Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 3.1923

DOI Heft:
Neue Bücher über Kunstwissenschaft
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52317#0440

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NEUE BÜCHER ÜBER KUNSTWISSENSCHAFT

FRANZ KIESLINGER, DIE GLASMALEREI IN ÖSTERREICH
Ein Abriß ihrer Geschichte. Österreichische Verlagsgesellschaft Ed. Hölzel & Co., Wien
Dieses hübsche, klar und übersichtlich geschriebene Büchlein bietet ein Versprechen
für eine bessere und hoffentlich nicht zu ferne Zukunft, denn es enthält einen „Abriß“
seiner eingehenden und weitgehenden Studien auf diesem Gebiete, die als eine der gründ-
lichen und erschöpfenden Publikationen des „Deutschen Vereines für Kunstwissenschaft“
erscheinen sollten und wie so mancher andere vielversprechende Plan durch den Krieg
und seine Folgen zurückgestellt werden mußte. Darum danken wir es dem Verfasser
doppelt, daß er uns einstweilen diesen Auszug schenkt. Gerade für Österreich sind die
Werke der Glasmalerei wissenschaftlich besonders wichtig, weil sie für recht große Etappen
der Entwicklung in der gotischen Malerei neben den Miniaturen eigentlich das einzige noch
erhaltene Denkmälermaterial stellt. Besonders gut und anschaulich ist dem Verfasser die
Schilderung der Glasmalerei im 14. Jahrhundert, also während ihres Höhepunktes, gelungen.
Das von Kieslinger ausgewählte Abbildungsmaterial, bestehend aus 23 farbigen Tafeln und
29 Textabbildungen, begleitet den Text recht instruktiv. Bei einer hoffentlich bald nötigen
Neuauflage würde es sich empfehlen — da dieses Werk ja vorläufig das einzige auf dem
Gebiete ist —, die Literaturangaben etwas genauer zu geben; dieser Wunsch gilt beson-
ders für die in den einzelnen Jahrgängen der Zeitschriften enthaltenen Aufsätze. Auch
wäre wohl noch beizufügen, daß viele der Kreuzensteiner Glasgemälde, die Kieslinger be-
schreibt, in dem bei Schroll vor einigen Jahren erschienenen großen Werke von A. v. Walcher-
Moltheim über das Schloß Seiner Exzellenz des verstorbenen Grafen Hans Wilczek in
guten Abbildungen zugänglich gemacht sind. (Auf Tafel 39—45, 52—54, 58—61 und 76—82.)
Endlich möchte ich noch einige kleine Irrtümer berichtigen. Kieslinger spricht von den
Stifterscheiben eines Otto Heinrich von Liechtenstein im Chor der Seebensteiner Pfarrkirche.
Einen Otto Heinrich hat es aber in der steirischen (Murauer) Linie des Hauses nie ge-
geben. Es handelt sich um zwei Scheiben eines knienden Stifters und seiner Gattin.
Die Inschriften lauten: „Her.Rudolf.Ot.von.Lichdenstain“ und „Ana.uxsor.eius.de
Lichtenstein“. Rudolf Otto von Liechtenstein-Murau (1318—1379 erwähnt) war vermählt
mit Anna von Suneck und Hauptmann von Friesach1. Es ist also wohl anzunehmen, daß
es sich bei diesen beiden Scheiben, die Kieslinger ganz richtig auf 1360—1370 datiert,
nicht um niederösterreichische, sondern eher um steirische Arbeiten handelt. Jedenfalls
aber steht das eine fest, daß die Scheiben nicht für die Seebensteiner Kirche angefertigt
wurden, denn letztere Herrschaft kam erst im Jahre 1824 durch Kauf von der Gräfin
Gabriele Pergen an das fürstliche Haus Liechtenstein, und die Scheiben hat, soviel ich
weiß, der Vater der jetzigen regierenden Fürsten zu Seebenstein einsetzen lassen; woher
sie kamen, konnte ich allerdings bisher nicht eruieren. Zu derselben Zeit wurden auch
die kleinen Wappen- und Figurenscheiben des 16. und 17. Jahrhunderts in den Seeben-
steiner Fenstern angebracht, von denen Kieslinger spricht. Die sind aber Schweizer
Ursprungs. Es sind eine Gemeindescheibe von Bern bei Zug, eine zusammengesetzte
Klosterscheibe, eine Zunftscheibe der Weberzunft zu St. Gallen und endlich eine Churer
Bischofsscheibe, sämtlich Arbeiten des 17. Jahrhunderts, vom Beginn bis zur zweiten
Hälfte. E. W. Braun
1 Jakob von Falke, „Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein“ I, S. 189 und 197 ff.

216
 
Annotationen