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i spitzten bei dem Wort die Ohren.) „Die Geldgurt muaß aber
wieder her!" sagte der Posthalter, „die suacht ma', und wenn
nit no' heut, doch morgen in aller Früh!" (Die Bauern
spitzten die Ohren abermals und durch die zweite Spitzung
wurden sie noch länger.)

Ein Bauer schrie Dom Ofentisch dem Posthalter zu, er
, wolle bezahlen; der Zweite, Dritte schrie ebenfalls. Der

j Posthalter machte die Rechnung und die Bauern gingen vom
! Ofentisch nach und nach Alle davon; sogar an den andern
Tischen waren nach einer halben Stunde sämmtliche Gäste ver-
schwunden. — Die rasche Entfernung fiel dem Posthaltcr doch
etwas auf, allein es war bereits über zehn Uhr und getrunken
hatten seine Gäste so ziemlich genug.

„Nun," sagte der Lämmlewirth, „jetzt bringst Du a' frische
Flasch' rothen Achtzehner an da Ofatisch, da nemmet jetzt wir
1 Platz!" und lächelte recht vergnügt dem Posthalter in's Gesicht.

„Ja, was hoißt dös?"

„Jetzt wär' die Sach' wieder in Ordnung," war die Antwort
des Lämmlcwirths. „Den Platz Hab' i' wolle, und Deine Rind-
Viecher von Baura solle leba; i' Hab' se wcgbracht, denn die
Kerle laufa jetzt scho' 'naus und suacha die Geldgurt, dia i'
no' am Leib' Hab'! Denn sieh', Posthaltcr, eh' i' d' Gurt ver-
lier', müaßt i' ja d' Hosa verliera und dös kommt net vür, auch
wenn i' da gröschta Haarbeutel hält', oder a Voll, wia der
Schuttes sagt!"

„Ja was", sagt der Posthalter, „also Dei G'schicht mit
der Gurt war nur a' G'schpaß?"

,,A' G'schpaß," sagt der Lämmlewirth, „und wcnnt mit
auf Dei Kornhaus gehst, do wolle wer gega Ulm seha und i'
sag' Dir, die Rindviechcr suacha dort den Schatz!"

Sie gingen hinauf und richtig bewegten sich in Sturm

und größtem Regen dunkle Schatten mit Laternen, deren Be-
sitzer wirklich vor einer Stunde noch auf der Post waren. Die
beiden Freunde plauderten sich geraume Zeit aus, denn sie
zählten gegen dreißig solcher gcldsüchtiger Gestalten und zwar
darunter reiche Bauern im Dorfe. — „Wettermutterlaugen-
sackerment!" sagte der Posthalter, und dicß Sprüchwort wieder-
holte er noch öfters, „so en Spaß Hab' i' no' net bald erlebt!
Komm', Freund, jetzt bischt mar net um oin Oimer Wein feil!"

Die Freunde gingen zurück in's Gastzimmer und manche
Flasche wurde noch getrunken. Am andern Morgen wurde des
Lämmlcwirths Fuhrwerk eingespannt; herzlich nahmen beide Spetzi
von einander Abschied, und bei'm Wegfahren rief der Lämmle-
wirth noch dem Posthalter zu: „Wenn Deine Albaflögel mi'
wieder wecke wollte' wege dem Mäha, so sag' ihne, des dürfat
se, denn Rindviecha gibt's au' g'nug auf der Alb, und di
könnet Heu braucha!"

Der lustige Lämmlewirth lebte noch viele Jahre, wurde aber
nie mehr von den Bauern der schwäbischen Alb in seiner Nacht-
ruhe gestört! — _ ^ ^

Kin dermärchen.

In meinen Kindertagen
Zu abendlicher Stund'

Wie hing ich mit Behagen
An meiner Mutter Mund.

Die Lampe düster brannte
Und Mütterchen begann:

„Im fernen Morgenlande
Da war einmal ein Mann". . .

Sic wußte zu berichten
Vom Zauberschloß im Berg,

Und lustige Geschichten
Vom Riesen und vom Zwerg;

26*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Wirth zum goldenen Lämmle und die Bauern von der schwäbischen Alb"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Posthalter
Mann <Motiv>
Unzufriedenheit
Verlust
Habsucht
Suche <Motiv>
Regen <Motiv>
Lüge
Täuschung
Landstraße
Gespräch <Motiv>
Schläue
Geldbörse
Bauer
Karikatur
Lauschen
Menschenmenge <Motiv>
Laterne <Motiv>
Gaststätte
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1640, S. 203

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