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Herbst-Aquarelle.
Es streicht der Wind durch' s feuchte Thal,
Der Nebelschleier reißt und bricht.
Es blickt dahinter träumerisch
Hervor ein bleiches Angesicht!
Was springst du nun so schreckhaft.
Und voll Entsetzen auf?
Was hältst du gar gerichtet
Den Fuß zu flücht'gem Lauf?
Ich kenne dich, du Schmerzensweib!
Du warfst dich oft an meine Brust!
Du bist die Wehmuth! Komme denn!
Ich weiß, zu Ende geht die Lust!
n.
Das Vöglein flattert durch den Wald,
Es ruft: Ade! Ade!
Und immer leiser wird der Ruf,
Denn „Scheiden, es thut weh!
Der Ruf er ging durch Mark und Bein
Manch schönem, stolzem Baum,
Es fröstelt ihm, er schüttelt sich,
Als schreckte ihn ein Traum.
Und seinen Armen manches Blatt
Jn's feuchte Moos entfällt.
Und manche Frucht, die hastig folgt.
Auf hartem Stein zerschellt.
Der Morgen graut: „Es kann nicht sein!
Das Vöglein war verrückt!
Beginnen wird der alte Sang,
Der Wald und Flur entzückt!"
Doch über Waldes Wipfeln rauscht
Es geisterhaft dahin,
Man sieht der Sänger Wanderschaar
Nach fernen Landen zieh'n.
Und aus den Lüften klagt's herab:
„Du schöner Wald, ade!"
Der aber flüstert vor sich hin:
„Wie thut doch Scheiden weh!" —
III.
Im tiefsten Waldesdunkel
Die Nymphe sitzt und sinnt.
Es ist, als ob sie lauschte.
Wie Sommers Sanduhr rinnt.
O sprich, was ist dein Antlitz
So traurig und so bleich?
Was ängstigt deine Seele,
Die erst noch freudenreich?"
Da fährt sie auf, — ein Klopfen
Es dringt ihr an das Ohr!
Sei unbesorgt, nur Futter
Schlägt Meister Specht hervor.
Wohl hör' ich's leise rascheln
Auf fahlem Blätterweg,
Ein Reh ist's nur, ein scheues.
Erforschend das Geheg.
„Das ist des Herbstes Schreiten!
Ich kenne seine Art,
Die Art des wilden Burschen
Mit struppig-rothem Bart!
Nicht laß' ich mich umfassen
Von seinem kecken Arm!
Ade! Nun heißt es fliehen,
Ach, daß sich Gott erbarm!" —
Die Holde ist entschwunden, —
Noch glänzt ihr Haar im Wind,
Doch bald die süßen Spuren
Von ihr verloren sind!
Und als der kecke Bursche
Den ganzen Wald durchspäht,
Und nirgends fand die Nymphe,
Sein Zorn zu Kops ihm geht.
Er rüttelt so wie rasend
An jedem grünen Baum,
Durchfegt mit starrem Besen
Den allerkleinsten Raum.
Und wenn am nächsten Morgen
Die Sonne leuchten geht,
Der schöne Wald — entblättert.
Ein Bild der Trauer steht! ....
_ Dr. Märzroth.
Stein des Anstoßes.
Herbst-Aquarelle.
Es streicht der Wind durch' s feuchte Thal,
Der Nebelschleier reißt und bricht.
Es blickt dahinter träumerisch
Hervor ein bleiches Angesicht!
Was springst du nun so schreckhaft.
Und voll Entsetzen auf?
Was hältst du gar gerichtet
Den Fuß zu flücht'gem Lauf?
Ich kenne dich, du Schmerzensweib!
Du warfst dich oft an meine Brust!
Du bist die Wehmuth! Komme denn!
Ich weiß, zu Ende geht die Lust!
n.
Das Vöglein flattert durch den Wald,
Es ruft: Ade! Ade!
Und immer leiser wird der Ruf,
Denn „Scheiden, es thut weh!
Der Ruf er ging durch Mark und Bein
Manch schönem, stolzem Baum,
Es fröstelt ihm, er schüttelt sich,
Als schreckte ihn ein Traum.
Und seinen Armen manches Blatt
Jn's feuchte Moos entfällt.
Und manche Frucht, die hastig folgt.
Auf hartem Stein zerschellt.
Der Morgen graut: „Es kann nicht sein!
Das Vöglein war verrückt!
Beginnen wird der alte Sang,
Der Wald und Flur entzückt!"
Doch über Waldes Wipfeln rauscht
Es geisterhaft dahin,
Man sieht der Sänger Wanderschaar
Nach fernen Landen zieh'n.
Und aus den Lüften klagt's herab:
„Du schöner Wald, ade!"
Der aber flüstert vor sich hin:
„Wie thut doch Scheiden weh!" —
III.
Im tiefsten Waldesdunkel
Die Nymphe sitzt und sinnt.
Es ist, als ob sie lauschte.
Wie Sommers Sanduhr rinnt.
O sprich, was ist dein Antlitz
So traurig und so bleich?
Was ängstigt deine Seele,
Die erst noch freudenreich?"
Da fährt sie auf, — ein Klopfen
Es dringt ihr an das Ohr!
Sei unbesorgt, nur Futter
Schlägt Meister Specht hervor.
Wohl hör' ich's leise rascheln
Auf fahlem Blätterweg,
Ein Reh ist's nur, ein scheues.
Erforschend das Geheg.
„Das ist des Herbstes Schreiten!
Ich kenne seine Art,
Die Art des wilden Burschen
Mit struppig-rothem Bart!
Nicht laß' ich mich umfassen
Von seinem kecken Arm!
Ade! Nun heißt es fliehen,
Ach, daß sich Gott erbarm!" —
Die Holde ist entschwunden, —
Noch glänzt ihr Haar im Wind,
Doch bald die süßen Spuren
Von ihr verloren sind!
Und als der kecke Bursche
Den ganzen Wald durchspäht,
Und nirgends fand die Nymphe,
Sein Zorn zu Kops ihm geht.
Er rüttelt so wie rasend
An jedem grünen Baum,
Durchfegt mit starrem Besen
Den allerkleinsten Raum.
Und wenn am nächsten Morgen
Die Sonne leuchten geht,
Der schöne Wald — entblättert.
Ein Bild der Trauer steht! ....
_ Dr. Märzroth.
Stein des Anstoßes.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Stein des Anstoßes"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1634, S. 158
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg