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Zeitgemäße Frage.
Storch und Frösche.
Die Lehr' davon? — Der Ucbermuth
Thut selbst bei Fröschen niemals gnt.
Reith er.
Nur so ein wenig promeniren
Und — wie's der Franzmann nennt — flaniren-
D'rauf, als auch dieß er hat genug,
Das eine Bein hinaus er schlug,
Und auf dem andern unverrückt
Er stand, das Haupt hinabgebückt.
Die Stellung nahm er immer ein,
Wenn recht behaglich er wollt' sein.
Da kamen aus dem Wiesengrund
Zwei Frösche jung heran zur Stund'.
Kaum wurden sie den Storch gewahr,
So fing zu lachen an das Paar.
Und einer spricht — er könnt' vor Lachen
Kaum zu das Maul, das breite, machen —
„Nun seh' mir Ein's das Wunder an!
Der Kerl hat nicht 'nmal Hosen an.
G'rad wie ein Stecken ist sein Schnabel,
Macht er ihn auf, ist's eine Gabel.
Und seine Farbe nun erst gar.
Die ist zum Lachen offenbar:
Schwarz wie der Ruß und weiß wie Schnee,
Wie paßt das zu dem grünen Klee?
Ich acht', es ist, so weit man schaut,
So seltsamlich kein Thier gebaut.
Nun aber — scheint es — schläft er gar,
Da hat das Nähern nicht Gefahr;
D'rum laß', um ihn recht zu bcseh'n.
Uns ganz in seine Nähe geh'n!"
Sie thatcn's, aber — klippe klapp,
Schlang sie der alte Storch hinab.
• * *
*
Erschrecken Sie nicht über diesen Titel! Es ist durchaus
nicht meine Absicht, Sie in längst vergangene Jahrhunderte und
in die langweilige Gesellschaft jenes ernsten Volkes zu versetzen,
dessen Thaten und Gedanken ohnehin jeder „Gebildete" in
seiner Jugend zur Genüge vom Lateinischen in's Deutsche und
wieder zurück übersetzt hat! — Nein, unser Held trägt keine
Toga; er ist der Commerzienrath Siegfried Silberbach, einer
der bedeutendsten Banquiers in einer großen norddeutschen Handels-
stadt, und in dem Augenblicke, in dem ich das Vergnügen habe, ihn
vorzustellen, sitzt er mit seiner hübschen jungen Gemahlin, Beide
in tadellos moderner Toilette, im Fond seines eleganten Wagens-
— Die Herrschaften sind auf der Rückfahrt von einer glänzenden
Soirse begriffen. Die Gnädige scheint verstimmt zu sein; ihr
kostbarer Spitzenfächer wird ohne sichtbaren Grund beständig in
etwas akuter Weise auf- und zugeklappt, und der Herr Gemahl,
der auf einige unbefangene Frag.cn etwas knappe, abweisende
Antworten erhalten, bemüht sich vergebens, in feinem Sünden-
register einen Grund für die schlechte Laune seiner bessern Hälfte
„Was studiren Sie denn eigentlich?" — „Theologie!"
„Mit oder ohne Reichsfcindschaft?"
Storch und Frösche.
Ein alter Storch spaziert' einmal
Wohl auf und ab im Wiesenthal;
Er wollt' nicht eben was erjagen —
Denn reichlich war gefüllt sein Magen —
Vielmehr, weil gar so schön der Tag,
Wollt' er, vergessend aller Plag',
Zeitgemäße Frage.
Storch und Frösche.
Die Lehr' davon? — Der Ucbermuth
Thut selbst bei Fröschen niemals gnt.
Reith er.
Nur so ein wenig promeniren
Und — wie's der Franzmann nennt — flaniren-
D'rauf, als auch dieß er hat genug,
Das eine Bein hinaus er schlug,
Und auf dem andern unverrückt
Er stand, das Haupt hinabgebückt.
Die Stellung nahm er immer ein,
Wenn recht behaglich er wollt' sein.
Da kamen aus dem Wiesengrund
Zwei Frösche jung heran zur Stund'.
Kaum wurden sie den Storch gewahr,
So fing zu lachen an das Paar.
Und einer spricht — er könnt' vor Lachen
Kaum zu das Maul, das breite, machen —
„Nun seh' mir Ein's das Wunder an!
Der Kerl hat nicht 'nmal Hosen an.
G'rad wie ein Stecken ist sein Schnabel,
Macht er ihn auf, ist's eine Gabel.
Und seine Farbe nun erst gar.
Die ist zum Lachen offenbar:
Schwarz wie der Ruß und weiß wie Schnee,
Wie paßt das zu dem grünen Klee?
Ich acht', es ist, so weit man schaut,
So seltsamlich kein Thier gebaut.
Nun aber — scheint es — schläft er gar,
Da hat das Nähern nicht Gefahr;
D'rum laß', um ihn recht zu bcseh'n.
Uns ganz in seine Nähe geh'n!"
Sie thatcn's, aber — klippe klapp,
Schlang sie der alte Storch hinab.
• * *
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Erschrecken Sie nicht über diesen Titel! Es ist durchaus
nicht meine Absicht, Sie in längst vergangene Jahrhunderte und
in die langweilige Gesellschaft jenes ernsten Volkes zu versetzen,
dessen Thaten und Gedanken ohnehin jeder „Gebildete" in
seiner Jugend zur Genüge vom Lateinischen in's Deutsche und
wieder zurück übersetzt hat! — Nein, unser Held trägt keine
Toga; er ist der Commerzienrath Siegfried Silberbach, einer
der bedeutendsten Banquiers in einer großen norddeutschen Handels-
stadt, und in dem Augenblicke, in dem ich das Vergnügen habe, ihn
vorzustellen, sitzt er mit seiner hübschen jungen Gemahlin, Beide
in tadellos moderner Toilette, im Fond seines eleganten Wagens-
— Die Herrschaften sind auf der Rückfahrt von einer glänzenden
Soirse begriffen. Die Gnädige scheint verstimmt zu sein; ihr
kostbarer Spitzenfächer wird ohne sichtbaren Grund beständig in
etwas akuter Weise auf- und zugeklappt, und der Herr Gemahl,
der auf einige unbefangene Frag.cn etwas knappe, abweisende
Antworten erhalten, bemüht sich vergebens, in feinem Sünden-
register einen Grund für die schlechte Laune seiner bessern Hälfte
„Was studiren Sie denn eigentlich?" — „Theologie!"
„Mit oder ohne Reichsfcindschaft?"
Storch und Frösche.
Ein alter Storch spaziert' einmal
Wohl auf und ab im Wiesenthal;
Er wollt' nicht eben was erjagen —
Denn reichlich war gefüllt sein Magen —
Vielmehr, weil gar so schön der Tag,
Wollt' er, vergessend aller Plag',
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zeitgemäße Frage" "Storch und Frösche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1627, S. 102
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg