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Winghart, Stefan [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Kaspar, Fred [Bearb.]; Gläntzer, Volker [Bearb.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Kaspar, Fred: Einleitung: Güter, Pachthöfe und Sommersitze : Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0015
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Güter, Pachthöfe und Sommersitze
Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land

In den folgenden Beispielen wird das Baugeschehen
auf solchen ländlichen Betrieben behandelt, die nicht
als „normale" Bauernhöfe gelten; Damit ist die These
in den Raum gestellt, dass die Bauherren dieser Bau-
ten nicht zu den Bauern zu rechnen sind. Daher ist
danach zu fragen, welche weiteren Sozialgruppen auf
dem Lande auch noch wirtschaftlich handelten und
landwirtschaftliche Bauten errichteten. Die einzelnen
Beiträge des Sammelbandes behandeln ein breites
gesellschaftliches Spektrum, sowohl was die Besitzer
als auch was die Nutzer der betrachteten Bauten
betrifft. Ebenso vielfältig ist das Spektrum unter-
schiedlicher Nutzungen dieser Bauten. Die Beiträge
stellen Bürger, Beamte sowie in der Stadt oder auf
dem Land lebende Adelige, aber auch den ritter-
schaftlichen, höheren Adel oder adelige bzw. bürger-
liche Stiftsdamen als Betreiber der landwirtschaftli-
chen Betriebe in den Mittelpunkt ihrer Betrachtun-
gen.
Die einzelnen Beiträge des Bandes wurden in zwei
großen Gruppen der adeligen und bürgerlichen Güter
unterteilt. Innerhalb dieser beiden Betreibergruppen
wurden die einzelnen Beiträge soweit möglich so
geordnet, dass eine chronologische Entwicklung der
baulichen Zeugnisse und der wirtschaftlichen Ver-
hältnisse erkennbar wird. Hierdurch sollte es dem
Leser ermöglicht werden, durch Vergleiche Entwick-
lungslinien erarbeiten zu können.
Diese sicherlich plakative Unterteilung erschien sinn-
voll, um die angesprochenen Fragestellungen und vor
diesem Hintergrund entwickelten neuen Thesen und
Ergebnisse deutlicher herausarbeiten zu können: Auf
der einen Seite stehen die Güter im engeren Sinne,
landwirtschaftliche Betriebe der Adeligen im An-
schluss an ihre Burgen und Schlösser und auf Vor-
werken sowie die landwirtschaftlichen Betriebe der
Klöster. Auf der anderen Seite gab es aber auch eine
erstaunlich große Zahl von landwirtschaftlichen
Betrieben, die von in der Stadt Lebenden unterhalten
wurden. Wenn sich damit eine bislang kaum in den
Blick geratene Gruppe von städtischen, fern ihrer
Betriebe lebenden „Unternehmern" abzeichnet, stellt
sich zugleich auch die Frage, was die Motive für ihre
Investitionen waren und wie und von wem sie ihre
landwirtschaftlichen Betriebe bewirtschaften ließen.
Um Vergleichsmöglichkeiten auch unter einer regio-
nalen Perspektive aufzuzeigen, folgt hier eine kurze
Übersicht, die die behandelten Objekte jeweils den
regionalen Oberzentren zuordnet und zugleich auf
funktionale Vergleichsmöglichkeiten hinweist.
Der Umraum der Stadt Münster in Westfalen (und als
Unterzentrum auch Warendorf) als Mittelpunkt der
reichen Agrarlandschaft des Münsterlandes bildet
einen besonderen Schwerpunkt.
Auf kleinadeligen Sitzen Torhäuser mit Rentmeister-
wohnungen (Visbeck 1674/75 und Dieck 1745/1760)
oder Bauhäuser (16. Jahrhundert Haus Vörde).

Auf bürgerlichen Landgütern große Längsdielenhäu-
ser mit unterschiedlichen Wohnteilen (um 1590 Haus
Milte, 1595 Haus Westerhaus, um 1765 Gut Werse,
1774 Haus Lohfeld, um 1785 Gut Tönneburg) oder
dort stehende Sommerhäuser (insbesondere 18. Jahr-
hundert Lütke Rumphorst).
Wohnhäuser nicht verheirateter Schwestern der ade-
ligen und bürgerlichen Gutsbesitzer (Kurienhäuser in
verschiedenen Damenstiften).
Der Umraum der Stadt Minden: Sechs Freihöfe des
16. und 17. Jahrhunderts mit herrschaftlichen Woh-
nungen und ihrer späteren Entwicklung zu Bauern-
höfen sowie vier bürgerliche Güter des 18. und 19.
Jahrhunderts mit Sommerwohnungen.
Der Umraum der Stadt Osnabrück: Dargestellt wer-
den exemplarisch die rechtlichen und gesellschaftli-
chen Grundlagen des in die Landesherrschaft einge-
bundenen Adels sowie der Zusammenhang zwischen
städtischen und ländlichen Steinwerken.
Der Umraum der Stadt Paderborn: Dargestellt werden
Güter der landesherrlichen Beamtenschaft (1577 Hof
Valepage, um 1715 Gut Nachtigall).
Der Umraum der lippischen Städte Detmold, Lemgo,
Blomberg und Salzuflen: Dargestellt werden Landgü-
ter des Dienstadels. Große Längsdielenhäuser des 16.
bis 18. Jahrhunderts mit unterschiedlichen Wohntei-
len (1555 Ahmsen, 1561 Dahlhausen, 1660 Sylbach,
171 5 Nassengrund).
Sauerland: Ein Gutsbetrieb bei Kirchhundem, be-
wohnt von einer landesherrlichen Beamtenfamilie
(17. bis 19. Jahrhundert).
Der Umraum der Stadt Hannover: Dargestellt werden
verschiedene Bauten, die ein Repräsentant adeliger
Lebensweise sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts für
eigene Zwecke in Stadt und Land errichten ließ.
Der Umraum der Städte Hamburg, Bremen und
Verden: Dargestellt wird ein landesherrliches Amtsvor-
werk (Moisburg), mehrere adelige Güter (um 1560
Mulmshorn, 18. Jahrhundert Koppel, 1783 Bockei)
und ein bürgerliches Gut (1612/13 Siebenmeier
Magelsen), jeweils mit ihren Längsdielenhäusern.
Exkurs: „Haus Rüschhaus" bei Münster
und das „herrschaftliche Hallenhaus"
Erneut wurden bei der hier dokumentierten Tagung
mehr oder weniger unausgesprochen die „Hallen-
häuser" als ein angebliches verbindendes Element der
Lebensformen verschiedener Sozialgruppen in den
Blick genommen. Hierbei stand allerdings weniger der
Wirtschaftsbereich dieser Bauten im Zentrum des
Interesses, sondern das, was sich dort darüber hinaus
an Räumen und Funktionsbereichen findet. Immer
wieder wird in der Literatur darauf hingewiesen, und
auch auf dieser Tagung war wieder zu hören, dass das
Hallenhaus eine prägende, über alle Sozialschichten
hinweg genutzte Bauform gewesen sei. Diese Haus-
form sei daher eines der Elemente, an dem sich die

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