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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

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Bredt, Ernst Wilhelm: Wie Frankreichs Kunstgewerbe führend wurde: eine zeitgemässe Lehre für uns
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https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0092

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72

INNEN-DEKORATION

»STANDUHR«
ENTW. ARCHIT.
E. KLAUS-WIEN.
AUSFÜHRUNG!
E. WAHLISS-WIEN.

WIE FRANKREICHS KUNSTGEWERBE FÜHREND WURDE

EINE ZEITGEMÄSSE LEHRE FÜR UNS.

Wohin geht nun der Weg? Wohin will diejenige
kunstgewerbliche Generation, der die Zukunft ge-
hört ? Was ist ihre Hoffnung ? Will sie wieder ein Neues ?
Mir scheint die junge Generation will etwa dasselbe
wie die ältere, die die große Revolution im Kunstgewerbe
gewollt und zur Tat umgesetzt hat. Das Ziel Aller
ist eine große deutsche Kunst der Wohnung, des Hauses.
Niemand will und niemand kann leugnen, daß die deut-
schen Künstler des Hauses die letzten Jahrzehnte
bestens genützt, daß sie zäher, zielbewußter, einheitlicher
als Franzosen, Engländer, Italiener gearbeitet haben für
eine neue nationale Form. Es muß aber andererseits
auch echt deutsch genannt werden, wenn nun Geister
und Richtungen auftauchen, die mit den gefährlichsten
Theorien der Entwicklung Einhalt zu gebieten sich ver-
pflichtet sehen. — Anstatt, daß man ganz allgemein sagen
hörte, unser Weg war der rechte — schaffen wir ruhig
und ernst weiter; wird in Schulen und Vereinen dem
Worte das Wort geredet, werden Theorien verfochten,
die jeder geschichtlichen Erfahrung widersprechen, wird
mit einem Worte auf einmal mehr an engherzigste ästhe-
tische Dogmen geglaubt, als an den goldenen Boden der
steten Arbeit. — Diese Theorien sind eine Gefahr.

Mehr als ein Künstler ist trotz allen Könnens zugrunde
gegangen, weil er mehr Worten und Meinungen sich hin-
gab als der stillen Arbeit in der Werkstatt. — Statt aber
hier die mancherlei Theorien zu kritisieren, will ich kurz
an eine große Zeit erinnern, die groß wurde, weil sie
arbeitete mit allen Kräften, mit allen Persönlichkeiten für
den künstlerischen Ruhm des Vaterlandes. — Das ist die
Zeit Ludwigs des Vierzehnten von Frankreich — und

seines größten Dekorateurs Charles Lebrun. — Schon
längst beherrschte unsere Regierungsstellen ganz dasselbe
Programm wie die Regierung von damals: Alles was
der Staat unternimmt oder unterstützen soll, muß auch
künstlerisch so gut ausgeführt sein, daß es durch seine
Form auch fremde Staaten und Menschen gewinnt. Das
aber war auch das Prinzip der Architekten, Ingenieure,
Kunstgewerbler des letzten 17. Jahrhunderts.

So verbindet derselbe Wille den Staat des extremsten
Absolutismus mit dem modernen deutschen, durch und
durch sozial beherrschten, konstitutionellen Staat. —
Doch das wäre nicht genug, um die Arbeitswege jener
Zeit der unseren als best gangbare vorzuschlagen. —
Gemeinsam ist beiden, so weit auseinanderliegenden
Zeiten, der glänzende wirtschaftliche Aufschwung. Wie
jener oft als Leichtsinn getadelte Luxus der Hofhaltung
des Königs Ludwig in der Tat nur Resultat langen glän-
zenden wirtschaftlichen Aufschwungs war, so durften
wir uns in den Jahrzehnten des Friedens eines Wohl-
stands erfreuen, über dessen Größe erst die Opfer der
Kriegsjahre uns die Augen geöffnet haben. — Und wer
will glauben, daß dieser wirtschaftliche Erfolg nun hinter
uns läge ? Wer kann anderes — nach wenigen Jahren —
erwarten, als daß der Ruhm von Deutschlands innerer
Kraft und Schulung sich bald in größten Erträgnissen aus
dem Weltverkehr fühlbar macht? — Nur wenn das nicht
wäre, wäre der Hinweis auf die alten bewährten kunst-
gewerblichen Wege Frankreichs überflüssig. — Was war
nun eine der wichtigsten und glücklichsten Taten eines
Lebruns, des eigentlichen Schöpfers des Stiles Louis XIV. ?
— Er machte die Künstler frei von der Zunft und führte
 
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