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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Landgüter von Bürgern und Beamten, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Kaspar, Fred; Barthold, Peter: Saalkammer und Torhaus: ein bürgerliches Pachtgut mit Sommerwohnungen aus der Zeit um 1590: Haus Milte bei Telgte (Kr. Warendorf)
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0350
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346

Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen

1687 ist eine größere Reparatur an dem Gebäude vor-
genommen worden, wobei man offenbar auch die
Balkendecke über dem östlichen Kellerraum erneuer-
te oder zumindest reparierte (der Keller ist zumindest
seitdem durch eine Längswand aus mit Holzfeldern
verschlossenem Fachwerk in zwei Teile unterteilt).
Hintergrund der Baumaßnahme scheint ein starker
Bauschaden gewesen zu sein, sodass offensichtlich
der gesamte Ostgiebel einschließlich eines Abschnitts
der beiden anschließenden Traufwände erneuert wer-
den musste.76 Die Köpfe der im Zuge dieser Baumaß-
nahme eingezogenen Eisenanker zur Befestigung der
die Kellerdecke tragenden Balkenlage ergeben eine
umlaufende Inschrift: Auf der Südseite: R [= reno-
viert?] ANNO, dann auf der Ostseite: 1687 und auf
der Nordseite: [...] / M I [= wohl die Initialen der
Bauherren],
Die Einrichtung des damit stark erneuerten und verän-
derten Gebäudes ist durch ein Inventarverzeichnis von
1807 genauer zu erfassen: Zu dreser Zeit befanden
sich in der westlichen Hälfte, im Brauhaus alle zum
Brauen notwendigen Geräte und Gegenstände.
Ferner gab es - wohl in der östlichen Hälfte - einen
Keller sowie an nicht näher bekannter Stelle eine Kä-
sekammer (wohl der nachweisbare zweite Keller-
raum). Auch ein Raum zum Backen mit einem Ofen
lässt sich nachweisen (möglicherweise als Abtrennung
vom Brauhaus). Der Saal in der östlichen Hälfte war
(seit 1687?) als Hauskapelle eingerichtet; der Altar
dürfte vor der Ostwand gestanden haben, wozu man
möglicherweise 1687 eine dort noch vorhandene
mittlere Wandnische geschaffen hatte. Von dieser
Hauskapelle zeugt neben dem Inventar von 1807
auch ein weiteres von 1832. Beschrieben werden hier
14 Paar Bilder am Altar, zwei blecherne Wandleuch-
ten, vier weitere von Holz, zwei Kirchenbänke, eine
Bank, ein Sessel, sechs Brettstühle und sechs weitere
mit Leder beschlagene Sessel, ein runder Tisch und
weitere kleinere Gegenstände.
1807 wurde das Dach des Pforthauses umgedeckt,
wofür man auch 500 neue Pfannen benötigte. Die
sieben vorhandenen Dachfenster wurden abgenom-
men und erneuert. Ferner erneuerte Zimmermeister J.
Schmidt aus Münster die Verbretterung des westli-
chen Giebels.
1842 wurde die bislang vorhandene hölzerne Zug-
brücke abgebrochen und durch eine neue massiv aus
Backstein von Zimmermeister Lodde aus Telgte ge-
mauerte und bis heute erhaltene Bogenbrücke er-
setzt.
Für das Jahr 1870 sind Bauarbeiten an einer Stallung,
Wagenremise und einer Bedienstetenstube überlie-
fert. Offenbar handelt es sich um Umbauten im alten
Torhaus. Denn in diesem Zusammenhang wurde nicht
nur das alte Braugerät verkauft (der Kessel sei ganz
unbrauchbar), sondern man brach auch ein neues
Einfahrtstor in bestehendes Mauerwerk und beseitig-

te die Backöfen. Die Arbeiten wurden durch den Zim-
mermeister Wilh. Brinckschulte aus Münster und den
Maurermeister Ferdinand Wiese aus Münster ausge-
führt.
1902 wurde das Torhaus einschneidend verändert:
Den westlichen Teil baute man als Landhaus für den
Justizrat Dr. Göring aus.77 Hierbei wurde unter teilwei-
ser Verwendung der alten Umfassungswände ein
zweigeschossiger Backsteinbau geschaffen. Darüber
entstand ein ausgebautes Mansarddach in malerisch
gebrochener Gestalt. Seit 1905 wurde das Gebäude
als Sommerhaus durch die Erbin Maria Göring und
ihren Ehemann Rechtsanwalt Philipp Haerten genutzt.
Er war zunächst Stadtphysikus in Münster, dann aber
über zwei Jahrzehnte seiner Laufbahn in anderen
Städten, wobei sie während dieser Zeit Haus Milte
regelmäßig im Sommer bewohnten.
Der Wagenschuppen (von 1834)
Der Schuppen wurde im Zuge der umfassenden
Erneuerung des Gutes errichtet, um hier die Fuhr-
werke der Besitzerfamilie unterzubringen, wenn diese
aus Münster anreisten. Der Fachwerkbau wurde mit
der Traufwand an der Ostseite des Hofplatzes als
Fachwerkbau von zehn Gebinden mit aufgelegten
Balken errichtet. Das beim Bau verwendete Eichen-
holz ist teilweise zweitverzimmert. Das Gerüst steht
auf einer Sandsteinschwelle über Bruchsteinsockel,
die Wände wurden zweifach verriegelt und mit Back-
stein ausgemauert. Das Dach ist mit Sparrenpaaren im
gebundenen System verzimmert, hat einen Kehlbal-
ken und erhielt eine Eindeckung mit Holzpfannen auf
Docken.
Das Gebäude wurde als zweischiffiger Bau mit einer
mittleren Längswand ausgeführt. Die beiden neben-
einander befindlichen Dielen sind jeweils von beiden
Giebelfronten über die dort vorhandenen Torbögen
befahrbar.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist die mittlere Längs-
wand zum größten Teil entfernt worden und drei der
ursprünglichen Tore wurden durch Fachwerkwände
verschlossen. 1986 wurde das Gebäude instand ge-
setzt (hierzu wurde ein Inschriftenstein von Sandstein
in der westlichen Traufwand eingemauert) und das
Dach umgedeckt.
Holzschuppen (von 1863)
Auf der inneren Insel errichtete man 1863 zwei neue
Holzschuppen, die mit ihren Rückseiten entlang der
Gräften gestellt werden.78 Die weitere Geschichte des
Gebäudes ist nicht bekannt.
Stallgebäude (von 1903/1928/1934)
Im Jahre 1903 wurde entlang des nördlichen Randes
der Gräfte ein neues Stallgebäude als eingeschossiger
Backsteinbau errichtet.79 Die Pläne dürften von dem
 
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