Die Häuser und Gärten des hannoverschen Oberhofbaudirektors Friedrich Karl von Hardenberg
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Das Hardenbergsche Haus
am Markt in Hannover
Eigentlich hätte die komfortable Dienstwohnung in
Herrenhausen für den Junggesellen Hardenberg voll-
auf ausgereicht. Seine Stellung im Rang eines Minis-
ters machte jedoch zusätzlich den Bau eines repräsen-
tativen Stadthauses notwendig.23 In prominenter Lage
an der Westseite des Altstädter Marktes in Hannover,
somit in unmittelbarer Nähe des Rathauses und der
Marktkirche, erwarb Hardenberg das 1645 errichtete
Haus des Bergfaktors und Hoflieferanten Johann Du-
ve, der als reichster Hannoveraner des 17. Jahrhun-
derts galt. Es ist als programmatisch anzusehen, dass
der Hofbaudirektor dieses keineswegs baufällige Haus
abbrechen und an seiner Stelle ab 1754 durch Heu-
mann einen zeitgemäßen Neubau errichten ließ (Abb.
5).24
Modern war das Hardenbergsche Haus am Markt vor
allem, weil hier die Trennung von symmetrischer Fas-
sadengliederung und funktionsorientierter Innen-
raumgestaltung, die Hardenberg und Heumann auf
ihren Frankreichreisen kennengelernt hatten, konse-
quent vollzogen wurde. Deutlich wird dies an der
unregelmäßigen Grundrissgestaltung hinter der sym-
metrischen Fassade und vor allem an der Positionie-
rung des etwa 64 qm großen Festsaals seitlich im
zweiten Obergeschoss, dessen Lage sich an der Fassa-
de in keiner Weise ablesen ließ (Abb. 6). Neu war
auch die Anlage eines Mezzaningeschosses über dem
Erdgeschoss. Ersteres diente Hardenberg als Privat-
wohnung. Hier befand sich ein kleiner Speisesaal für
alltägliche Nutzung sowie Hardenbergs Schlafzimmer
mit fest eingebauten Kleiderschränken und Bücher-
borden direkt neben dem Bett. So konnte das mit
Spiegeln, marmornen Wandtischen, geschnitzten und
lackierten Wandvertäfelungen sowie Textil- und chi-
nesischen Papiertapeten wertvoll ausgestattete zwei-
te Obergeschoss mit dem Saal komplett für festliche
Veranstaltungen vorgehalten werden. Im schon durch
seine geringe Höhe als untergeordnet gekennzeichne-
ten dritten Obergeschoss befanden sich Lagerräume
und Schlafstellen für das Dienstpersonal, so eine Kam-
mer, wo die schmutzige Wäsche aufgehangen zu
werden pflegt, eine Vorrats- oder Folterkammer, zwei
Kleiderkammern, eine Bedientenkammer sowie eine
Kammer für fremde Domestiquen mit einem Schlaf-
tisch für zwei Personen.25 Wenn gesellschaftlich hoch-
stehende Gäste beherbergt wurden, galt es ja nicht
nur diese selbst, sondern auch deren mitreisendes
Personal unterzubringen. Eine weitere Stube und
Kammer für die Dienerschaft sowie die Küche und
Backkammer im Seitenflügel befanden sich im Erd-
geschoss. Supraporten mit Stadtansichten von
Venedig zierten die Türen der Diele. Von hier aus führ-
te eine imposante zweifach gewendete Treppe nach
oben. Direkt daneben war im Seitenflügel eine weite-
re Treppe angeordnet (Abb. 6), die wohl vorrangig für
6 Hannover, Hardenbergsches Haus Am Markt 13. Erdge-
schossgrundriss, Bestandsplan, um 1837 (aus Stadtarchiv
Hannover).
die Dienerschaft vorgesehen war. Zwar blieb das
Hardenbergsche Haus in der Größe hinter den Neu-
bauten einiger anderer Minister zurück, doch ist es
trotzdem bemerkenswert, dass dem alleinstehenden
und bei Baubeginn bereits 59-jährigen Auftraggeber
und seinem Dienstpersonal hier mehr als 46 Räume
zur Verfügung standen.26
Der Gutshof in Nörten-Hardenberg
Im Jahre 1736 hatte der damals 40-jährige Friedrich
Karl von Hardenberg den elterlichen Gutshof und
Stammsitz der Familie in Nörten-Hardenberg geerbt.27
Er selbst war 1696 noch auf der dortigen alten Burg
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Das Hardenbergsche Haus
am Markt in Hannover
Eigentlich hätte die komfortable Dienstwohnung in
Herrenhausen für den Junggesellen Hardenberg voll-
auf ausgereicht. Seine Stellung im Rang eines Minis-
ters machte jedoch zusätzlich den Bau eines repräsen-
tativen Stadthauses notwendig.23 In prominenter Lage
an der Westseite des Altstädter Marktes in Hannover,
somit in unmittelbarer Nähe des Rathauses und der
Marktkirche, erwarb Hardenberg das 1645 errichtete
Haus des Bergfaktors und Hoflieferanten Johann Du-
ve, der als reichster Hannoveraner des 17. Jahrhun-
derts galt. Es ist als programmatisch anzusehen, dass
der Hofbaudirektor dieses keineswegs baufällige Haus
abbrechen und an seiner Stelle ab 1754 durch Heu-
mann einen zeitgemäßen Neubau errichten ließ (Abb.
5).24
Modern war das Hardenbergsche Haus am Markt vor
allem, weil hier die Trennung von symmetrischer Fas-
sadengliederung und funktionsorientierter Innen-
raumgestaltung, die Hardenberg und Heumann auf
ihren Frankreichreisen kennengelernt hatten, konse-
quent vollzogen wurde. Deutlich wird dies an der
unregelmäßigen Grundrissgestaltung hinter der sym-
metrischen Fassade und vor allem an der Positionie-
rung des etwa 64 qm großen Festsaals seitlich im
zweiten Obergeschoss, dessen Lage sich an der Fassa-
de in keiner Weise ablesen ließ (Abb. 6). Neu war
auch die Anlage eines Mezzaningeschosses über dem
Erdgeschoss. Ersteres diente Hardenberg als Privat-
wohnung. Hier befand sich ein kleiner Speisesaal für
alltägliche Nutzung sowie Hardenbergs Schlafzimmer
mit fest eingebauten Kleiderschränken und Bücher-
borden direkt neben dem Bett. So konnte das mit
Spiegeln, marmornen Wandtischen, geschnitzten und
lackierten Wandvertäfelungen sowie Textil- und chi-
nesischen Papiertapeten wertvoll ausgestattete zwei-
te Obergeschoss mit dem Saal komplett für festliche
Veranstaltungen vorgehalten werden. Im schon durch
seine geringe Höhe als untergeordnet gekennzeichne-
ten dritten Obergeschoss befanden sich Lagerräume
und Schlafstellen für das Dienstpersonal, so eine Kam-
mer, wo die schmutzige Wäsche aufgehangen zu
werden pflegt, eine Vorrats- oder Folterkammer, zwei
Kleiderkammern, eine Bedientenkammer sowie eine
Kammer für fremde Domestiquen mit einem Schlaf-
tisch für zwei Personen.25 Wenn gesellschaftlich hoch-
stehende Gäste beherbergt wurden, galt es ja nicht
nur diese selbst, sondern auch deren mitreisendes
Personal unterzubringen. Eine weitere Stube und
Kammer für die Dienerschaft sowie die Küche und
Backkammer im Seitenflügel befanden sich im Erd-
geschoss. Supraporten mit Stadtansichten von
Venedig zierten die Türen der Diele. Von hier aus führ-
te eine imposante zweifach gewendete Treppe nach
oben. Direkt daneben war im Seitenflügel eine weite-
re Treppe angeordnet (Abb. 6), die wohl vorrangig für
6 Hannover, Hardenbergsches Haus Am Markt 13. Erdge-
schossgrundriss, Bestandsplan, um 1837 (aus Stadtarchiv
Hannover).
die Dienerschaft vorgesehen war. Zwar blieb das
Hardenbergsche Haus in der Größe hinter den Neu-
bauten einiger anderer Minister zurück, doch ist es
trotzdem bemerkenswert, dass dem alleinstehenden
und bei Baubeginn bereits 59-jährigen Auftraggeber
und seinem Dienstpersonal hier mehr als 46 Räume
zur Verfügung standen.26
Der Gutshof in Nörten-Hardenberg
Im Jahre 1736 hatte der damals 40-jährige Friedrich
Karl von Hardenberg den elterlichen Gutshof und
Stammsitz der Familie in Nörten-Hardenberg geerbt.27
Er selbst war 1696 noch auf der dortigen alten Burg