Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Gartenkunst — 9.1907

DOI Artikel:
Ross: Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des niedersächsischen Bauerngartens
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0250

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
244

DIE GA RTENKUNST

IX, 12

Hecke eines Bauerngartens aus der Nähe von Sulingen (Prov. Hannover).

Beitrag zurEntwickelungsgeschichtedes nieäersäcMscheil Wendung, sofern er in reicherem Mafse vorhanden ist,
Bauerngartens. der im Interesse der leichten Bewirtschaftung und guten

Von Gartenarchitekt Rofs.

Ausnutzung getroffenen Anordnung an, indem die Wege
seitlich von Beetstreifen hegleitet sind, welche dem Schmuck

Die Geschichte der Gartenkunst unterscheidet eine des Gartens, den Blumen, eingeräumt sind,

ganze Anzahl von Stilarten, angefangen beim babylonischen Das ist der unverfälschte Typus nicht nur des nieder-

und ägyptischen, bis zum modernen oder deutschen, sächsischen, sondern des Bauerngartens in fast aller

wie ihn der Franzose in ehrlicher Anerkennung der tüch- Herren Länder. Was dazu kommt, was aufserdem im

tigen Arbeit der jungdeutschen Landschaftsgärtner viel- Garten vorhanden ist, kann erst das Besondere des nioder-

fach nennt. Aber der typische Garten des niederdeutschen sächsischen Gartens ausmachen.

Bauern gehört keiner dieser Stilarten an. Sein Grundzug Ich bemerke von vornherein, dal's dieses Besondere,
ist fast durchweg die Zweckmäfsigkeit der Anlage zur welches wir nicht selten finden, nicht das geistige Eigon-
Erfüllung seiner wirtschaftlichen Aufgaben, er ist die tum des niedersächsischen Bauern ist, es ist nicht Heimat-
Quintessenz des Nützlichkeitsprinzipes, und wenn man kunst, die aus der eigenen Scholle emporwächst und des-
seinem Wesen eine Stilbezeichnung geben soll — die halb eine einheitliche Wirkung erzielt, sondern es ist
moderne wissenschaftliche Methodik will es ja so — dann entlehnt. Aber es ist einem stammverwandten Volke
könnte man den Stil des niedersächsischen Bauerngartens entlehnt, das seinerseits die Anregung zu seinem Schaffen
vielleicht den „Utilitätsstih' nennen, und würde damit dem französischen Gartenstil dankf. Das was nun zu-
allerdings weniger vornehm sprachdeutsch, aber um so meist im niedersächsischen Bauerngarten auffällt, sind
treffender sein Wesen gekennzeichnet haben. Rudimente, Fragmente des holländischen Gartenstiles. Und

Das nüchterne Prinzip der Nützlichkeit wünscht vor- es sind nur recht dürftige, verstümmelte Reste,

nehmlich eine bequeme Einteilung des Gartens, die am Bekanntlich griffen die Holländer seinerzeit die Ideen

besten durch gerade, sich senkrecht schneidende Wege des französischen Gartenstils auf und modifizierten sie,

erzielt wird. Je kleiner der Besitzer, je ärmer an Land- indem sie diese ihren Verhältnissen anpäfsten. Der Mangel

besitz, um so ängstlicher die Ausnutzung des Bodens und an Grofsgrundbesitz drückte zunächst den Umfang der

um soviel schmaler die Wege, um so geringer die Fläche, Anlagen, die meistens sogar nur in sehr bescheidenen

die der Ziergärtnerei, der Amme der Gartenkunst, ge- Grenzen gehalten waren, die langen, mit architektonischem

widmet werden kann. Ausbau und Wasserkünsten groi'sartigen Umfanges ver-

Diesem Prinzip entspricht das Aussehen des Gartens sehenen Bassins wichen Wassergräben, und was dadurch

und der Blumenschmuck schliefst sich in seiner Ver- an Großzügigkeit und vornehmer Wirkung verloren ging,
 
Annotationen