigten ägyptischen
Pyramiden. Gegenüber dem versüßlichten, alles gliedernden
Geschmack der modernen Architektur, könne er dem Versuche,
den hier der Magistrat gemacht habe, nur zustimmen. Sei
auch der naive Sinn, welcher alte Völker oder Fürsten trieb,
Quadermassen gleichsam als Gedenksteine nationalen oder auto-
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kratischen Selbstbewußtseins aufzurichten, in dem größten Theil
der hiesigen Bevölkerung erstorben, so zeige er sich doch offen-
bar in den Lenkern des städtischen Wesens noch lebendig.
„Wenn Eure Kunstbauten längst in Trümmern liegen ;
werden", so schloß der Redner mit erhobener Stimme, 1
„dann, das prophezeie ich Euch, werden diese Sandstein-
Wahrzeichen noch aufrecht stehen und Kunde geben von dem
primitiven Sinn und dem hohen Selbstgefühl, welche sie
errichteten. Wollt Ihr zur genaueren Kunde für die Nach-
welt noch Hieroglyphen, nun so grabet sie ein in den
Zeichen, welche der ägyptischen Priesterschrift entsprechen
möchten, nämlich in dem deutschen Kanzleistyl."
Architekt Salamander, Vertreter der Classicisten,
stimmt mit dem Vorredner in der Würdigung monumentaler
Städtewahrzeichcn überein; auch passe ihm dazu noch eher
die primitive Form der Steintrommel als ein ganzes Säu-
lenbündcl nach gothischer Art. Ihm widerstrebe überhaupt die
„gothischc Spitze" noch weit mehr, als die preußische."
(Zischen von Seite der Gothikcr). „Ich wünsche", fährt der
Redner fort, „daß man diesmal dem Instinkt des Volkes
Beachtung schenke, welches das Objekt sogleich Anschlag-
säulen getauft hat. Sie sind eben Säulen oder wenig-
stens Ansätze dazu! Wie ein berühmter Aesthetiker die
heidnischen Runensteine „ das Lallen eines noch an den
Brüsten der Natur saugenden Volks" nennt, so möchte ich
Vorschlag des Hauptmauus außer Dienst Vorschlag zu einer gothischen Jonische Säule, vorgeschlagcn von Architekt
Ritters von Eisenguastcl. Bekrönung der Anschlagsäulen. Salamander, oben eine Magistratsstatue.
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bekannt, deshalb aber das Objekt gleich einen Fayadenbau
zu nennen, scheine ihm doch zu gewagt. Er würde eher zu
der vermittelnden Annahme „einer zum Central bau
ausgeartetcn Fayadenanlagc" rathen, wie man den
Styl der neuen Marimiliansstraße in München einen zum
Spitzbogen ausgearteten Rundbogenstyl zu nennen
pflege. Am passendsten jedoch schien ihm, wenn man das
Objekt als massenthürmenden Gewaltbau auffasse,
nach Analogie der als Kunstform wohlbcrcchtigten ägyptischen
Pyramiden. Gegenüber dem versüßlichten, alles gliedernden
Geschmack der modernen Architektur, könne er dem Versuche,
den hier der Magistrat gemacht habe, nur zustimmen. Sei
auch der naive Sinn, welcher alte Völker oder Fürsten trieb,
Quadermassen gleichsam als Gedenksteine nationalen oder auto-
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kratischen Selbstbewußtseins aufzurichten, in dem größten Theil
der hiesigen Bevölkerung erstorben, so zeige er sich doch offen-
bar in den Lenkern des städtischen Wesens noch lebendig.
„Wenn Eure Kunstbauten längst in Trümmern liegen ;
werden", so schloß der Redner mit erhobener Stimme, 1
„dann, das prophezeie ich Euch, werden diese Sandstein-
Wahrzeichen noch aufrecht stehen und Kunde geben von dem
primitiven Sinn und dem hohen Selbstgefühl, welche sie
errichteten. Wollt Ihr zur genaueren Kunde für die Nach-
welt noch Hieroglyphen, nun so grabet sie ein in den
Zeichen, welche der ägyptischen Priesterschrift entsprechen
möchten, nämlich in dem deutschen Kanzleistyl."
Architekt Salamander, Vertreter der Classicisten,
stimmt mit dem Vorredner in der Würdigung monumentaler
Städtewahrzeichcn überein; auch passe ihm dazu noch eher
die primitive Form der Steintrommel als ein ganzes Säu-
lenbündcl nach gothischer Art. Ihm widerstrebe überhaupt die
„gothischc Spitze" noch weit mehr, als die preußische."
(Zischen von Seite der Gothikcr). „Ich wünsche", fährt der
Redner fort, „daß man diesmal dem Instinkt des Volkes
Beachtung schenke, welches das Objekt sogleich Anschlag-
säulen getauft hat. Sie sind eben Säulen oder wenig-
stens Ansätze dazu! Wie ein berühmter Aesthetiker die
heidnischen Runensteine „ das Lallen eines noch an den
Brüsten der Natur saugenden Volks" nennt, so möchte ich
Vorschlag des Hauptmauus außer Dienst Vorschlag zu einer gothischen Jonische Säule, vorgeschlagcn von Architekt
Ritters von Eisenguastcl. Bekrönung der Anschlagsäulen. Salamander, oben eine Magistratsstatue.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Anschlagsäulen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 41.1864, Nr. 1009, S. 147
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg