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Winghart, Stefan [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Kaspar, Fred [Bearb.]; Gläntzer, Volker [Bearb.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Landgüter von Bürgern und Beamten, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Prinzhorn, Carolin Sophie: Steinwerke in Stadt und Land Osnabrück
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0290
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Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen


4 Ankum-Westerholte, Steinwerk des Hofes Große-
Hamberg. Detail des Giebeldreieckes mit Luke sowie den
beigeordneten Balkenlöchern und Konsolsteinen, 2003.


5 Rosheim/Elsass, beim so genannten Romanischen Haus
wurde eine balkonartige Aussichtsplattform nach Befund
rekonstruiert, 2007.

erschlossen. Anders als bei den städtischen Stein-
werken, die als Rückgebäude einem zur Straße aus-
gerichteten Vorderhaus angeschlossen waren, wur-
den die ländlichen Bauten in der Art der bäuerlichen
Speicher allein stehend auf dem Hofgrundstück in
einiger Entfernung zum Haupthaus errichtet. Die
Speicherfunktion ist im Falle der Steinwerke um eine
Wohnnutzung im Obergeschoss erweitert worden,
die sich anhand offener Kamine, Ausgusssteinen und
mitunter auch Abtritten ablesen lässt. In diesem Zu-
sammenhang bleibt jedoch anzumerken, dass die
Kamine der Ankumer Steinwerke aufgrund der weiß
verputzten Schornsteininnenflächen ohne jegliche
Rußspuren offensichtlich nie in Benutzung waren. Die
übrigen Geschosse werden angesichts fehlender
Einbauten der Lagerhaltung vorbehalten gewesen
sein.
Die Durchfensterung der Gebäude ist äußerst spär-
lich, die Belichtung erfolgt lediglich durch kleine,
schlitzförmige Fenster. Einige der besonders schmalen
Öffnungen machen zwar den Eindruck, es habe sich
um Schießscharten gehandelt, die innere Nischen-
geometrie erlaubte die Benutzung als solche jedoch
nicht. Bei einigen wenigen Steinwerken sind aller-
dings quadratische Scharten mit in situ befindlichen
Prellhölzern vorhanden, die den Gebrauch von Ha-
kenbüchsen ermöglichten. Diese Befunde dienen zu-
gleich als Hinweis auf die Erbauungszeit der betref-
fenden Steinwerke, da in dieser Region mit Handfeu-
erwaffen dieser Art nicht vor dem 15. Jahrhundert zu
rechnen ist.
Eine weitere Auffälligkeit lässt sich indes an allen
erhaltenen ländlichen Steinwerken Osnabrücks fin-
den: An wenigstens einer, in den meisten Fällen je-
doch an beiden Giebelseiten wurde am höchstmögli-
chen Punkt im Giebeldreieck eine Luke vorgesehen.
Jede Luke wird unterhalb ihrer Schwelle von zwei
Balkenlöchern mit darunterliegenden Konsolsteinen
begleitet (Abb. 3 u. 4). Die demnach vor der Luke zu
rekonstruierende balkonartige Plattform lässt sich als
ein möglichst hoch gelegener Aussichtspunkt deuten
(Abb. 5).4 Eine ähnliche Konstruktion, allerdings in
werksteinerner Ausführung, findet sich auch im nörd-
lichen Hessen. Als Beispiele seien der Ratshof in Alien-
dorf, das Kloster Breitenau in Guxhagen und die Kir-
che in Bergheim (Edertal) genannt (Abb. 6).5
In gleicher Weise wie die Plattformen an den ländli-
chen Steinwerken Osnabrücks in der zu diesem
Thema spärlichen Literatur als Wehrerker gedeutet
wurden, wird den Gebäuden insgesamt eine Verteidi-
gungsfähigkeit zugesprochen, die sie bei genauerer
Betrachtung nicht erfüllen können.6 Dies trifft nicht
nur auf die schartenartigen Fenster zu, sondern mit-
unter auch auf besagte Luken. An einigen Steinwer-
ken verfügen sie zwar über sämtliche Konstruktions-
merkmale für einen balkonartigen Austritt, die
Lukenöffnung ist jedoch so klein, dass ein, noch dazu
 
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