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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen
offensichtlich sehr reich ausgestalteten Renaissance-
giebels ist fast alles spurlos verloren, nur die Knaggen
an den äußeren Eckständern sowie das Wandrähm
unter den Stichbalken und die Ständer des Tores sind
erhalten.
Die (bauzeitliche) Länge von 37,5 m übersteigt das
Maß gleichzeitiger „normaler" Bauernhäuser deut-
lich, ebenso wohl auch die lichte Dielenbreite von
9,7 m. Zieht man das 5,3 m tiefe Kammerfach sowie
das aufgrund von Zapflöchern in den Stichbalken der
Vorderfront noch nachweisbare, das halbe vordere
Fach einnehmende Vorschauer ab, beträgt die Länge
der Halle etwa 31 m. Davon nimmt das Flett, gemes-
sen als lichte Weite der Luchten, 6 m ein. Formal ist es
drei Fache tief, allerdings sind die Balken dort mit
deutlich geringerem Abstand verlegt. Die eigentliche
Diele unterteilt sich in sechs Fache zuzüglich des Vor-
schauerfaches. Die Konstruktion von Diele und Flett
erfolgte in der regionaltypischen Zimmerungsart mit
aufgezapften Balken und kopfbandversteiften Kopf-
riegeln. Die Sparren standen auf einer bauzeitlichen
Sparrenschwelle. Obwohl diese Art der Verzimmerung
gemeinhin der in Norddeutschland üblichen Dachbal-
kenverzimmerung zugerechnet wird, weist vor allem
der Kopfriegel in Richtung der Jochbalkenzimmerung,
die eine gebindeweise Errichtung ermöglichte. Hin-
weise darauf, wie das Magelser Haus aufgerichtet
wurde, fanden sich nicht.
Zum Zeitpunkt des Aufmaßes waren erhebliche Teile
der dem Umbau des 19. Jahrhunderts entstammen-
den Einbauten im Dielenbereich schon wieder ent-
fernt worden, um die Diele als Unterstellraum nutzen
zu können. In seiner Nutzungsphase als Flügelbau der
Dreiseithofanlage war das Gebäude mehrfach durch
dünne Fachwerkwände aus Nadelholz quergeteilt und
auch quer aufgeschlossen gewesen. Reste von eben-
falls quer angeordneten Viehställen mit Mittelgang
6 Oberes Gefach der Scherwand, gesehen von der Diele.
Links der innere Bogen der seitlichen Ausfahrt. Foto Heinz
Riepshoff, Verden 1993.
waren noch vorhanden, die Aufteilung aufgrund der
Reste der Wände und der Öffnungen (Ladeluken und
Abwürfe) in der Balkenlage noch deutlich ablesbar.
Da für diese Nutzung die bauzeitlichen Hillriegel stör-
ten, waren sie alle herausgeschnitten worden, sodass
keine Informationen über eventuelle Verzierungen
bzw. Profilierungen vorliegen, ebenso nicht zur Ab-
grenzung der Ställe wie Fressgitter oder Anbindestan-
gen zur Diele hin.
Auch der Wohnteil bot sich stark überformt dar. Be-
merkenswert ist dabei allerdings die nachträglich,
aber sicher schon im 18. Jahrhundert eingebaute
Scherwand. Ihre oberen Fache sind über die gesamte
Breite der Diele mit geschlängelten Brettbalustern
ausgesetzt, die sehr starke Verrußung zeigen (Abb. 6).
Später wurde dies vertikale „Stakenwerk" ausge-
flochten und beidseitig mit Lehm beworfen, sodass
die ursprüngliche Funktion eines Rauchabzuges ent-
fiel und die Ausführung der oberen Fache heute an
der Wand nur noch in Bereichen erkennbar ist, wo der
Lehmschlag abgefallen ist. Über der Scherwand ist
auch der Dachraum durch eine Wand aus der Mitte
des 19. Jahrhunderts aus Nadelholz-Fachwerk geteilt;
über dem Wohnteil diente der Bodenraum offenbar
als Schüttboden, über der mit dem Stuhl und einem
zusätzlichen Mittelunterzug unterstützten Kehlbal-
kenlage ist dort auch eine zweite Bodenebene einge-
richtet.
Das hinter der Scherwand liegende Flett war zum
Zeitpunkt des Aufmaßes sehr stark durchbaut. Ent-
lang der Scherwand verlief ein Durchgang, darin, an
die Scherwand gelehnt, eine Treppe zum eben er-
wähnten Schüttboden mit einem Abtritt darunter.
Weiter hinten befand sich zur linken Hausseite hin
eine Küche mit einer gemauerten Herdnische, wohl
aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, auf der ein stark
gezogener Schornstein aufgestellt war. Rechts neben
der mit einem nur noch rudimentär erhaltenen, bau-
zeitlichen geschnitzten Sturz versehenen Tür zum
Kammerfach gab es zum Herd hin eine Räucherkam-
mer, die einen Abschnitt der Herdwand mit schwa-
chen Spuren einer Hinterladerfeuerung verdeckte. Im
mittleren Bereich des Fletts befand sich vor der
Herdwand ein vollständig fensterloser dunkler Raum
unbekannter Nutzung. Rechts von dem in der Anlage
jüngeren Abgang zum Keller unter dem Kammerfach,
über dem sich eine zugesetzte Tür mit geschnitztem
Türsturz befindet, findet sich eine oben mit einem
profilierten Sims abgedeckte Fachwerkwand eines
Stubeneinbaus wohl aus dem 18. Jahrhundert, der
den hinteren Teil der rechten Lucht einnimmt und
noch in das Mittelschiff vorspringt.
Im Kammerfach fand sich eine ebenerdige Stube links
sowie, in der Mitte und rechts, zwei „Aufkammern"
über dem Keller, die als gefangene Räume ausschließ-
lich von der linken Stube her zugänglich waren. Je-
doch deuten zwei verschlossene Türen in der Herd-
Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen
offensichtlich sehr reich ausgestalteten Renaissance-
giebels ist fast alles spurlos verloren, nur die Knaggen
an den äußeren Eckständern sowie das Wandrähm
unter den Stichbalken und die Ständer des Tores sind
erhalten.
Die (bauzeitliche) Länge von 37,5 m übersteigt das
Maß gleichzeitiger „normaler" Bauernhäuser deut-
lich, ebenso wohl auch die lichte Dielenbreite von
9,7 m. Zieht man das 5,3 m tiefe Kammerfach sowie
das aufgrund von Zapflöchern in den Stichbalken der
Vorderfront noch nachweisbare, das halbe vordere
Fach einnehmende Vorschauer ab, beträgt die Länge
der Halle etwa 31 m. Davon nimmt das Flett, gemes-
sen als lichte Weite der Luchten, 6 m ein. Formal ist es
drei Fache tief, allerdings sind die Balken dort mit
deutlich geringerem Abstand verlegt. Die eigentliche
Diele unterteilt sich in sechs Fache zuzüglich des Vor-
schauerfaches. Die Konstruktion von Diele und Flett
erfolgte in der regionaltypischen Zimmerungsart mit
aufgezapften Balken und kopfbandversteiften Kopf-
riegeln. Die Sparren standen auf einer bauzeitlichen
Sparrenschwelle. Obwohl diese Art der Verzimmerung
gemeinhin der in Norddeutschland üblichen Dachbal-
kenverzimmerung zugerechnet wird, weist vor allem
der Kopfriegel in Richtung der Jochbalkenzimmerung,
die eine gebindeweise Errichtung ermöglichte. Hin-
weise darauf, wie das Magelser Haus aufgerichtet
wurde, fanden sich nicht.
Zum Zeitpunkt des Aufmaßes waren erhebliche Teile
der dem Umbau des 19. Jahrhunderts entstammen-
den Einbauten im Dielenbereich schon wieder ent-
fernt worden, um die Diele als Unterstellraum nutzen
zu können. In seiner Nutzungsphase als Flügelbau der
Dreiseithofanlage war das Gebäude mehrfach durch
dünne Fachwerkwände aus Nadelholz quergeteilt und
auch quer aufgeschlossen gewesen. Reste von eben-
falls quer angeordneten Viehställen mit Mittelgang
6 Oberes Gefach der Scherwand, gesehen von der Diele.
Links der innere Bogen der seitlichen Ausfahrt. Foto Heinz
Riepshoff, Verden 1993.
waren noch vorhanden, die Aufteilung aufgrund der
Reste der Wände und der Öffnungen (Ladeluken und
Abwürfe) in der Balkenlage noch deutlich ablesbar.
Da für diese Nutzung die bauzeitlichen Hillriegel stör-
ten, waren sie alle herausgeschnitten worden, sodass
keine Informationen über eventuelle Verzierungen
bzw. Profilierungen vorliegen, ebenso nicht zur Ab-
grenzung der Ställe wie Fressgitter oder Anbindestan-
gen zur Diele hin.
Auch der Wohnteil bot sich stark überformt dar. Be-
merkenswert ist dabei allerdings die nachträglich,
aber sicher schon im 18. Jahrhundert eingebaute
Scherwand. Ihre oberen Fache sind über die gesamte
Breite der Diele mit geschlängelten Brettbalustern
ausgesetzt, die sehr starke Verrußung zeigen (Abb. 6).
Später wurde dies vertikale „Stakenwerk" ausge-
flochten und beidseitig mit Lehm beworfen, sodass
die ursprüngliche Funktion eines Rauchabzuges ent-
fiel und die Ausführung der oberen Fache heute an
der Wand nur noch in Bereichen erkennbar ist, wo der
Lehmschlag abgefallen ist. Über der Scherwand ist
auch der Dachraum durch eine Wand aus der Mitte
des 19. Jahrhunderts aus Nadelholz-Fachwerk geteilt;
über dem Wohnteil diente der Bodenraum offenbar
als Schüttboden, über der mit dem Stuhl und einem
zusätzlichen Mittelunterzug unterstützten Kehlbal-
kenlage ist dort auch eine zweite Bodenebene einge-
richtet.
Das hinter der Scherwand liegende Flett war zum
Zeitpunkt des Aufmaßes sehr stark durchbaut. Ent-
lang der Scherwand verlief ein Durchgang, darin, an
die Scherwand gelehnt, eine Treppe zum eben er-
wähnten Schüttboden mit einem Abtritt darunter.
Weiter hinten befand sich zur linken Hausseite hin
eine Küche mit einer gemauerten Herdnische, wohl
aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, auf der ein stark
gezogener Schornstein aufgestellt war. Rechts neben
der mit einem nur noch rudimentär erhaltenen, bau-
zeitlichen geschnitzten Sturz versehenen Tür zum
Kammerfach gab es zum Herd hin eine Räucherkam-
mer, die einen Abschnitt der Herdwand mit schwa-
chen Spuren einer Hinterladerfeuerung verdeckte. Im
mittleren Bereich des Fletts befand sich vor der
Herdwand ein vollständig fensterloser dunkler Raum
unbekannter Nutzung. Rechts von dem in der Anlage
jüngeren Abgang zum Keller unter dem Kammerfach,
über dem sich eine zugesetzte Tür mit geschnitztem
Türsturz befindet, findet sich eine oben mit einem
profilierten Sims abgedeckte Fachwerkwand eines
Stubeneinbaus wohl aus dem 18. Jahrhundert, der
den hinteren Teil der rechten Lucht einnimmt und
noch in das Mittelschiff vorspringt.
Im Kammerfach fand sich eine ebenerdige Stube links
sowie, in der Mitte und rechts, zwei „Aufkammern"
über dem Keller, die als gefangene Räume ausschließ-
lich von der linken Stube her zugänglich waren. Je-
doch deuten zwei verschlossene Türen in der Herd-