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Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen
16 Gut Haus Nevinghoff
zumindest ihre Hauptwohnung in Delbrück bzw. in
Neuhaus und scheinen daher auf ihrem ererbten Hof
nur eine Sommerwohnung unterhalten zu haben.85 So
wird 1840 berichtet, dass der an dem großen und
vom Pächter bewohnten Bauernhaus von 1577
befindliche Saal einen separaten Eingang habe und
ausschließlich vom Eigentümer genutzt werden dürf-
te.86
Die Motivation für den ländlichen Aufenthalt der
Hofbesitzer ist im Einzelfall unterschiedlich, denn es
lässt sich ein erstaunlich breites Spektrum der Nut-
zung feststellen. Es kann sich um Dauerwohnungen
(als Altenteil) oder um temporäre Wohnungen han-
deln, etwa um diese beim Aufenthalt in der Som-
merfrische oder als Jagdwohnung zu nutzen. Regel-
mäßig aber sind es Wohnungen, die keinen eigenen
abgeschlossenen Haushalt zuließen, sondern die
Versorgung mit Lebensmitteln blieb bei ihnen mehr
oder weniger Aufgabe der Hofpächter.
Bauliche Lösungen zur Unterbringung einer
Wohnung des Verpächters
Nach Betrachtung der Nutzer und der Nutzungen der
städtischen Besitzungen auf dem Land bleibt die
Frage, welche baulichen Lösungen sich für die herr-
schaftlichen Wohnungen auf ihren Pachthöfen nach-
weisen lassen. Alle im Münsterland nachweisbaren
Lösungen sind der baugeschichtlichen Forschung
nicht neu, wurden aber bislang teilweise in anderen
sozialen Zusammenhängen gesehen.
Nur selten wurde ein von den Pächtern unabhängiger
Haushalt mit einer eigenen Küche gebildet. Dennoch
dürfte auch hier der Bezug zwischen Pächter und
Verpächter eng geblieben sein, denn erstere haben
sicherlich immer die notwendigen Lebensmittel be-
sorgt und die Vorratskammern gefüllt.
Es gab auf den Pachthöfen höchst unterschiedliche
Lösungen für die Anlage einer herrschaftlichen Som-
merwohnung. Alle Lösungen waren grundsätzlich
davon bestimmt, dass zwei Wohnbereiche für die
unterschiedlichen Haushalte von Pächter und Ver-
pächtervorhanden sein mussten und diese mehr oder
weniger zu trennen waren. Lebte auf dem Pachthof
auch ein Altenteiler, konnte es auch drei Wohnungen
geben. Weitere Wohnbereiche waren für das Personal
der Herrschaft und das Gesinde des Hofes vorhanden.
Das Wohnen in Teilen des Haupthauses der Hofanlage
17 Grundriss vom Hauptgebäude auf dem Gut Haus Ossenbeck bei Drensteinfurt (Kr. Warendorf). Das 1916 abgebrannte
Haupthaus stand auf einem großen umgräfteten Gutshof, der sich über mehrere Jahrhunderte in der Hand von Großkaufleu-
ten in Münster befunden hatte. Zu dem 1910 erstellten Bestandsplan (Archiv Haus Drensteinfurt) hat sich auch eine detail-
lierte Beschreibung erhalten, die die charakteristischen Merkmale eines Pächterwohnhauses mit herrschaftlicher Wohnung
erkennen lässt: Kern war ein als „westfälisches Bauernhaus" bezeichnetes Längsdielenhaus von Fachwerk. An die dreischiffi-
ge Wirtschaftsdiele schloss sich eine abgetrennte große Herdküche mit nur einer Lucht an; statt der zweiten Lucht gab es
einen abgetrennten Wohnraum. An das unterkellerte Kammerfach mit großer Aufkammer ist ein zweigeschossiges
Wohnhaus mit massiven Umfassungswänden, Satteldach und aufgesetztem Uhrturm angebaut.
Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen
16 Gut Haus Nevinghoff
zumindest ihre Hauptwohnung in Delbrück bzw. in
Neuhaus und scheinen daher auf ihrem ererbten Hof
nur eine Sommerwohnung unterhalten zu haben.85 So
wird 1840 berichtet, dass der an dem großen und
vom Pächter bewohnten Bauernhaus von 1577
befindliche Saal einen separaten Eingang habe und
ausschließlich vom Eigentümer genutzt werden dürf-
te.86
Die Motivation für den ländlichen Aufenthalt der
Hofbesitzer ist im Einzelfall unterschiedlich, denn es
lässt sich ein erstaunlich breites Spektrum der Nut-
zung feststellen. Es kann sich um Dauerwohnungen
(als Altenteil) oder um temporäre Wohnungen han-
deln, etwa um diese beim Aufenthalt in der Som-
merfrische oder als Jagdwohnung zu nutzen. Regel-
mäßig aber sind es Wohnungen, die keinen eigenen
abgeschlossenen Haushalt zuließen, sondern die
Versorgung mit Lebensmitteln blieb bei ihnen mehr
oder weniger Aufgabe der Hofpächter.
Bauliche Lösungen zur Unterbringung einer
Wohnung des Verpächters
Nach Betrachtung der Nutzer und der Nutzungen der
städtischen Besitzungen auf dem Land bleibt die
Frage, welche baulichen Lösungen sich für die herr-
schaftlichen Wohnungen auf ihren Pachthöfen nach-
weisen lassen. Alle im Münsterland nachweisbaren
Lösungen sind der baugeschichtlichen Forschung
nicht neu, wurden aber bislang teilweise in anderen
sozialen Zusammenhängen gesehen.
Nur selten wurde ein von den Pächtern unabhängiger
Haushalt mit einer eigenen Küche gebildet. Dennoch
dürfte auch hier der Bezug zwischen Pächter und
Verpächter eng geblieben sein, denn erstere haben
sicherlich immer die notwendigen Lebensmittel be-
sorgt und die Vorratskammern gefüllt.
Es gab auf den Pachthöfen höchst unterschiedliche
Lösungen für die Anlage einer herrschaftlichen Som-
merwohnung. Alle Lösungen waren grundsätzlich
davon bestimmt, dass zwei Wohnbereiche für die
unterschiedlichen Haushalte von Pächter und Ver-
pächtervorhanden sein mussten und diese mehr oder
weniger zu trennen waren. Lebte auf dem Pachthof
auch ein Altenteiler, konnte es auch drei Wohnungen
geben. Weitere Wohnbereiche waren für das Personal
der Herrschaft und das Gesinde des Hofes vorhanden.
Das Wohnen in Teilen des Haupthauses der Hofanlage
17 Grundriss vom Hauptgebäude auf dem Gut Haus Ossenbeck bei Drensteinfurt (Kr. Warendorf). Das 1916 abgebrannte
Haupthaus stand auf einem großen umgräfteten Gutshof, der sich über mehrere Jahrhunderte in der Hand von Großkaufleu-
ten in Münster befunden hatte. Zu dem 1910 erstellten Bestandsplan (Archiv Haus Drensteinfurt) hat sich auch eine detail-
lierte Beschreibung erhalten, die die charakteristischen Merkmale eines Pächterwohnhauses mit herrschaftlicher Wohnung
erkennen lässt: Kern war ein als „westfälisches Bauernhaus" bezeichnetes Längsdielenhaus von Fachwerk. An die dreischiffi-
ge Wirtschaftsdiele schloss sich eine abgetrennte große Herdküche mit nur einer Lucht an; statt der zweiten Lucht gab es
einen abgetrennten Wohnraum. An das unterkellerte Kammerfach mit großer Aufkammer ist ein zweigeschossiges
Wohnhaus mit massiven Umfassungswänden, Satteldach und aufgesetztem Uhrturm angebaut.