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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 3.1923

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Berichte aus den Kunstzentren von Kunststätten und Persönlichkeiten des Kunstlebens
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https://doi.org/10.11588/diglit.52317#0289

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BERICHTE AUS DEN KUNSTZENTREN
VON KUNSTSTATTEN UND PERSÖNLICHKEITEN DES KUNSTLEBENS

FLORENZ:
DIE NEUORDNUNG DER UFFIZIENGALERIE IN FLORENZ
Wer immer durch seinen Beruf veranlaßt oder einer Liebhaberei gehorchend sich in
der Lage befunden hat, tagtäglich dieselben Museumsräume zu durchschreiten und die
Kunstwerke nicht in ihrer Einzelerscheinung, sondern in ihrem zufälligen Nebeneinander
auf sich wirken zu lassen, weiß um den starken suggestiven Reiz, der von den Gegen-
ständen in ihrem durch die Aufstellung bedingten Zusammensein ausgeht. Auch für den
Laien knüpft ja die Erinnerung, welche ihn mit einer Galerie verbindet, keineswegs an
die Reihe hervorragender Einzelbildwerke an, denen er häufig keine genügende Auf-
merksamkeit schenken konnte, sondern bleibt irgendwie gebunden an den bestimmten
Rhythmus, der durch die Aufstellung der Kunstwerke, ihr räumliches Nebeneinander und
ihr Zusammenwirken an einer Saalwand entsteht. Diesem Problem, das in seiner Trag-
weite schon längst begriffen und dem eine Reihe neuer Museumsordnungen, soweit
Mittel und Raum es gestatten, Rechnung zu tragen suchen, ist neuerdings an hervorragender
Stelle, das heißt in der Uffiziengalerie in Florenz, an deren alter Ordnung zu rühren noch
vor einem Jahrzehnt ein Ding der Unmöglichkeit schien, eine so verständnisvolle und alles
in allem genommen glückliche Lösung zuteil geworden, daß es sich der Mühe lohnt,
mit einigen Worten darauf einzugehen.
Giovanni Poggi, der verdienstvolle Leiter der Florentiner Museen, hätte wohl kaum an
diese Aufgabe herantreten können, wenn nicht durch den Krieg und die damit verbun-
dene Unterbringung der Kunstwerke in feuersicheren Magazinräumen sich die Notwendig-
keit einer neuen Aufstellung von selbst ergeben hätte. Unterstützt wurde das Unternehmen
dadurch, daß infolge des Überganges des früher dem König von Italien gehörigen Palazzo
Pitti an die Nation der Museumsverwaltung ein Reihe von Räumen in diesem Palast zur
Verfügung standen, welche während der Umordnung zur provisorischen Aufnahme ge-
wisser Bestände dienten und noch heute dienen.
Da geplant war, in den Uffizien eine möglichst imposante Manifestation der beiden glor-
reichen Jahrhunderte der florentinischen Malerei des Trecento und Quattrocento zu ent-
falten, wurden die Schranken zwischen den verschiedenen Florentiner Museen niederge-
rissen und aus der Akademie (Galleria antica e moderna) sowie aus dem Pitti eine Reihe
von Werken geholt, welche dazu angetan waren, das Bild dieser Epoche zu bereichern
und im Sinne des Historikers zu vervollständigen. Anderseits wurden unbedenklich Werke,
welche der Würde der neugeplanten Kunstschau nicht angemessen schienen, in die
Akademie verwiesen, die heute, ihrer klassischen Stücke beraubt, zu einem sehr über-
sichtlich disponierten und in ihrer Zusammensetzung durchaus homogenen Hilfsmuseum
zur Kenntnis und zum Studium der in den Uffizien in neuem Glanze erstandenen Floren-
tiner Schule geworden ist.
Der einzige Florentiner Künstler, welcher seinen Einzug in die neugeordneten Räume der
Uffizien nicht wieder gehalten und auch in der Akademie keine Vertretung mehr gefun-
den hat, ist Fra Angelico, vielleicht der am meisten florentinische von all den Künstlern
seines Jahrhunderts. Ihm ist die völlig verdiente Ehre zuteil geworden, daß alle seine

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