Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 9.1907

DOI Artikel:
Heicke, C.: Städtische Mietgärten in München, [1]: nach Mitteilungen vom Städt. Bauamtmann L. Schachner München
DOI Artikel:
Das Rosenfest zu Mannheim
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0172

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
166 DIE GARTENKUNST TX, 8

Während die Leipziger Schrebergärten den Bindruck
des Stabilen, des für längere Zeit geschaffenen machen
und auch die besondere gemeindliche Fürsorge erkennen
lassen, erscheinen die Berliner Mietgarten anlagen in der
Mehrzahl, insbesondere soweit sie nächst der Be-
bauungsgrenze der Stadt liegen, als Provisoria. Die
Berliner Mietgärten, unter dem Namen der Lauben-
kolonien weit und breit bekannt, sollen ihre Entstehung
nach einer Notiz in der Berliner Zeitschrift „Der Lauben-
kolonist" (1905, Seite G7) einer in früherer Zeit (den
Griinderjahren) bestehenden Wohnungsnot verdanken,
welche eine Reihe Wohnungsloser veranlaßt haben soll,
vor der Stadt auf freiem Felde Buden zu errichten und
dort zu kampieren. Die Laubonkolonien sind in erster
Linie Arbeitergärten, sie haben nicht den bürgerlichen
Anstrich der Leipziger Schwesteranlagen. Ihr Hauptzweck
scheint auch hauptsächlich im Nutzbau zu liegen.

Wer mit der Berliner Stadtbahn den Nord- und Süd-
ring befährt oder mit den Vorortzügen dem Lärm der
Stadt entflieht, sieht zu beiden Seiten, in der Mehrzahl
jedoch auf der der Stadt abgewendeten Seite, große Ge-
ländeflächen mit kleinen Gartenanlagen, den Laubenkolonien-
bebaut. So befinden sich solche u. a. in größerer Aus,
dehnung besonders an den Außenseiten der Ringstrecke
zwischen Bahnhof Landsberger Allee und Bahnhof Weißen*
see, sowie bei Rummelsburg. Die meisten dieser Kolonien
sind auf privaten Grundstücken, ein verhältnismäßig ge-
ringer Teil auf Ländereien der Stadt Berlin angelegt; im
ganzen sind zurzeit zirka 150 ha Terrain mit Lauben-
kolonien bebaut. Die Stadtgomeindo Berlin befaßt sich
nicht mit der Anlage und dem Betriebe von Mietgarten-
anlagen, sondern sie verpachtet nur zu diesem Zwecke
geeignetes Ackerland an Privatunternehmer mit der Befugnis
zur Weiterverpachtung und zur Einrichtung der Lauben.
Diese Pachtverträge werden von der Stadt nur auf drei
Jahre abgeschlossen. Es bestehen spezielle allgemeine
Pachtverträge, welchen in der letzten Zeit besondcrsnoch eine
Bestimmung dahingehend beigefügt wurde, daß auf den
Gartenplätzen keine Spirituosen feilgeboten werden dürfen
und auch seitens der Pächter in keiner Weise ein Druck
auf die Unterpächter bezüglich der Abnahme geistiger Ge-
tränke ausgeübt werden darf. Die Verpachtung der Lände-
reien mit der Erlaubnis zur Einrichtung von Lauben-
kolonien erfolgt durch öffentliche Ausbietung oder auch
in engerer Konkurrenz unter bekannten und geeigneten
Unternehmern unter möglichstem Ausschluß von Schank-
wirten. Mit den Versteigerungen hat die Stadtgemeinde
ein einträgliches Geschäft gemacht, da sie mehrfach den
fünffachen Betrag des Pachtzinses für gewöhnliches Acker-
land erzielte.

Meistenteiis übernimmt ein Generalpächter das ganze
ausgebotene Terrain, teilt es auf, stellt Wege, Brunnen
und Umzäunungen (meistens Drahtnetzumzäunungen) usw.
her und vergibt nach Wunsch kleinere oder größere Par-
zellen an Unterpächter ab. Die Größe der Gärtchen
schwankt zwischen 20-30 □ R = 300 bis 450 qm.
Gleichwie dies in Leipzig der Fall ist, sind auch hier in
in den meisten Gärten Hütten und Lauben errichtet (man

sieht auch alte Eisenbahnwagen und Omnibusteile zu
Hütten umgestaltet); besonders fällt die große Zahl von
Fahnenstangen auf, an welchen Fahnen und Wimpel aller
Art meist mit Bezug auf den Namen der jeweiligen Kolonie
flattern. Die Abgrenzung der einzelnen Gärtchen ist
gegen'die Wege zu fast durchweg durchgeführt, zwischen
den Gärten fehlen jedoch Abgrenzungen und Zäune des
öfteren. Wie bereits erwähnt, beschäftigen sich die Kolo-
nisten meistens mit Gemüsebau. Größere Bäume und
Strauchgruppen fehlen, was besonders auf die bereits ein-
gangs erwähnte Veränderlichkeit der Anlagen zurückzu-
führen ist. Nach Aussage von Kolonisten verwenden diese
die Produkte der Gärten zum Teil für sich selbst, zum
Teil verkaufen sie dieselben und erzielen hiermit sehr
gute Einnahmen. Dio Pachtpreise für die Quadratrute
schwanken je nach der Lage und voraussichtlichen Dauer
des Bestandes der Kolonien zwischen 30 und 60 Pfg., be-
rechnen sich sonach für den Quadratmeter auf zirka 2 bis
4 Pfg. Hierbei muß allerdings erklärend beigefügt sein,
daß die ganze Ausgestaltung nach der Lage der Verhält-
nisse wesentlich primitiver als in Leipzig ist und daß bei
der Preishöhe speziell die kurze Verwendungsdauer der
Gärten von nicht unwesentlichem Einfluß ist.

Noch mehr als in Leipzig spielt die Geselligkeit und
das Vereinsleben bei den Berliner Kolonien eine Rolle,
was insbesondere aus den vielen Versammlungsberichten
in der Vereinszeitschrift „Der Laubenkolonist" ersichtlich
ist. Erntefeste, Ausstollungen der Gartenprodukte, Tanz-
feste, besonders aber auch Wirtschaftsfragen führen die
Laubenkolonisten zusammen.

Während eine große Zahl der Laubenkolonien die
Vorläufer der fortschreitenden Ausdehnung der Bebauung
der Umgebung Berlins und seiner Vororte sind — solche
Anlagen befinden sich oft unmittelbar neben Neubauten
oder Terrains, welche für die Bebauung bereits vorbereitet
sind —, hat neben einigon anderen großen Kolonien be-
sonders ein Zweigverein dos Roten Kreuzes, clor Vater-
ländische Frauenverein Charlottenburg, große Anlagen von
Arbeitergärten auf Ländereien errichtet, welche vom Magist-
rat der Stadt Charlottenburg, zu äußerst günstigen Be-
dingungen gopachtet wurden. Diese liegen im Westend
an der Kaiserin Augusta-Allee, sowie der Osnabrücker
Straße, die größten und bestausgestatteten in der Jungfern-
heido. (Fortsetzung folgt.)

Das Rosen fest zu Mannheim.

Im Nibelungensaal des städtischen Rosengartens ver-
anstaltete Mannheim am 22. Juni d. Js. — um dio Zeit
der Sommersonnenwende — ein Festspiel in großem Stil,
wie es wohl in gleichem Rahmen selten abgehalten wird:
ein Rosenfest. Sein Grundgedanke war: Mit Reigen und
Gesängen huldigen die Rosen ihrer Königin. Fanfaren
kündeten ihr Erscheinen an und ein reiches Gefolge führte
sie nach dem Königsthron in der Mitto des Podiums.
Schäfer und Schäferinnen — liebliche Kindergruppen —
begannen dio Huldigung; rote und weiße Rosen und Rosen-
 
Annotationen