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Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen
sprünglichen Gestaltung des Baus gehörende axial
ausgebildete und dreigeteilte Gestaltung der Längs-
fronten heute nicht mehr erkennbar. In der Mitte der
westlichen Front bestand eine Toreinfahrt, die in das
zwischen den neben den seitlichen massiven Bau-
teilen wandhohe Fachwerkgerüst von sechs Gefachen
Breite eingestellt war.20
Das Gerüst des Baus ist weitgehend gebindeweise
errichtet worden, wobei sich Ständeranordnung, Bal-
kenlage und Sparrenstellung aufeinander bezogen.
Balken- und Stichbalkenlagen wurden auf starke Rüh-
me gelegt. Die erhaltenen, nur ein Stockwerk hohen
seitlichen Bereiche des Fachwerks sind ebenso wie die
darüberstehenden Giebeldreiecke zweifach verriegelt
und mit Fußstreben unter den oberen Riegeln ausge-
steift. Die recht kleinen Gefache wurden mit Backstei-
nen ausgefacht. Für die Fenster besteht ein Riegelver-
sprung der oberen Riegelkette.
Der Bau ist mit einer aufgelegten Balkenlage abge-
deckt, in die zu den Giebeln lange, die leicht vorkra-
genden Giebeldreiecke tragende Stichbalken einge-
zapft sind. Die Vorkragung wurde zwischen den
Stichbalkenköpfen mit profilierten Füllhölzern ge-
schlossen. Im gesamten Gerüst gibt es allerdings
keine Kopfbänder im Querverband. Im Wohnteil wur-
den die Balken schon bauzeitlich verputzt,21 wobei als
Träger des Kalkputzes Stroh verwendet wurde, das
mit auf den Balken festgenagelten Weidenruten be-
festigt ist.
Über dem Bau erhebt sich ein aufwändig und aus
ungewöhnlich stark dimensionierten Hölzern verzim-
mertes Dachwerk (die Sparren bestehen aus Nadel-
holz, Stühle und Kehlbalken aus Eiche). Es wurde als
Sparrendach mit tiefen Krüppelwalmen und elf Paa-
ren von Vollsparren verzimmert. Die Sparren sind in
die Dachbalken gezapft, haben drei gezapfte Kehlbal-
kenlagen und werden unter den unteren mit etwa
2,8 m im Lichten sehr hoch sitzenden Kehlbalken
durch eine Stuhlkonstruktion über dem mittleren
Hausteil unterstützt. Mit ihrer Hilfe wurde das Dach-
werk für die Lagerung von großen Lasten ausgebildet,
wobei wohl zumindest in den unteren beiden Etagen
eine Kornlagerung vorgesehen war (hierzu ist der
unterste Dachboden noch heute in weiten Flächen
mit sehr breiten und durch eingenutete Federn dicht
miteinander verbundenen Eichenbohlen ausgelegt).
Unter jeden zweiten Vollsparren wurde zudem ein lie-
gender Stuhl gestellt, wobei im mittleren Hausteil (der
Bereich über der hohen Diele) vier große Stühle ent-
standen, die die Lasten von den in diesem Bereich
nicht unterstützten Dachbalken ableiteten. Seine
Stuhlsäulen sind durch Spannbalken verbunden,
wobei lange Kopfbänder der Aussteifung im Quer-
verband dienen. Diese vier Stühle sind jeweils durch
Strebenkreuze und zwischengespannte Längshölzer
miteinander verbunden. Daran anschließend folgte
bis zu den Sparrenpaaren unter den Walmspitzen je-
weils noch ein einfacher gestalteter Stuhl, wobei diese
4 Paderborn-Schloss Neuhaus, Gut Nachtigall. Rekonstruktionsversuch des bauzeitlichen Grundrisses vom Erdgeschoss mit
den Wirtschaftsräumen in den seitlichen Bereichen (2011).
Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen
sprünglichen Gestaltung des Baus gehörende axial
ausgebildete und dreigeteilte Gestaltung der Längs-
fronten heute nicht mehr erkennbar. In der Mitte der
westlichen Front bestand eine Toreinfahrt, die in das
zwischen den neben den seitlichen massiven Bau-
teilen wandhohe Fachwerkgerüst von sechs Gefachen
Breite eingestellt war.20
Das Gerüst des Baus ist weitgehend gebindeweise
errichtet worden, wobei sich Ständeranordnung, Bal-
kenlage und Sparrenstellung aufeinander bezogen.
Balken- und Stichbalkenlagen wurden auf starke Rüh-
me gelegt. Die erhaltenen, nur ein Stockwerk hohen
seitlichen Bereiche des Fachwerks sind ebenso wie die
darüberstehenden Giebeldreiecke zweifach verriegelt
und mit Fußstreben unter den oberen Riegeln ausge-
steift. Die recht kleinen Gefache wurden mit Backstei-
nen ausgefacht. Für die Fenster besteht ein Riegelver-
sprung der oberen Riegelkette.
Der Bau ist mit einer aufgelegten Balkenlage abge-
deckt, in die zu den Giebeln lange, die leicht vorkra-
genden Giebeldreiecke tragende Stichbalken einge-
zapft sind. Die Vorkragung wurde zwischen den
Stichbalkenköpfen mit profilierten Füllhölzern ge-
schlossen. Im gesamten Gerüst gibt es allerdings
keine Kopfbänder im Querverband. Im Wohnteil wur-
den die Balken schon bauzeitlich verputzt,21 wobei als
Träger des Kalkputzes Stroh verwendet wurde, das
mit auf den Balken festgenagelten Weidenruten be-
festigt ist.
Über dem Bau erhebt sich ein aufwändig und aus
ungewöhnlich stark dimensionierten Hölzern verzim-
mertes Dachwerk (die Sparren bestehen aus Nadel-
holz, Stühle und Kehlbalken aus Eiche). Es wurde als
Sparrendach mit tiefen Krüppelwalmen und elf Paa-
ren von Vollsparren verzimmert. Die Sparren sind in
die Dachbalken gezapft, haben drei gezapfte Kehlbal-
kenlagen und werden unter den unteren mit etwa
2,8 m im Lichten sehr hoch sitzenden Kehlbalken
durch eine Stuhlkonstruktion über dem mittleren
Hausteil unterstützt. Mit ihrer Hilfe wurde das Dach-
werk für die Lagerung von großen Lasten ausgebildet,
wobei wohl zumindest in den unteren beiden Etagen
eine Kornlagerung vorgesehen war (hierzu ist der
unterste Dachboden noch heute in weiten Flächen
mit sehr breiten und durch eingenutete Federn dicht
miteinander verbundenen Eichenbohlen ausgelegt).
Unter jeden zweiten Vollsparren wurde zudem ein lie-
gender Stuhl gestellt, wobei im mittleren Hausteil (der
Bereich über der hohen Diele) vier große Stühle ent-
standen, die die Lasten von den in diesem Bereich
nicht unterstützten Dachbalken ableiteten. Seine
Stuhlsäulen sind durch Spannbalken verbunden,
wobei lange Kopfbänder der Aussteifung im Quer-
verband dienen. Diese vier Stühle sind jeweils durch
Strebenkreuze und zwischengespannte Längshölzer
miteinander verbunden. Daran anschließend folgte
bis zu den Sparrenpaaren unter den Walmspitzen je-
weils noch ein einfacher gestalteter Stuhl, wobei diese
4 Paderborn-Schloss Neuhaus, Gut Nachtigall. Rekonstruktionsversuch des bauzeitlichen Grundrisses vom Erdgeschoss mit
den Wirtschaftsräumen in den seitlichen Bereichen (2011).