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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 3.1923

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Demel, Hans von: Eine altägyptische Tiergruppe in der estensischen Sammlung in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.52317#0375

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EINE
ÄLTÄGYPTISCHE TIERGRUPPE
IN DER ESTENSISCHEN SAMMLUNG IN WIEN
HANS DEMEL
Unter den wenigen altägyptischen Werken der Estensischen Sammlung
in Wien befindet sich auch eine Tiergruppe, die besonderes Interesse
verdient. Ein Löwe hat ein Rind angefallen, das unter der Wucht des
Löwenkörpers auf den Boden niedergebrochen ist. Während sich dessen ge-
waltige Vorderpranken in die Weichen graben, halten die Zähne des weit
geöffneten Rachens den Nacken seines Opfers gepackt. Bei aller Stilisierung
ist die Gruppe von eindrucksvoller Wirkung und die Behandlung des Löwen
sehr gut. Die Schnurrbarthaare und die Hautfalten um das Maul sind an-
gegeben, ebenso die Schwellung der Knochen über den Augen. Die Mähne,
die mit einem eckigen Zipfel über der Stirn beginnt, läuft auf dem Rücken
in einer Dreiteilung aus, in der Mitte mit einem abgerundeten Zipfel, legt sie
sich zu beiden Seiten in einem Spitzbogen um die Oberschenkel herum.
Unter dem Stirnzipfel kommt die Gesichtsmähne hervor, die das Antlitz gleich
einem dicken Wulst umrahmt, aus dem die breiten Ohrmuscheln mit Angabe
des Ohrläppchens hervortreten. Das Haar ist überall stark stilisiert, besonders
in der Ohrmuschel; an der Gesichtsmähne ist es an der Außenseite durch
feine Linien angedeutet, an der Innenseite durch tiefe Rinnen. Im übrigen
erscheint das Mähnenhaar in rhombischen Löckchen angeordnet. Recht gut
ist die Bildung des breiten Rückens mit den zunächst etwas einfallenden
Flanken und den unter der gespannten Haut hervortretenden Rippen, vor
allem aber das Spiel der Muskeln um den linken rückwärtigen Hüftknochen.
Die Anspannung der Muskeln und Sehnen der Vordertatzen tritt deutlich
hervor, die Unterschenkel der Hinterbeine und die Zehen sind mehr schema-
tisch gezeichnet. Die Grenzen der Weichteile sind angegeben, der Schwanz,
der in einer Quaste endigt, fällt im Bogen zur Erde. Etwas stiefmütterlicher
ist das Rind behandelt, doch ist die Spaltung der Hufe sichtbar; leider fehlt
der Kopf gänzlich, ebenso ist die Schnauze des Löwen auf der linken Seite
stark bestoßen, wie auch sonst die geglättete aber nicht polierte Oberfläche
vielfach beschädigt ist. Den Stein hat der Künstler überall stehen gelassen,
jedoch mehr als einen schmalen Steg wie eine Stütze, ohne den Eindruck
als Rundbild dadurch zu beeinträchtigen (Abb. 1).
Zu allen Zeiten haben die ägyptischen Künstler immer wieder die Gestalt
des Löwen als Vorwurf für ihre Werke benutzt. Als Rundbild seltener schrei-
tend, meist in liegender Stellung, den Kopf geradeaus gerichtet, die Vorder-

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