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Einleitung
stattdessen den neutraleren und „nur" bau- und
raumstrukturell gemeinten Begriff „Längsdielenhaus"
zu gebrauchen. Die Frage nach der Nutzung der
Raumstruktur der festgestellten verschiedenen Aus-
prägungen des Längsdielenhauses führt zwar zu dif-
ferenzierteren Ergebnissen, ist allerdings vielfach nur
schwierig zu beantworten, denn hierzu sagen die
überlieferten Bauten selber in der Regel nur wenig.
Solche Studien sind nur unter der Bedingung guter
archivalischer Überlieferungen möglich und in der
Durchführung vielfach sehr aufwändig. So bleibt es
bei Vermutungen aufgrund von Vergleichen oder oft
nur scheinbar lesbarer Indizien. Einem großen
Herdfeuer ist es allerdings nur schwerlich anzusehen,
ob es als Herdstelle eines Haushaltes, nur oder auch
als Braustelle bzw. nur oder auch als Herdstelle der
Leuteküche diente.
Auffallend ist die Vergleichbarkeit der Abmessungen
vieler der bislang nachweisbaren, als Pächterwohn-
häuser mit integrierter herrschaftlicher Wohnmög-
lichkeit errichteten Längsdielenhäuser. Regelmäßig
handelt es sich um Bauten mit einer Breite von über
14 m und einer Länge von mehr als 30 m, wobei diese
Bauten in ihren Maßen deutlich die Abmessungen der
meisten Haupthäuser überschreiten, wie sie sich auf
Bauernhöfen finden:
Je nach Fokussierung der Untersuchungen auf Kons-
truktion/Bautechnik oder auf Fragen zur Raumstruk-
tur bzw. Sozialstruktur der Längsdielenhäuser erge-
ben sich abweichende Ergebnisse. Die folgenden Ein-
zelbeiträge bringen viele Belege dafür, welch breites
Spektrum unterschiedlicher Lösungen im Längsdie-
lenhaus zwischen Raumstrukturen und Funktions-
strukturen nachzuweisen sind. Sie könnten daher eine
bislang ausgebliebene, aber notwendige Diskussion
um den Gehalt des Begriffes „Hallenhaus" anregen.
Ehe der Frage nach der Ausgestaltung der Wohnbe-
reiche in und an den Längsdielenhäusern weiter nach-
gegangen wird, sind einige Bemerkungen zu den
Wirtschaftsbereichen dieser Bauten notwendig, da
sich in ihnen die wirtschaftlichen Grundlagen der Gü-
ter spiegeln. Diese getrennte Betrachtung der beiden
prägenden Raum- und Funktionselemente eines
Wohn- und Wirtschaftsgebäudes in der Form eines
Längsdielenhauses ist nicht nur den methodisch-wis-
senschaftlichen Gesichtspunkten geschuldet, sondern
entspricht durchaus auch der historischen Realität.108
In vielen der dargestellten Beispiele wurden Belege
beigebracht, dass die Stallungen beidseitig der mittle-
ren Längsdiele der Unterbringung von Kühen dien-
ten.109 Dieser Feststellung entsprechend lässt sich
schon seit dem späteren 15. Jahrhundert der Begriff
1555
Grafschaft Lippe
Hof von Exterde
32,80 x 14,60 m
16 Fach (Diele 8, Küche 4, Kammer 4 Fache)
Um 1560
Stift Verden
Gut Mulmshorn
43,7 m lang, Breite nicht genannt
11 Fach (Vorschauer,.Diele 9 und Kammer 2 Fache)
1561/1563
Grafschaft Lippe
Gut Dahlhausen
34,50 x 14,30 m
15 Fach (Diele 10, Wohnen 4 Fach, seitlicher Raum)
Um 1590
Umkreis Münster
Haus Milte
30,90 x 14,20 m
15 Fach (Diele 8, Küche 3, Kammerfach 3 Fach)
1594
Umkreis Münster
Haus Westerhaus
32 x 10,90 m106
11 Gebinde
1613
Grafschaft Hoya
Siebenmeierhof Magelsen
37,50 m lang
1686
Grafschaft Ravenberg
Bielefeld, Gut Brothagen107
30 x 14,10 m massiv
Stall 10, Küche 2, Kammer 5 Fach
1727
Stift Verden
Gut Koppel
30/35 m x 13 m
Diele 5 Fach und Vorschauer, Flett mit T-Haus
1783
Stift Bremen
Gut Bockei
43 x 15 m
Einleitung
stattdessen den neutraleren und „nur" bau- und
raumstrukturell gemeinten Begriff „Längsdielenhaus"
zu gebrauchen. Die Frage nach der Nutzung der
Raumstruktur der festgestellten verschiedenen Aus-
prägungen des Längsdielenhauses führt zwar zu dif-
ferenzierteren Ergebnissen, ist allerdings vielfach nur
schwierig zu beantworten, denn hierzu sagen die
überlieferten Bauten selber in der Regel nur wenig.
Solche Studien sind nur unter der Bedingung guter
archivalischer Überlieferungen möglich und in der
Durchführung vielfach sehr aufwändig. So bleibt es
bei Vermutungen aufgrund von Vergleichen oder oft
nur scheinbar lesbarer Indizien. Einem großen
Herdfeuer ist es allerdings nur schwerlich anzusehen,
ob es als Herdstelle eines Haushaltes, nur oder auch
als Braustelle bzw. nur oder auch als Herdstelle der
Leuteküche diente.
Auffallend ist die Vergleichbarkeit der Abmessungen
vieler der bislang nachweisbaren, als Pächterwohn-
häuser mit integrierter herrschaftlicher Wohnmög-
lichkeit errichteten Längsdielenhäuser. Regelmäßig
handelt es sich um Bauten mit einer Breite von über
14 m und einer Länge von mehr als 30 m, wobei diese
Bauten in ihren Maßen deutlich die Abmessungen der
meisten Haupthäuser überschreiten, wie sie sich auf
Bauernhöfen finden:
Je nach Fokussierung der Untersuchungen auf Kons-
truktion/Bautechnik oder auf Fragen zur Raumstruk-
tur bzw. Sozialstruktur der Längsdielenhäuser erge-
ben sich abweichende Ergebnisse. Die folgenden Ein-
zelbeiträge bringen viele Belege dafür, welch breites
Spektrum unterschiedlicher Lösungen im Längsdie-
lenhaus zwischen Raumstrukturen und Funktions-
strukturen nachzuweisen sind. Sie könnten daher eine
bislang ausgebliebene, aber notwendige Diskussion
um den Gehalt des Begriffes „Hallenhaus" anregen.
Ehe der Frage nach der Ausgestaltung der Wohnbe-
reiche in und an den Längsdielenhäusern weiter nach-
gegangen wird, sind einige Bemerkungen zu den
Wirtschaftsbereichen dieser Bauten notwendig, da
sich in ihnen die wirtschaftlichen Grundlagen der Gü-
ter spiegeln. Diese getrennte Betrachtung der beiden
prägenden Raum- und Funktionselemente eines
Wohn- und Wirtschaftsgebäudes in der Form eines
Längsdielenhauses ist nicht nur den methodisch-wis-
senschaftlichen Gesichtspunkten geschuldet, sondern
entspricht durchaus auch der historischen Realität.108
In vielen der dargestellten Beispiele wurden Belege
beigebracht, dass die Stallungen beidseitig der mittle-
ren Längsdiele der Unterbringung von Kühen dien-
ten.109 Dieser Feststellung entsprechend lässt sich
schon seit dem späteren 15. Jahrhundert der Begriff
1555
Grafschaft Lippe
Hof von Exterde
32,80 x 14,60 m
16 Fach (Diele 8, Küche 4, Kammer 4 Fache)
Um 1560
Stift Verden
Gut Mulmshorn
43,7 m lang, Breite nicht genannt
11 Fach (Vorschauer,.Diele 9 und Kammer 2 Fache)
1561/1563
Grafschaft Lippe
Gut Dahlhausen
34,50 x 14,30 m
15 Fach (Diele 10, Wohnen 4 Fach, seitlicher Raum)
Um 1590
Umkreis Münster
Haus Milte
30,90 x 14,20 m
15 Fach (Diele 8, Küche 3, Kammerfach 3 Fach)
1594
Umkreis Münster
Haus Westerhaus
32 x 10,90 m106
11 Gebinde
1613
Grafschaft Hoya
Siebenmeierhof Magelsen
37,50 m lang
1686
Grafschaft Ravenberg
Bielefeld, Gut Brothagen107
30 x 14,10 m massiv
Stall 10, Küche 2, Kammer 5 Fach
1727
Stift Verden
Gut Koppel
30/35 m x 13 m
Diele 5 Fach und Vorschauer, Flett mit T-Haus
1783
Stift Bremen
Gut Bockei
43 x 15 m