Hallenhäuser als Herrenhäuser - Adliges Wohnen auf dem Lande
143
Zum Valepagenhof gehörten 1649 etwa 80 Morgen
Acker und 80 Morgen Wiesen sowie Berechtigungen
zur Jagd, Fischerei und Schweinemast im Eichenwald.
Darüber hinaus besaß der Hof 1711 noch neun Allo-
dialgrundstücke (Eigenbesitz); die Gesamtgröße des
Gutes schätzt Hans Jürgen Rade für diese Zeit auf 155
Morgen (knapp 40 Hektar).17 Der Valepagenhof war
ein „schriftsässiges" Gut, also kein landtagsfähiges
Rittergut, dessen Besitzer zur Teilnahme am Landtag
berechtigt waren. Schriftsässigkeit bedeutete aber die
Befreiung von der Kontribution und anderen steuerli-
chen Lasten.18 Aufgrund der geringen Existenzgrund-
lage, die ihr dieses relativ kleine Gut bot, war die adli-
ge Familie Varendorf-Valepage mehrfach vom Abstieg
in den Bauernstand bedroht.19
Das erhaltene Haupthaus des Valepagenhofes von
1577 steht für den Höhepunkt in der Entwicklung der
Familie; die Torinschrift lautet (Abb. 2): Dis Haussteiht
in Gots Hand - Joist Valepage ist er genant - Der hats
lassen bawen - und auf Got gesetzt sein Vertrawe.
Anno domini 1577.
Die Torständer sind mit Wappenschilden geschmückt;
die aufgemalten Wappen wurden modern ergänzt.20-
Der Erbauer Jost oder Jodokus Valepage-Varendorff
war 1572 mit dem Hof belehnt worden und amtierte
seit 1573 als Gograf (Gogreve), als fürstbischöflich-
paderbornischer Richter im Delbrücker Land. Damit
war er der höchste Beamte in der Region, der dem
Amtmann und der Kanzlei in Schloss Neuhaus unter-
stand. Jost Valepages Frau Anna wird 1594 erstmals
erwähnt, doch ist ihr Familienname nicht überliefert.
Nach einem blutigen Überfall meuternder spanischer
Söldner auf das Delbrücker Land am 14. März 1604
verlor Jost Valepage sein Gografenamt; er starb nach
1621.21
Der aufwändige Neubau von 1577 unterstreicht die
hohe gesellschaftliche Stellung des Gografen Jost
Valepage; mehrfach waren der Paderborner Fürstbi-
schof Dietrich von Fürstenberg und dessen Bruder
Caspar von Fürstenberg, Drost des Herzogtums West-
falen, auf dem Valepagenhof zu Gast.22
Das zweifach auf Stichbalken vorkragende Giebeldrei-
eck ist ganz in Fachwerk abgezimmert und wird von
einem (rekonstruierten) Giebelpfahl bekrönt. Die
Brüstungsgefache der beiden Giebelstockwerke sind
mit Holzbohlen ausgefüllt, die mit Fächerrosetten und
figürlichem Schnitzwerk dekoriert sind:23 Neben dem
auferstandenen Christus und Johannes dem Täufer
sowie vielfältigen Drachen und Fabeltieren ist auf
einer Bohle der oberen Brüstungszone eine Jagdszene
zu erkennen (Abb. 3): ein Hase wird von einer Meute
von Jagdhunden verfolgt. Diese Darstellung ist als
Hinweis auf den adligen Stand des Erbauers zu deu-
ten.24
Anders als heute im Freilichtmuseum stand der Vale-
pagenhof früher nicht in einem eng bebauten Dorf-
kern, sondern lag als Einzelhof frei in der Feldmark am
4 Valepagenhof aus Delbrück-Dorfbauerschaft (Kr. Pader-
born), Lage nach Ausschnitt aus dem Urkataster von 1828.
nördlichen Rand der Delbrücker Dorfbauerschaft. Im
Urkataster von 1828 ist erkennbar, dass der Garten
hinter dem Haus von einer Gräfte umgeben war (Abb.
4), doch war der Hof offenbar keine komplette Gräf-
tenanlage: In einem Besitzverzeichnis von 1719/2025
werden die umb den hoff liggende gartens, alß Kraut-
baum- und Hanffgartens und die umb die gartens
gehende graben oder Fischteiche genannt, aber keine
Hofgräfte. Außerdem verlief ein Teilstück einer landt-
wehr, also einer Wall-Graben-Anlage mit einer un-
durchdringlichen Hecke, die möglicherweise als
Befestigung der Dorfgemarkung diente, durch die
Feldflur des Hofes.26 An Hofgebäuden werden Hauß
und hoff, ein Schafstall und ein Back- und Leibzuchts-
hauß (Altenteilerhaus) genannt. An der Hofzufahrt
steht heute noch eine barocke Hofkapelle (St. Joseph)
aus dem 18. Jahrhundert.
Das Urkataster von 1828 zeigt das Hauptgebäude
noch in seinem ursprünglichen Zustand mit einer Län-
ge von über 30 Metern. Nach einem Taxationsinstru-
ment von dem schriftsässigen Gut Valepagenhof aus
dem Jahre 1840 besaß der Bau von 1577 einen grö-
ßeren Wohnteil mit einem Saal mit separatem Ein-
gang, der nicht vom Pächter, sondern ausschließlich
vom Eigentümer genutzt werden durfte. Außerdem
gab es einen Anbau an der linken Seite des Gebäu-
des, der auch im Urkataster zu erkennen ist. Darin
befand sich dem Verzeichnis von 1840 zufolge eine
alte Kapelle mit einer Grundfläche von 18x18 Fuß (ca.
5,4x5,4 m).27
1845 starb der letzte adlige Besitzer des Valepagen-
hofes; der Grundbesitz von zuletzt 199 Morgen (ca.
50 ha) wurde unter mehreren Erben aufgeteilt. Da-
nach wurde der Valepagenhof von Pächtern bewirt-
schaftet. Um 1880 erfolgte der Umbau des Hauptge-
bäudes zum Pächterwohnhaus. Dabei brach man den
alten, großzügigen Wohnteil ab und ersetzte ihn
durch ein bescheideneres zweistöckiges Kammerfach
in zeittypischem Fachwerk aus dünnen Hölzern mit
Backsteinausfachung. Damit wurde die Länge des
Gebäudes von über 30 m auf etwa 26 m reduziert.
Diesen Zustand zeigt ein Aufmaß des Architekten C.
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Zum Valepagenhof gehörten 1649 etwa 80 Morgen
Acker und 80 Morgen Wiesen sowie Berechtigungen
zur Jagd, Fischerei und Schweinemast im Eichenwald.
Darüber hinaus besaß der Hof 1711 noch neun Allo-
dialgrundstücke (Eigenbesitz); die Gesamtgröße des
Gutes schätzt Hans Jürgen Rade für diese Zeit auf 155
Morgen (knapp 40 Hektar).17 Der Valepagenhof war
ein „schriftsässiges" Gut, also kein landtagsfähiges
Rittergut, dessen Besitzer zur Teilnahme am Landtag
berechtigt waren. Schriftsässigkeit bedeutete aber die
Befreiung von der Kontribution und anderen steuerli-
chen Lasten.18 Aufgrund der geringen Existenzgrund-
lage, die ihr dieses relativ kleine Gut bot, war die adli-
ge Familie Varendorf-Valepage mehrfach vom Abstieg
in den Bauernstand bedroht.19
Das erhaltene Haupthaus des Valepagenhofes von
1577 steht für den Höhepunkt in der Entwicklung der
Familie; die Torinschrift lautet (Abb. 2): Dis Haussteiht
in Gots Hand - Joist Valepage ist er genant - Der hats
lassen bawen - und auf Got gesetzt sein Vertrawe.
Anno domini 1577.
Die Torständer sind mit Wappenschilden geschmückt;
die aufgemalten Wappen wurden modern ergänzt.20-
Der Erbauer Jost oder Jodokus Valepage-Varendorff
war 1572 mit dem Hof belehnt worden und amtierte
seit 1573 als Gograf (Gogreve), als fürstbischöflich-
paderbornischer Richter im Delbrücker Land. Damit
war er der höchste Beamte in der Region, der dem
Amtmann und der Kanzlei in Schloss Neuhaus unter-
stand. Jost Valepages Frau Anna wird 1594 erstmals
erwähnt, doch ist ihr Familienname nicht überliefert.
Nach einem blutigen Überfall meuternder spanischer
Söldner auf das Delbrücker Land am 14. März 1604
verlor Jost Valepage sein Gografenamt; er starb nach
1621.21
Der aufwändige Neubau von 1577 unterstreicht die
hohe gesellschaftliche Stellung des Gografen Jost
Valepage; mehrfach waren der Paderborner Fürstbi-
schof Dietrich von Fürstenberg und dessen Bruder
Caspar von Fürstenberg, Drost des Herzogtums West-
falen, auf dem Valepagenhof zu Gast.22
Das zweifach auf Stichbalken vorkragende Giebeldrei-
eck ist ganz in Fachwerk abgezimmert und wird von
einem (rekonstruierten) Giebelpfahl bekrönt. Die
Brüstungsgefache der beiden Giebelstockwerke sind
mit Holzbohlen ausgefüllt, die mit Fächerrosetten und
figürlichem Schnitzwerk dekoriert sind:23 Neben dem
auferstandenen Christus und Johannes dem Täufer
sowie vielfältigen Drachen und Fabeltieren ist auf
einer Bohle der oberen Brüstungszone eine Jagdszene
zu erkennen (Abb. 3): ein Hase wird von einer Meute
von Jagdhunden verfolgt. Diese Darstellung ist als
Hinweis auf den adligen Stand des Erbauers zu deu-
ten.24
Anders als heute im Freilichtmuseum stand der Vale-
pagenhof früher nicht in einem eng bebauten Dorf-
kern, sondern lag als Einzelhof frei in der Feldmark am
4 Valepagenhof aus Delbrück-Dorfbauerschaft (Kr. Pader-
born), Lage nach Ausschnitt aus dem Urkataster von 1828.
nördlichen Rand der Delbrücker Dorfbauerschaft. Im
Urkataster von 1828 ist erkennbar, dass der Garten
hinter dem Haus von einer Gräfte umgeben war (Abb.
4), doch war der Hof offenbar keine komplette Gräf-
tenanlage: In einem Besitzverzeichnis von 1719/2025
werden die umb den hoff liggende gartens, alß Kraut-
baum- und Hanffgartens und die umb die gartens
gehende graben oder Fischteiche genannt, aber keine
Hofgräfte. Außerdem verlief ein Teilstück einer landt-
wehr, also einer Wall-Graben-Anlage mit einer un-
durchdringlichen Hecke, die möglicherweise als
Befestigung der Dorfgemarkung diente, durch die
Feldflur des Hofes.26 An Hofgebäuden werden Hauß
und hoff, ein Schafstall und ein Back- und Leibzuchts-
hauß (Altenteilerhaus) genannt. An der Hofzufahrt
steht heute noch eine barocke Hofkapelle (St. Joseph)
aus dem 18. Jahrhundert.
Das Urkataster von 1828 zeigt das Hauptgebäude
noch in seinem ursprünglichen Zustand mit einer Län-
ge von über 30 Metern. Nach einem Taxationsinstru-
ment von dem schriftsässigen Gut Valepagenhof aus
dem Jahre 1840 besaß der Bau von 1577 einen grö-
ßeren Wohnteil mit einem Saal mit separatem Ein-
gang, der nicht vom Pächter, sondern ausschließlich
vom Eigentümer genutzt werden durfte. Außerdem
gab es einen Anbau an der linken Seite des Gebäu-
des, der auch im Urkataster zu erkennen ist. Darin
befand sich dem Verzeichnis von 1840 zufolge eine
alte Kapelle mit einer Grundfläche von 18x18 Fuß (ca.
5,4x5,4 m).27
1845 starb der letzte adlige Besitzer des Valepagen-
hofes; der Grundbesitz von zuletzt 199 Morgen (ca.
50 ha) wurde unter mehreren Erben aufgeteilt. Da-
nach wurde der Valepagenhof von Pächtern bewirt-
schaftet. Um 1880 erfolgte der Umbau des Hauptge-
bäudes zum Pächterwohnhaus. Dabei brach man den
alten, großzügigen Wohnteil ab und ersetzte ihn
durch ein bescheideneres zweistöckiges Kammerfach
in zeittypischem Fachwerk aus dünnen Hölzern mit
Backsteinausfachung. Damit wurde die Länge des
Gebäudes von über 30 m auf etwa 26 m reduziert.
Diesen Zustand zeigt ein Aufmaß des Architekten C.