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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 3.1923

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Weissenhofer, Anselm: Vinzenz Fischer (1729-1810): ein Wiener Maler vom Ausgang der Barockzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.52317#0180

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VINZENZ FISCHER (1729-1810)
EIN WIENER MALER VOM AUSGANG DER BAROCKZEIT
ANSELM WEISSENHOFER
eute noch von Mißachtung der Barockkunst sprechen zu wollen, wäre
Anachronismus. Auch der Anteil der österreichischen Kraft an dem
allgemeinen Kunstwollen jener Zeit ist keine verwahrloste Provinz des
großen Forschungsgebietes mehr. Noch nicht allzulange, aber endgültig vorbei
ist jene Periode, da Männer wie Ilg, Kabdebo, Schlager als voreilende Eclai-
reurs, als einsame Rufer mit kühner Werbung für die „Verfallskunst“ ein-
traten, die uns gegenwärtig als eine besondere Ruhmestat österreichischer
Kultur erscheint. Seither hat neben anderen besonders Tietze durch grund-
legende Forschungen das Problem vertieft, Dvorak1 in genialer Weise die
formalen und kulturellen Zusammenhänge wenigstens für die Wiener Decken-
malerei skizziert und ein ganzer Stab jüngerer Mitarbeiter der Wiener Schule
ist mit einer, nicht zuletzt durch die Beengtheit der Verhältnisse aufgenötigten
Konzentration daran, den also aufgepflügten Heimatboden weiterhin zu be-
treuen und neu gehobene Schätze zu geistigem Gemeingut zu machen. Dank
der mustergültigen Mithilfe des Bundesdenkmalamtes und der staatlichen Licht-
bildstelle häuft sich gutgewähltes Anschauungsmaterial. Trotzdem dürfte es
nicht unbescheiden sein, zu behaupten, daß die Forschung im ganzen immer
noch darum bemüht ist, gesicherte Fundamente zu schaffen, die erst ihre
Belastungsprobe abzulegen haben, ehe an ein systematisches Weiterbauen
zu denken ist. Es ist gewiß kein nebensächliches Symptom, daß vollauf ge-
nügende Monographien selbst über die führenden Meister ausständig sind,
gar nicht zu gedenken des großen Heerbanns der Mitstrebenden, aus deren
Mitte nur wenige Namen und auch diese meist nur durch irgendein wissen-
schaftliches Sonderinteresse, also gleichsam wie durch Zufall herausgehoben
erscheinen. In besonderem Maße gilt all dies von der ungemein reizvollen
Epoche, in der die überschäumende Welle barocken Kraftaufwandes, Jahr-
zehnte hindurch kaum merkbar verebbend, schließlich ziemlich rasch und
scheinbar fast unvermittelt vom Klassizismus aufgefangen und zerstäubt wird.
Kein Wunder daher, daß jeder Versuch, eine diese Zeit repräsentierende
Künstlerpersönlichkeit zu er- und zu umfassen, sowohl nach der biogra-
phischen und noch mehr nach der rein künstlerischen Seite hin, vielfach
ratlos ins Leere stoßen muß und die kritische Sonde versagt.
Der Name Vinzenz Fischer mit allem, was er umschließt, mag ein charakte-
ristischer Beleg hiefür sein. Die ohnehin sehr spärliche Beachtung, die sein
Leben und Wirken bei den Zeitgenossen fand, ist dem mitleidlosen Verdikt,
das der Klassizismus und die von ihm abhängige Folgezeit über die Barock-
1 „Die Entwicklungsgeschichte der barocken Deckenmalerei in Wien.“ „österreichische Kunstbücher“, Bd. 1/2.


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