Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Statuetten aus Gold und Elfenbein

77

Als Statuen, und damit vielleicht sogar
als Kultbilder, sind zwei Figuren gekenn-
zeichnet: die Elfenbeinfigur auf dem
Pantherkopf (Abb. 28 - vgl. S. 31) und
die voll gegossene Goldstatuette aus der
Grabungdes Jahres 1993 (Abb. 86), denn
nur diese beiden stehen auf einer Basis.
Schon Hogarth bemerkte, daß alle Elfen-
beinstatuetten außerhalb seines Tempels
A (vgl. S. 33, 89) gefunden worden sind.
Die bisherige Evidenz läßt daher nur den
Schluß zu, daß diese Statuetten keine Be-
ziehung zum Kultbild aufweisen, wel-
ches im Peripteros stand, sondern zu den
Kultbasen gehören, bei denen sie gefun-
den wurden.

Durch die in den letzten Jahren ent-
deckten, im 7. und frühen 6. Jh. v. Chr.
nebeneinander existierenden Kultbasen
können wir die Bedeutung der Statuetten
aus Gold und Elfenbein besser eingren-
zen: sie sind die Repräsentanten der dort
verehrten Gottheiten. Bei diesen ist vor
allem an Demeter, Kore, Kybele und
Leto zu denken (vgl. o. S. 41). Wir kön-
nen jedenfalls davon ausgehen, daß
diese Statuetten in irgendeiner inhaltlichen
Beziehung zu den architektonisch gestal-
teten Kultplätzen standen.

Der Hortfund und der Brustschmuck
des Xoanons

Den großen Einschnitt in der Struktur des
Heiligtums in der Mitte des 6. Jhs.
v. Chr. überdauerte offenbar nur das Bild
im Peripteros, welches in den späteren
Darstellungen weiterlebt. Einen völlig
neuen Aspekt in bezug auf das älteste
Kultbild, das - so wie das des Endoios -
ein Xoanon war, liefert ein Hortfund aus
dem Ostbereich der Cella des Peripteros,
vor allem aus dem Areal nördlich der
Baldachinbasis, der ebenfalls in das
8. Jh. v. Chr. gehört. Im 7. Jh. v. Chr. hat
eine schwere Überschwemmung das Hei-
ligtum heimgesucht, als Folge entstand
eine Sedimentschicht von etwa 60 cm
Höhe. Der Zeitpunkt dieser Naturkata-
strophe läßt sich durch Funde von sog.
Vogelschalen datieren. Unter den damals
angeschwemmten Schlammassen ver-
schwand auch das Kultbild. Dieses Er-
eignis hat zwar die Ausübung des Kultes
in diesem Bereich keineswegs beendet,
aber offenbar doch zeitweise unter-
brochen.

Die Objekte, die zum Hort des 8. Jhs.
v. Chr. gehören, sind also getrennt von

den teilweise wesentlich jüngeren, die
anläßlich der Hinterfüllung des Sockels
des späteren Naiskos des Kroisostempels
unter die Erde kamen und bereits von
Hogarth ausgegraben wurden.

Die üblichen Funde im Norden und
Westen des Artemisions waren Weihge-
schenke anläßlich der Opferhandlungen.
Die große Menge der Bernsteine und des
glasierten Tonschmuckes (Abb. 92) aus
dem Hortfund läßt aber darauf schließen,
daß es sich nicht um die Votivgabe einer
Frau an das Heiligtum handelte, sondern
um einen speziell für die Kultstatue ange-
fertigten Schmuck. Der Hortfund enthält
Schmuckstücke aus Bernstein, Glas,
Steinen, aber auch Fibeln und Objekte
aus Fayence. Die Bernsteine und Steine
gehörten zu Ketten. Da viele Objekte
nicht nur in einer, sondern in zwei Rich-
tungen durchbohrt sind, waren die ein-
zelnen Teile dieses Schmuckes offenbar
miteinander vemetzt. Es handelt sich um
viele hundert Stück, darunter Fayence-
kugeln und zahlreiche Tondreiecke. Un-
ter den Bernsteinen gibt es schrauben-
artige Gebilde, dreieckige Formen, Tier-
köpfe, gefäßförmige Körper und zwei
menschliche Köpfe (Abb. 90-92).

94
 
Annotationen