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Vom richtigen Gebrauch der Tinte.
Mer haben Sie geschickt auf ausdricklichstes Ver-

langen dreimal de naisten Sendungen in de aus-
gesuchteste» Kleiderstoffe un alle drei Mal haben
Se behalten gar nix! Js das eine Mauiertheit,
wie se sich paßt for ainen anständigen Menschen
un , Schnittwaarenhändlcr? Ich will Ihne sage,
was das is, aine Gemeinheit is cs, wenn man
sich so was gefallen läßt. —

Schreiben Se das Wort Gemeinheit noch ä Mal gleich oben
driber in de Zeil', daß cs wird eine gedoppelte Gemeinheit.
~~ So is es recht, Herr Müller, nu schreiben Se weiter:

Wenn Se sich noch ain Mal sollten unterstehen
ßu schreiben ßn wollen uns ainen schriftlichen
Brief, so schmeißen mer Sic sofort ungeöffnet
in's Faier. Sollten Sie aber sogar sich wagen,
uns ßu machen ßu wollen einen eigenhändige» Be-
such, so lassen mer Sie werfen mit unser» Haus-
knecht auf de Straße, wohin de Schnorrers un
solches ähnliches Lumpengesindel gehören!"

Noch oor Beendigung des letzten Satzes legte der erstaunte
Commis die Feder aus der Hand und bemerkte, daß er so etwas
doch nicht schreiben dürfe, weil darin Injurien enthalten seien,
die unfehlbar zu einer Klage der Firma A. B. Levy secl.
Wittwe Nachfolger contra Gebrüder Baschfeld führen müssen.

„Wenn ich Ihnen sage: schreiben Se, dann schreiben Se
auch, Herr Müller," entgegnete beleidigt Baschfeld, „un ich
werde Ihnen sogar noch sagen, daß Se mer de „Schnorrers"
uud das „Lumpengesindel" unterstreichen wieder mit de dickste
Tinte. Un wenn Se sein so weit, daun schließen Se ab den
Brief mit den Schluß:

Mer haben de Ehre un das Vcrgnigen, uns
Ihnen bestens zu empfehlen un unterßcichnen mit
de vorziglichste Hochachtung und Ergebenheit

Gebrüder Baschfcld."

Noch erstaunter als vorhin wendete sich jetzt der Correspondcnt
zu seinem Prinzipal und bemerkte, daß es doch wohl nicht dessen
Ernst sein könne, einen Brief, welcher im Anfänge und in der
Mitte die größten Grobheiten enthalte, mit dieser ausgesuchten
Höflichkeitsformel zu schließen.

„Widersprechen Sc mer »ich, Herr Müller!" entgegnete
jedoch Blaschfcld abweisend, „un schreiben Se, was ich Se sage.
Wenn Se aber sain ganz fertig bis mit de Ergebenheit, dann
nehmen Sc noch ain mal die Feder un unterstreichen Se am
Schlüsse de „Ehre" un das „Vergnügen" un de Hochachtung
un de „Ergebenheit" jedes mit ßwei bis drei gedoppelt dicke
Tintenstriche! Haben Sc mich verstanden, Herr Müller?"

Nachdem Müller kopfschüttelnd den Vorschriften seines
Prinzipals nachgekommen war, fuhr Baschfeld fort:

„Nu aber tvill ich Sie erklären de Absicht von meine
Pläne. Wenn Levy's in Breslau wieder kriegen unser» Brief,
werden se sein brauches (zornig) über die Grobheit im Anfang
un in de Mitte. Wenn se aber werden zuletzt lesen den höf-
lichen Schluß mit de gedoppelte Unterstreichung, dann werden
st doch auch wieder befriedigt sein un bei sich denken: de Ge-

brüder Baschfeld sein doch ä faines Haus; wenn mer bestellen das
nächste Mal wieder Waare bei de Baschfclds, werden mer blos
ßurückschicken hechstens nur de Hälfte! — Merken Se nu meine
Absicht, Herr Müller? Hab' ich »ich Recht oder Hab' ich Un-
recht! Un nu will ich Sie noch geben bei dieser Gelegenheit
aine Regel fors ganze Leben! Wissen Se denn, was is das
wichtigste Möbel in das kaufmännische Comptor? Sie denken
vielleicht, der Geldschrank mit seine Fcierfcstigkeit is cs, aber nein,
das wichtigste is — das Tintenfaß, wenn Sic's nur richtig

ßuIbrauchen wissen. Mit de Tinte kann mer machen alles Gute
schlecht un mit de Tinte macht mer alles Schlechte auch wieder
gut. Se kennen geben Einen mit de Tinte ä Stich ins Herze
oder Einen schmeißen mit de Tinte de größte Beleidigung in's
Gesichte, aber Sc kennen auch Einen schmieren mit de Tinte so
viel Honig um's Maul, daß er gar »ich weiß, wie lieb er
Sie haben soll; korz — nur ainßig un allein mit de Tinte
kann der Kaufmann machen. Alles was er will. Merken Se
sich das, Herr Müller!" _

Auflösung des Rebus in voriger Nummer.

Ein unentwickeltes Wesen.

Sentimentaler Rath.

Quäle kein Geschöpf zum Scherz,

Denn es fühlt, wie du, den Schmerz:

Daß du es gehörig lernst, —

Quäle alle nur — im Ernst!

Requisit.

Zu einer großen Carriörc —
Gehört eine tüchtige — Roßnatur!

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Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Vom richtigen Gebrauch der Tinte"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Tintenfass
Figur
Schreibfeder
Mann
Karikatur
Vorrichtung
Streusand
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1627, S. 99

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