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Bastine, Reiner [Editor]
Klinische Psychologie (Band 1): Grundlegung der allgemeinen klinischen Psychologie — Stuttgart, Berlin, Köln, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.16129#0282

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5 Zur Entstehung von psychischen Störungen

5.2 Die ätiopathogenetische Forschung

Auf welche Art und Weise gewinnen wir unsere Kenntnisse über die Ursachen und Entwicklungs-
prozesse psychischer Störungen? Welche Möglichkeiten und Begrenzungen sind mit den verschie-
denen wissenschaftlichen Herangehensweisen verbunden? Diese Fragen sind Gegenstand dieses
Kapitels, in dem eine Einführung in die Methoden gegeben wird, mit denen die Ätiologie und Genese
psychischer Störungen erforscht wird. Dabei werden fünf Schwerpunkte gesetzt: experimentelle
Forschungsansätze {<=> 5.2.1), „natürliche" Experimente (<=> 5.2.2), Epidemiologie {•=> 5.2.3),
Klinische Querschnittsanalysen {<=> 5.2.4), Längsschnittsanalysen {•=> 5.2.5) sowie klinische
Einzelfallmethoden (<=> 5.2.6). In der abschließenden Diskussion am Ende des Kapitels {•=> 5.2.7)
wird noch einmal ein Überblick über die Zielsetzungen der verschiedenen Methoden sowie ihre
Stärken und Schwächen gegeben.

Erstaunlicherweise ist es wesentlich leichter, einen Überblick über die Forschungsme-
thodik zur klinischen Intervention zu erhalten als über die ätiopathogenetische For-
schung: Über die Interventionsforschung informieren Überblicksartikel und Standard-
werke (u.a. Bastine, 1975, 1992b; Kazdm, 1992, 1994), während zusammenfassende
Arbeiten über die Erforschung der ätiologischen und genetischen Bedingungen psychi-
scher Störungen noch ausgesprochen selten sind. Selbst in den Lehrbüchern der Klini-
schen Psychologie findet man meistens nur Einführungen in ausgewählte Methoden.
Dabei ist die psychopathologische Forschung außerordentlich interessant, da sie grund-
legende Fragen aufwirft und Ansätze aus verschiedenen Disziplinen umfaßt. Das Fehlen
von integrierenden Überblicken hängt wohl mit dieser Heterogenität zusammen - die
ätiopathogenetische Forschung ist bis heute ausgesprochen stark spezialisiert. Einzelne
Forschungsansätze sind zwar sehr gut ausgearbeitet, aber systematische Verbindungen
zwischen ihnen wurden kaum entwickelt. Da jedoch keine Forschungsstrategie für sich
genommen sämtliche Fragen der Ätiopathogenese beantworten kann, muß das jeweilige
partielle Wissen über die Entstehung psychischer Störungen zusammengetragen und in-
tegriert werden. Zu unseren Kenntnissen über die Entstehung pathopsychologischer
Phänomene haben in den letzten Jahren vor allem Ergebnisse aus Längsschnittsanaly-
sen, aus der Epidemiologie, aus der Erforschung kritischer Lebensereignisse und anderer
belastender Lebensbedingungen und aus der experimentellen Psychopathologie beige-
tragen.

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