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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 3.1923

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Grimschitz, Bruno: Unbekannte Werke Johann Lucas von Hildebrandts
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https://doi.org/10.11588/diglit.52317#0043

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UNBEKANNTE WERKE JOHANN
LUCAS VON HILDEBRANDTS
BRUNO GRIMSCHITZ
(Mit 5 Äbbildungstafeln)
I
Im Wiener Familienarchiv der Grafen Schönborn liegt ein unveröffentlichter
Brief Johann Lucas von Hildebrandts, bedeutsam wie kaum ein anderes
Dokument für sein Verhältnis zu Wien. Am 6. Oktober 1742, nach des
jüngeren Fischer von Erlach Tode, schreibt Hildebrandt an seinen Gönner,
den Erzbischof von Würzburg Friedrich Karl Grafen von Schönborn: „Was
ich alles gebaut habe, last sich gott lob sehen. Es ist auch keiner da und
wirdt auch keiner kommen, der soviel kostbare und unzählbare Gebäu ge-
führt als ich, absonderlich in Wien, und überall den modum alla Romana
zu bauen mitgebracht, wo vorhin die Kunst sehr schlecht war, wie es schon
bewust ist.“ Mit der Betonung der italienischen Herkunft seiner Architektur-
auffassung gibt Hildebrandt eine Feststellung, die trotz aller übertreibenden
Steigerung ungleich wichtiger ist als die lange verkannte Grundrichtung
seiner architektonischen Abstammung: die Tatsache reichster Bautätigkeit
für Wien. In vollem Widerspruche zu dieser Briefstelle steht die Kenntnis der
Denkmäler. Denn Hildebrandts, des großen Rivalen der beiden Fischer von
Erlach, Ruhm stützt sich nur auf zwei monumentale Wiener Bauschöpfungen:
auf das Palais Daun-Kinsky und auf das Belvedere. Architekturwerke wie
das riesige Bauprojekt für die Umgestaltung der Hofburg aus den Jahren
1724/25 blieben bis auf unwesentliche Fragmente unausgeführt oder kamen,
wie das Palais Harrach in der Ungargasse, überhaupt nicht oder nur in
starker Verstümmelung, wie das Palais Schönborn in der Laudongasse, auf
die Gegenwart. Und ein anderer Monumentalbau, das Gebäude des Mini-
steriums des Äußeren, der ehemaligen Geheimen Hof- und Staatskanzlei,
wurde nicht nur in wesentlichen architektonischen Gesamtzügen verändert,
sondern verlor auch den Zusammenhang mit dem Namen seines Schöpfers
Hildebrandt. Die Baugeschichte lag bisher im Dunkel. Frey1 hat zuerst durch
eine Medaille auf die Grundsteinlegung, die Ilg irrtümlich mit der böhmi-
schen Hofkanzlei in Verbindung gebracht hatte, den Baubeginn mit dem
Jahre 1717 in eindeutiger Weise festlegen können, und Briefe im Gräflich
Schönbornschen Familienarchiv zu Wiesentheid in Bayern geben genauere
Baudetails2. Der Reichsvizekanzler Graf Friedrich Karl Schönborn schreibt
am 8. Februar 1719 an seinen Oheim Lothar Franz: „Den überschickten
1 Frey D., »Die Medaille auf die Grundsteinlegung der Geheimen Hof- und Staatskanzlei“. »Monatsblatt des
Vereines für Geschichte der Stadt Wien“ 1919, Heft 8/9/10.
2 Die Güte der Übermittlung aus dem Schönbornschen Familienarchiv in Wiesentheid danke ich Herrn Walter
Boll in Würzburg.

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