Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

DOI issue:
Landgüter von Bürgern und Beamten, Lebens- und Wirtschaftsformen
DOI article:
Kaspar, Fred: Ein Sommerhaus des 18. Jahrhunderts für Priester aus gutem Hause: die Borg auf dem Hof Lütke Rumphorst bei Telgte (Kr. Warendorf)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0401
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ein Sommerhaus des 18. Jahrhunderts für Priester aus gutem Hause
Die Borg auf dem Hof Lütke Rumphorst bei Telgte (Kr. Warendorf)

dem nördlichen Raum des Erdgeschosses zugängli-
cher Abort (dieser Raum sollte daher sicherlich als
Schlafraum dienen) und im südlichen, zweigeschossi-
gen Teil gibt es einen vom Obergeschoss zugängli-
chen Abort. Er befindet sich an der dortigen mittleren
Diele und diente damit den beiden anschließenden
Schlafräumen.
In den Jahren 1800/02 befand sich die Borg nach ver-
schiedenen Berichten in den Akten während des Baus
des benachbarten Pächterwohnhauses in einem
guten Zustand. Sie wurde von den Exekutoren der
Stiftung während ihres Aufenthaltes auf dem Hof und
bei den stetigen Besuchen auf der Baustelle öfters
genutzt. Es folgten nun kontinuierlich kleinere Arbei-
ten zur Bauunterhaltung.21 Zwischen etwa 1820 und
1841 scheint die Borg dann allerdings von dem Nut-
zungsberechtigten nicht mehr als Sommerhaus ge-
nutzt worden zu sein und wurde wiederum kaum
noch unterhalten, sodass das Gebäude entgegen den
Bestimmungen der Familienstiftung schnell wieder
verfiel und schon nach 50-jährigem Bestand erneut
als baufällig galt.22
Modernisierung 1844-1845
Im Herbst 1840 wurden erste Reparaturen an dem
Gebäude durchgeführt.23 Trotz dieser auf das Äußere
beschränkten Unterhaltungsarbeiten wurde das Haus
1842 als verwahrlost beschrieben: Die Einrichtung sei
zerstört oder fortgebracht. Daher beschloss der Stif-
tungsvorstand, das Gebäude unter Hinzuziehung des
Bauinspektors Teuto in Münster gründlich instand set-
zen zu lassen und auch wieder zum Bewohnen not-
wendiges Inventar zu beschaffen. Die Kosten in Höhe
von 446 Thl. der 1844 bis 1845 durchgeführten
Baumaßnahmen wurden von der Stiftung ebenso
übernommen wie die 239 Thl., die im folgenden Jahr
für die Innenausstattung und die Neugestaltung des
Gartens anfielen. Insgesamt wurden die Kosten zum
Schluss mit 701 Thl. berechnet.
Bei den Arbeiten wurde nicht nur der gesamte Bau in
seiner Konstruktion saniert, sondern auch das Raum-
programm modernisiert. Hierbei hat man von der
breiten mittleren Diele im Obergeschoss durch eine
Querwand einen zusätzlichen Raum abgetrennt und
alle Fenster mit großen Scheiben und hölzernen
Sprossen erneuert. Alle Räume wurden zudem neu
ausgestaltet.24 In der Abrechnung werden verschiede-
ne Räume genannt: Küche mit dem Rauchfang, Zim-
mer der Kinder, Vorratskammer, der Entree oben. In
jeder Etage gab es fünf Zimmertüren. Das große und
ein kleines Zimmer wurden grün, ein kleines Zimmer
blau, zwei Zimmer rot und ein Zimmer gelb gestri-
chen. Der Schreiner Philipp Rumphorst führte nicht
nur den gesamten Anstrich aus,25 sondern lieferte
auch die meisten der neu beschafften Möbel. Hierfür
rechnete er insgesamt 208 Thl ab.25 Er lieferte an
Einrichtungsstücken: einen großen Kleiderschrank mit

acht Schubladen, zwei zweischläfrige und zwei ein-
schläfrige Bettstellen, drei Garderoben, einen ovalen
Tisch, eine Kirschbaumkommode, einen Spiegel-
schrank, 18 Zimmerstühle, zwei Küchenstühle und
einen kleinen Küchentisch mit Schublade. Weitere
Einrichtungsgegenstände beschaffte man in Münster:
Bei Fr. Koch kaufte man für 7 Thl. einen großen und
zwei kleinere Spiegel. Brüggemann lieferte für 12 Thl
den im Haus aufgestellten Friedrichsofen Nr. 1 und
Schmitz für 1 Thl. 15 sgr. einen Ofenstein als seine
Unterlage. A. Ewertz aus Münster rechnete 3 Thl. 5 gr.
dafür ab, dass er ein Wappen auf Glas gemahlt und
noch drei kleine Wappen gemalt habe, von denen
eines zusätzlich mit Schrift versehen sei. Ferner wur-
den Roleaux für die Fenster und Lambris beschafft.
Um zu verhindern, dass das Haus fortan wieder ver-
wahrloste, beschloss der Stiftungsvorstand, jährlich
ein Inventar über das vorhandene Mobiliar anfertigen
zu lassen. Hierbei blieb man allerdings nur bis 1851,
als man die Borg an den Banquier Niedik aus Münster
vermietete. Zuvor hatte man noch eine umfassende
Renovierung für etwa 150 Thl. durchführen lassen.27
Fortan lässt sich ein kontinuierlicher Bauunterhalt
nachweisen.28 1 898 werden die im Gebäude vorhan-
denen Räume aufgezählt: Küche, Wohnzimmer,
erstes und zweites Schlafzimmer sowie zwei
Kammern.
Reparaturen 1900
1898 wurde beschlossen, die Borg gründlich reparie-
ren zu lassen.29 Nachdem der Vorstand der Stiftung
aufgrund des von Handwerkern festgestellten Verfalls
zunächst im September 1899 einen kompletten
Neubau beschlossen hatte, entschied man sich nach
Einholung verschiedener Gutachten und einer Skizze
des Baudirektors Löffken aus Münster sowie einer von
diesem vorgelegten Kalkulation über die Kosten für
einen Neubau von etwa 25-30 000 Mark im Januar
1900 doch dazu, den bestehenden Bau zu reparieren
und wieder so bewohnbar zu machen. Er sollte
danach dem derzeitigen Stiftungsvorstand Theodor
Scheffer-Boichorst vermietet werden. Das Gebäude
wurde im Inneren einer eingehenden Renovierung un-
terzogen, wobei die Wände teilweise einen neuen
Verputz, die Böden und teilweise auch die Wände
einen Linoleumbelag erhielten, andere Wände tape-
ziert wurden und man die alten Möbel mit einem
Anstrich versah.30
Im Zuge der Neuvermietung 1906 erneuerte man die
schlechte Dacheindeckung und den Außenanstrich.
Im Inneren wurde die Küche verlegt.31 In den nächsten
Jahren folgten weitere Modernisierungsarbeiten vor
dem Hintergrund der zu dieser Zeit umfangreichen
Einkünfte der Familienstiftung.32 Als ihre Erträge spä-
ter zurückgingen, wurde das Gebäude nur noch ge-
ringfügig unterhalten. Erst 1990 erfolgte eine erneu-
te Sanierung des Gebäudes.33

397
 
Annotationen