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C. HUMANN UND W. DOERPFELD
Am 24. September kamen wir in Smyrna an, versahen uns
mit dem nötigen Werkzeug und Aufsehern und fuhren am 27.
mit der Bahn nach A'idin, der Hauptstadt des gleichnamigen
Regierungsbezirkes, die hart unterhalb des alten Tralles liegt;
am 1. Oktober begann die Arbeit.
Bekanntlich ziehen zwei grosse Gebirgstränge im mittle-
ren Vorder-Kleinasien von Osten nach Westen bis zur Rüste,
mit den Sammelnamen Tmolos und Messonis bezeichnet; zwi-
sehen ihnen liegt die Ebene des Kaystros, nördlich vom Tmo-
los die des Hermos, südlich von der Messogis die des Mäan-
der. Die beiden Gebirge haben im Ganzen die Eigentümlich-
keit, dass ihre Abhänge nach der Kaystrosebene zu felsig, die
Aussenseilen, um mich so auszudrücken, also Tmolos nach
Norden, Messogis nach Süden, teils erdig sind, teils aus ei-
nem Conglomerat von Kieseln, Feldsteinen und Erde beste-
hen. Wer je von Smyrna mit der Bahn nach Sardes fuhr, war
überrascht von der wunderbaren Bildung der Tmolosabhänge,
die durch Tausende von Hügeln mit so steilen Wänden gebil-
det sind, dass sie fast Türmen gleichen. Sonne, Wind, Regen
und Frost setzen dem Conglomerat arg zu, jedoch bleibt es
bei der Verwitterung in steilen Wänden stehen. Dieser For-
mation verdankte die Burg von Sardes, von der heute nur
noch ein schmaler Grat steht, ihre Uneinnehmbarkeit. Ähn-
lich und doch abweichend zeigen sich die Südabhänge der
Messogis. Breite Erdmassen schieben sich mehr oder minder
abgerundet von der Höhe des Gebirges gegen die Ebene vor,
durchschnitten von Schluchten mit steilen Wänden. Nahe der
Ebene bilden sich breite Hochebenen, die dann fast senkrecht
zu ersterer abfällen. Eine solche Hochebene, aus welcher im
Norden sich ein 120m hoher Hügel heraushebt, diente zur
Anlage der Stadt Tralles; der genannte Hügel ist als ihre
Akropolis zu bezeichnen. Die beifolgende Karte (Taf. 12) ver-
anschaulicht die Lage.
Im Norden und Osten fällt die Hochebene schroff und steil
in den Fluss, den alten Eudon, im Westen weniger tief und
steil in mehrere kleine Bäche, im Süden in die Mäanderebene;
C. HUMANN UND W. DOERPFELD
Am 24. September kamen wir in Smyrna an, versahen uns
mit dem nötigen Werkzeug und Aufsehern und fuhren am 27.
mit der Bahn nach A'idin, der Hauptstadt des gleichnamigen
Regierungsbezirkes, die hart unterhalb des alten Tralles liegt;
am 1. Oktober begann die Arbeit.
Bekanntlich ziehen zwei grosse Gebirgstränge im mittle-
ren Vorder-Kleinasien von Osten nach Westen bis zur Rüste,
mit den Sammelnamen Tmolos und Messonis bezeichnet; zwi-
sehen ihnen liegt die Ebene des Kaystros, nördlich vom Tmo-
los die des Hermos, südlich von der Messogis die des Mäan-
der. Die beiden Gebirge haben im Ganzen die Eigentümlich-
keit, dass ihre Abhänge nach der Kaystrosebene zu felsig, die
Aussenseilen, um mich so auszudrücken, also Tmolos nach
Norden, Messogis nach Süden, teils erdig sind, teils aus ei-
nem Conglomerat von Kieseln, Feldsteinen und Erde beste-
hen. Wer je von Smyrna mit der Bahn nach Sardes fuhr, war
überrascht von der wunderbaren Bildung der Tmolosabhänge,
die durch Tausende von Hügeln mit so steilen Wänden gebil-
det sind, dass sie fast Türmen gleichen. Sonne, Wind, Regen
und Frost setzen dem Conglomerat arg zu, jedoch bleibt es
bei der Verwitterung in steilen Wänden stehen. Dieser For-
mation verdankte die Burg von Sardes, von der heute nur
noch ein schmaler Grat steht, ihre Uneinnehmbarkeit. Ähn-
lich und doch abweichend zeigen sich die Südabhänge der
Messogis. Breite Erdmassen schieben sich mehr oder minder
abgerundet von der Höhe des Gebirges gegen die Ebene vor,
durchschnitten von Schluchten mit steilen Wänden. Nahe der
Ebene bilden sich breite Hochebenen, die dann fast senkrecht
zu ersterer abfällen. Eine solche Hochebene, aus welcher im
Norden sich ein 120m hoher Hügel heraushebt, diente zur
Anlage der Stadt Tralles; der genannte Hügel ist als ihre
Akropolis zu bezeichnen. Die beifolgende Karte (Taf. 12) ver-
anschaulicht die Lage.
Im Norden und Osten fällt die Hochebene schroff und steil
in den Fluss, den alten Eudon, im Westen weniger tief und
steil in mehrere kleine Bäche, im Süden in die Mäanderebene;