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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Schumann, Paul: Die dritte deutsche Kunstgewerbeausstellung Dresden 1906, [3]: Raumkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0236

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DIE DRITTE DEUTSCHE KUNSTGEWERBEAUSSTELLUNG

DRESDEN 1906

Von Paul Schumann-Dresden
II. RAUMKUNST: SÄCHSISCHES HAUS — MASCHINENMÖBEL -- KUNSTINDUSTRIE

EINEN bedeutsamen Anteil an der Abteilung
Raumkunst hat die Dresdener Künstlerschaft.
Als Veranstalterin der Ausstellung hatte sie ja
besonderen Grund, nicht zurückzustehen hinter den
starken Anstrengungen der übrigen deutschen Kunst-
städte, und die selbstverständliche Verpflichtung, zum
Gelingen des Unternehmens aus allen Kräften bei-
zutragen. Das hat sie denn auch mit hoch aner-
kennenswerter bereitwilliger Unterstützung von Kunst-
handwerkern und Kunstindustriellen getan, und zwar
mit großem Erfolg. Die Anmeldungen von auswärts
waren so stark, daß die Dresdener Künstler im Haupt-
gebäude kein Unterkommen mehr finden konnten,
und zu dem Aushilfsmittel eines besonderen sächsi-
schen Hauses greifen mußten, dessen Äußeres wir ja
schon in unserem ersten Aufsatze geschildert haben.
Dieses reizvolle Haus von Wilhelm Kreis ist in der
Hauptsache ausgestattet worden nach dem Grund-
gedanken, daß es ein Klubhaus oder die Wohnstätte
eines reichen Kunstfreundes darstellen könnte. Die
Räume umschließen einen Garten, durch den man
zunächst in das Vestibül gelangt. Die Raumanord-
nung, besonders der obere Umgang in seiner be-
stimmten und doch gefälligen Einteilung, sodann die
Ruhe und Zurückhaltung in dem ganzen Entwurf
zeigen den umsichtigen Künstler, der uns schon beim
Eintritt zu fesseln und auf das Kommende vorzu-
bereiten weiß. Vortreffliche Wandgemälde von Richard
Guhr, die sich dem Charakter des Raumes sehr gut
anpassen, und ein keusch empfundener Brunnen von
Peter Pöppelmann schmücken das Vestibül. In treff-
licher Steigerung schließen sich an das Vestibül eine
Rotunde mit Oberlicht, der Gemäldesaal, die Porzellan-
galerie und die Bibliothek, die sämtlich von Kreis
sozusagen als offizielle Zimmer entworfen worden
sind. Er hat hier sein hervorragendes Können in-
sonderheit als Schöpfer von Räumen bestätigt: eine
starke, doch nicht über den Zweck hinausgehende
Wirkung geht von den schönen Verhältnissen und
der klaren, doch nicht strengen Anordnung aus, und
ein Gefühl freien Behagens überkommt den Eintreten-
den angesichts der vornehmen und sicheren Beherr-
schung aller architektonischen Mittel. In der Rotunde
ist für die wundervolle Gestalt des jugendlichen David
von dem allzu früh verstorbenen Bildhauer August
Hudler ein Raum geschaffen worden, worin dieses
Werk in ausgezeichneter Weise zur Geltung kommt;
Karl Groß hat dazu einen sich vorzüglich anschmiegen-
den Brunnensockel geschaffen; die beiden Giganten
Hugo Lederers vom Hamburger Bismarckdenkmal und
sein Fechter, sowie die vortrefflichen Büsten von
Georg Wrba und Alexander Oppler — alles das ist
mit einheitlichem Willen gewählt und in den Raum

Kunstgewerbeblalt. N. F. XVII. H. II

gefügt, der etwas von michelangelesker Kraft um-
schließt.

In der Kunstabteilung — in grau und weiß —
ist eine kleine, auserlesene Sammlung von Gemälden
untergebracht, die hier nicht minder gut zur Geltung
gebracht wird, wie das Porzellan der Meißener Manu-
faktur in der nun folgenden langen, lichten Porzellan-
galerie, die mit einem Stichbogengewölbe in Stuck
überspannt ist. Die Bibliothek sodann, deren Wände,
Decke und hohe Möbel ganz in rötlich schimmerndem
Eichenholz gehalten sind, wirkt ebenso stattlich als
Raum wie bequem und einladend zur Benutzung,
während die Möbel mit Geschmack eigenartig und
materialgerecht entworfen sind. Ein farbiges Glas-
fenster mit Darstellung nordischer Götter vom Maler
Josef Goller stilgerecht und interessant entworfen,
paßt sich dem Zimmer trefflich ein. Als private
Leistungen bringt Kreis ferner noch einen prachtvollen
runden Musiksalon, ausgeführt von den Dresdener
Werkstätten für Handwerkskunst, sowie ein Herren-
zimmer in Nußbaum von Heinrich /7c£/f/--Hainsberg.
Die Wände des Salons sind ganz mit hellem Björk-
holz verkleidet, die Möbel und vor allem der Flügel
in mattem Polisanderholz, ein wahres Prachtstück der
Firma Ibach-Barmen, sind mit reicher Intarsienarbeit
ausgeschmückt, und der Fußboden ist in reicher Par-
kettierung aus Esche, Nußbaum und Polisander (von
der Vereinsparkettfabrik Lange-Dresden) ausgeführt,
eine wahre Schwelgerei in schönen Hölzern. Aller-
dings würde der Raum ruhiger wirken, wenn das
Parkett in einem einzigen Tone gehalten wäre. Aber
man bewundert von neuem die Fülle selbständiger
Formen, die Kreis' schöpferische Kraft hier wieder
hervorgebracht hat, und die noch in zahlreichen
weiteren Einzelheiten zutage tritt, z. B. in einer ganz
originellen Porzellankrone für elektrisches Licht, aus-
geführt von der Meißener Manufaktur, in dem Kamin
aus Saalburger Marmor, der Stuckdecke usw. Auch
das Herrenzimmer endlich ist wieder sehr geschickt
als Raum ausgebildet und bietet treffliche bequeme
Möbel. Ein originell aufgebauter grün und weißer
Kachelofen mit einem Einsatz, der die Kuppel der
Dresdener Frauenkirche inmitten roter Dächer zeigt,
eine Stuckdecke mit grünumrissenen Pflanzenorna-
menten (Firma Lauermann in Detmold) und zahlreiche
andere Einzelwerke verstärken den Eindruck des
Raumes, der in heiterer Schönheit erstrahlt.

An diese Kreisschen Räume schließen sich zahl-
reiche andere von hervorragenden Dresdener Künst-
lern, so von William Lossow, dem neuen Direktor
der Kgl. Kunstgewerbeschule, ein ungemein behag-
liches, prächtiges Jagd- und Spielzimmer, ganz in
Mahagoni mit Gewehrschrank und Geweihen, Billard,

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