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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 3.1923

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Berling, Karl: Der Erfurter Ofen im Dresdner Kunstgewerbemuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.52317#0397

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DER ERFURTER OFEN
IM DRESDNER KUNSTGEWERBEMUSEUM
KARL BERLING

Die Dresdner Porzellansammlung hat Ende 1921 dem von mir geleiteten
Kunstgewerbemuseum eine Anzahl spätgotischer Ofenteile zur Auf-
stellung überlassen, eine Freundlichkeit, mit der mir ein seit vielen
Jahren gehegter Wunsch erfüllt wurde, da ich hoffte, diese bis dahin zumeist
in Kisten verpackten Stücke wieder zu etwas Ganzem zusammenstellen und
mein Museum um ein wertvolles und seltenes mittelalterliches Werk be-
reichern zu können.
Nachdem die zerbrochenen Stücke, so gut es ging, wieder hergestellt waren,
setzte sich der Bestand aus 5 Schüssel- und 21 Nischenkacheln sowie
30 Gesimsstücken, 4 bekrönenden Nischen und 4 Fialen zusammen. Da ich
damit einen ganzen Ofen aufzubauen nicht imstande war, entschloß ich mich
dazu, wie ich das auch bereits mit anderen Öfen getan hatte, nur die Vorder-
seite zu zeigen, diese aber so, daß damit doch die eigentliche Wirkung des
Bauwerkes richtig in die Erscheinung trete.
Aus der Form der Einzelstücke schien mir hervorzugehen, daß die Schüssel-
kacheln in gradlinigem, die Nischenkacheln in rundem Aufbau verwandt
waren. Auch die bekrönenden Teile ließen sich mit einiger Sicherheit be-
stimmen. Wie aber das Aussehen des Ofens im einzelnen, wie hoch, wie breit
und wie tief er gewesen, wo und wie die Gesimse gesessen haben mochten,
das blieben mir zunächst noch ungelöste Rätsel.
In der Porzellan Sammlung konnte leider nicht festgestellt werden, wann,
woher und in welcher Anzahl die Ofenteile in sie gekommen seien. Aber in
der Literatur1 fand ich einen Hinweis auf ein Gerücht, nach dem der Ofen
einst in der Albrechtsburg zu Meißen gestanden habe, bei deren vor
42 Jahren vorgenommenen Wiederherstellung abgebrochen und nach der
Porzellansammlung gebracht worden sei. Weiterem Nachforschen vermochte
dies Gerücht allerdings nicht stand zu halten, sondern zeigte Wahrheit mit
Dichtung gemischt. Wohl steht der Ofen in einem gewissen Zusammenhang
mit der Meißner Burg, aber doch in einem ganz anderen, wie vorhin an-
gedeutet.
Als 1879 Roßmann, der Leiter der Wiederherstellungsarbeiten, nach passenden
Einrichtungsgegenständen suchte, wurde er von dem hiebei besonders tätigen
Prof. Händel aus Weimar auf einen außerordentlich schönen gotischen Ofen
aufmerksam gemacht. Dieser war 1473 in Erfurt in dem neben dem Dom
1 Lune Ämbrosiani, „Zur Typologie der älteren Kacheln“, S. 81, Stockholm 1910.

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