Bockei und Mulmshorn: Zwei adelige Hallenhäuser aus der Mitte des Landkreises Rotenburg
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Haupthaus, das noch in wesentlichen Teilen erhalten
ist (Abb. 9). So endete die Geschichte dieses einstelli-
gen Hofes, Adelshofes, Vorwerks und Amthofes nach
220 Jahren.
Die mündliche Überlieferung berichtet von einer
„Burg" in Mulmshorn und hat eine sagenhafte Erzäh-
lung darum gerankt. Diese Burg wird im Dorf mit dem
Adelshof identifiziert. Dafür gibt es zwar keinen
Anlass, aber in 300 m Entfernung vom Platz des frü-
heren Adelshofes gibt es eine eindrucksvolle Wall-
Graben-Kombination, die wirklich an eine alte Be-
festigung erinnert.32
Die archäologischen Befunde am Ort des Hofes mit
Findlingsfundamenten sowie Kachel- und Ziegelstein-
funden wurden ausgreifend in Richtung mittelalterli-
cher Anlagen interpretiert, die dem einstelligen Hof
noch vorausgegangen sein müssten. Mir scheinen
diese Funde mit den neuzeitlichen Hofgebäuden voll-
ständig erklärt zu sein. 1960 und endgültig 1979 ist
das Gelände gründlich planiert worden, sodass mit
erhellenden Funden kaum noch zu rechnen ist.33
Bockei
Die Untersuchung des adeligen Gutes Bockei profi-
tiert davon, dass das Hauptgebäude besteht und auch
eine reichhaltige Überlieferung an Akten und Bildern
heute noch greifbar ist. Besitzer und Bewohner des
Gutes sind die Familien von Carl-Detlev und Alexan-
der Freiherr von Hammerstein-Gesmold. 1684 schrieb
Dietrich von Stade: Bockei ein adeliger Hoff, den jetzo
Otto von Düringen in Posses hat.34 1694 steht im
schon erwähnten Jordebuch: Mulmes Horn ist
benachbahrt ins Norden mit dem adeligen Guth zu
Bockell.33 Das sind die beiden seit Langem bekannten
frühen Nachrichten zu einem Adelsgut an diesem Ort.
Wann aber genau und wie die Gründung des Adels-
hofes in Bockei im 17. Jahrhunderts vor sich ge-
gangen ist, ist ungeklärt. Es war jedenfalls nicht so,
dass die drei dort seit dem Spätmittelalter nachweis-
baren Bauern abgemeiert und ihre Höfe zum Gut
zusammengefasst worden wären.36 Auch die sonst
übliche Umwandlung eines einzelnen Meierhofes
kann nicht stattgefunden haben, da alle drei Höfe in
Kontinuität bis zur Agrarreform des 19. Jahrhunderts
bestehen blieben. Die Bockeier Höfe waren auch im
Gegensatz zu vielen Bauern der Nachbardörfer am
Ende des Dreißigjährigen Krieges nicht abgebrannt,
wie es ein Register von 1647 ausweist.37
Adelige Besitzungen gab es in der Umgebung Bockeis
bereits im Mittelalter, aber keine Spuren eines Adels-
sitzes. Im noch um 1500 erwähnten Freibann Gyhum
gab es Gerichtsrechte in adeliger Hand. Sie waren als
Lehen der Bremer Erzbischöfe denen von Borch über-
tragen worden. Daraus entstand das Adeliche Gericht
10 Das adelige Gericht Gyhum mit dem Ort Bockei auf der Militärkarte der Kurhannoverschen Landesaufnahme von ca.
1786. British Library London Map 6 Tab 33, 99.51-2f.
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Haupthaus, das noch in wesentlichen Teilen erhalten
ist (Abb. 9). So endete die Geschichte dieses einstelli-
gen Hofes, Adelshofes, Vorwerks und Amthofes nach
220 Jahren.
Die mündliche Überlieferung berichtet von einer
„Burg" in Mulmshorn und hat eine sagenhafte Erzäh-
lung darum gerankt. Diese Burg wird im Dorf mit dem
Adelshof identifiziert. Dafür gibt es zwar keinen
Anlass, aber in 300 m Entfernung vom Platz des frü-
heren Adelshofes gibt es eine eindrucksvolle Wall-
Graben-Kombination, die wirklich an eine alte Be-
festigung erinnert.32
Die archäologischen Befunde am Ort des Hofes mit
Findlingsfundamenten sowie Kachel- und Ziegelstein-
funden wurden ausgreifend in Richtung mittelalterli-
cher Anlagen interpretiert, die dem einstelligen Hof
noch vorausgegangen sein müssten. Mir scheinen
diese Funde mit den neuzeitlichen Hofgebäuden voll-
ständig erklärt zu sein. 1960 und endgültig 1979 ist
das Gelände gründlich planiert worden, sodass mit
erhellenden Funden kaum noch zu rechnen ist.33
Bockei
Die Untersuchung des adeligen Gutes Bockei profi-
tiert davon, dass das Hauptgebäude besteht und auch
eine reichhaltige Überlieferung an Akten und Bildern
heute noch greifbar ist. Besitzer und Bewohner des
Gutes sind die Familien von Carl-Detlev und Alexan-
der Freiherr von Hammerstein-Gesmold. 1684 schrieb
Dietrich von Stade: Bockei ein adeliger Hoff, den jetzo
Otto von Düringen in Posses hat.34 1694 steht im
schon erwähnten Jordebuch: Mulmes Horn ist
benachbahrt ins Norden mit dem adeligen Guth zu
Bockell.33 Das sind die beiden seit Langem bekannten
frühen Nachrichten zu einem Adelsgut an diesem Ort.
Wann aber genau und wie die Gründung des Adels-
hofes in Bockei im 17. Jahrhunderts vor sich ge-
gangen ist, ist ungeklärt. Es war jedenfalls nicht so,
dass die drei dort seit dem Spätmittelalter nachweis-
baren Bauern abgemeiert und ihre Höfe zum Gut
zusammengefasst worden wären.36 Auch die sonst
übliche Umwandlung eines einzelnen Meierhofes
kann nicht stattgefunden haben, da alle drei Höfe in
Kontinuität bis zur Agrarreform des 19. Jahrhunderts
bestehen blieben. Die Bockeier Höfe waren auch im
Gegensatz zu vielen Bauern der Nachbardörfer am
Ende des Dreißigjährigen Krieges nicht abgebrannt,
wie es ein Register von 1647 ausweist.37
Adelige Besitzungen gab es in der Umgebung Bockeis
bereits im Mittelalter, aber keine Spuren eines Adels-
sitzes. Im noch um 1500 erwähnten Freibann Gyhum
gab es Gerichtsrechte in adeliger Hand. Sie waren als
Lehen der Bremer Erzbischöfe denen von Borch über-
tragen worden. Daraus entstand das Adeliche Gericht
10 Das adelige Gericht Gyhum mit dem Ort Bockei auf der Militärkarte der Kurhannoverschen Landesaufnahme von ca.
1786. British Library London Map 6 Tab 33, 99.51-2f.