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—— Dg jür AlLE



Heſt l.



das engliſche Kriegsſchiff das Kafino bombardieren
wolle. Die Fremden flüchteten, die Bevölkerung fing
an zu packen. Die Spielbank hatte ſchon dadurch Ver-
luſte, daß kein Menſch an dieſem Tage mehr ſpielte,
ſondern alles davonlief.

Eine Stunde lag die Lucknow? gefechtsklar vor
Wonte Carlo, als vom Lande ein Bool abftieß. Zehn

. Minuten ſpäter war es längsſeits des Kriegsſchiffs,
und die Inſaſſen des Bootes, Beamte der Spielbank,
teilten mit, daß ſie das Geld brächten. Auf Deck
mußten ſie die blanken goldenen Napoleondors auf
herbeigebrachte Tiſche zählen. Dann wollte einer der
Beamten einen langatmigen Proteſt verleſen, aber
Kapitän Jackſon ſchrie von der Kommandobrücke : „Leut-
nant Maclean, ſagen Sie den Herren, ich ließe fie über
Bord werfen, wenn ſie ſich nicht davonmachen. Man
habe nur ſeine Pflicht mit Rückzahlung des Geldes ge-
than und weiter nichts.“ — ;

Eine Viertelſtunde ſpäter lichtete die „Lucnow“
die Anker und dampfte nach Malta ab.

Die Eigenmächtigkeit Jaͤckſons veranlaßte natürlich
eine energiſche Beſchiberde der Regierung von Monaco,
und es hätte vielleicht einen Weltſkandal wegen Ver-
letzung des Völkerrechts in allen Zeitungen gegeben,
wenn nicht wenige Tage ſpäter der Krieg zwiſchen
Deutſchland und Frankreich ausgebrochen wäre, deſſen
Donner natürlich auch die Klagen des kleinen Monaco
erſtickte und unhörbar machte.

Am Tage, als die Krxiegserklärung Frankreichs an
Deutſchland bekannt wurde, landete Wilmot in Nizza.
Sr hatte in Malta ſeinen telegraphiſch erbetenen Ab-
ſchied erhalten, nachdem vom Geſchwaͤder vor Malta
die beiden Zahlmeiſterpoſten an Bord der Lucknow“
neu beſetzt worden mwaren. In Nizza empfingen ihn
Mr. Driver und Maudlin, und wegen des Krieges
reiſten alle drei am nächſten Tage über Paris und
Rotterdam nach England! Hier fand ſechs Wochen
ſpäter die Hochzeit Maudlins mit Wilmot ſtatt.

Kapitän Jackſon wurde wegen ſeines Vorgehens
gegen die Spielbank von Monle Carlo niemals ein
Vorwurf gemacht. Trotz ſpäter wiederholter Klagen
Monacos that man in England ſo, als wiſſe man
von dem Vorfall nichts, und Monaco gab ſich endlich
zufrieden.

Das Dirndlſcheiben in Tirol.

Siehe das Bild auf Seite 17.)
ie beim Bitherfpielen und Trutzliederſingen ſeinen Witz
und Verſtand, ſo zeigt der Tivoler „Bua“ beim Nanz
feln (Ringkanıpf), beim Fingerhakeln und auf der Kegelbahn


Dorfes iſt denn auch an allen Sonn- und Feiertagen fleißig
beſucht. Die Bua'nı zeigen, was ſie können, und die Alten
ſchauen zu und kritiſiexen tiefſinnig jeden Wurf! Das ift
eine Luſt für die jungen Kraftmaier, und es fehlt auf der Dorf-
kegelbahn ſo wenig wie auf dem faſhionabeln Lawn-Tennis:
plase an Gigerln und Prahihänſen. Mancher liegt den ganzen
Tag auf der Kegelbahn und verpußt bein „Kegelfcheiben“ al
ſein Geld. Yın ſchönſten und luſtigſten aber iſt das „Dirndl-
ſcheiben im GHerbit, ein Feſt, das im Innthale allerwärts
gefeiert wird. Wenn der warme Südwind, der „Türken:
reifer“, ſeine Schuldigkeit gethan hat, und der Türken (tür-
kiſcher Weizen, Mais) als letzte Frücht von den Feldern ein-
gebracht worden iſt, dann findet anı darauffolgenden Sonn-
fag das Dirndlſcheiben ſtatt, das heißt ein Preiskegeln, an
dem nur die Nädchen teilnehmen dürfen. Die Dorfburſchen
ſchmücken die Kegelbahn mit grünen Zweigen, Gewinden und
Fahnen und fchaffen Preiſe an, die gewöhnlih in Kopf-
tüchern oder Miedertüchern von verſchiedeneni Werte beftehen.
Neiſt veranſtalten die Burfchen mehrerer Dörfer gemein:
ſchaftlich ein Dirndljcheiben, damit mehr Geld zufammen:
kommt, und die Preiſe koſtbarer werden können. Schon am
frühen Nachmittag geht’$ [oS. Jedes Dirndl, das mitthut,
muß einen Sechſer (zehn Kreuzer) Einſchreibegebühr zahlen,
die Anzahl der Teilnehmerinnen iſt jedoch befchränkt, denn
ſonſt würde der Andrang zu groß werden, und die Kegelei
tagelang dauern. Die meiſten der herbeigeſtrömten Dirnen
fommen nur, um zuzuſchauen, mit den Burfchen zu ſchäkern
und, was ſchließlich die Hauptſache iſt, nach der Preisver:
teilung an Ddem Tanze teilzunehmen, der das Feſt beſchließt.
Unfer hübſches Bild auf S. 17 führt uns ſolch ein Tiroler
Dirndlicheiben vor Augen, Iſt das ein Vergnlgen für Burfche
und Mädchen! Mitthun dürfen die Burfchen ja nicht, aber
als ritterliche Helfer und Berater ihrer Auserwählten zeigen
ſie ſich in ihrem höchſten Glanze! und die Dirndl wollen
natürlich auch beweiſen, was ſie leiſten können und bieten
all ihre Liebenswürdigkeit und ihre Körperkräfte auf. Ieder
gute Schub wird von den Burſchen mit Jauchzen begruͤßt,
und die Spannung und die Eiferfucht iſt nicht gering, wenn
das Preiskegeln ſich feinem Ende nähert. Endlich ift die
Fntſcheidung gefallen. Die Stadlbauet Mirzl hat den erften
Preis gewonnen, die Reſel vom Brixenhof den zweiten und
die rote Vevi von der Klopflesmühl den dritten. Jetzt ſtroͤnt
alles jubelnd in den Tanzſaal, won die Mufikanten fchon
harren, und bald dröhnt und zittert die Diele vom Stampfen
der kräftigen Füße, und alles dreht ſich wirbelnd im Reigen.









Tierkümpfe in einem altrömiſchen Zirkus.

(Siehe das Bild auf Seite 20 und 21.)

den Wagenrennen im Zirkus und den Gladiatoren-
ſpielen kamen etwa vom 2. Jahrhundert vor Chriſtus an
im alten Rom als Volfsbeluftigungen auch Tierkämpfe auf
und gewannen mit der fortſchreitenden Verwilderung immer
größeren: Umfang. Es handelte ſich dabei teils un Kämpfe
wilder Tiere untereinander oder nit zahmen, teils um Kämpfe
vohlgerüſteter und geübter Jäger mit wilden Tieren aller
Art; endlich um die Abſchlachlung von Verbrechern, die man
mif ganz ungenügenden Waffen den Raubtieren gegenüber-
ſtellte.! Bei dieſen Hetzen, die dem römiſchen Poͤbel mehr
und mehr zum Lebensbedürfnis wurden trieben die Staats-
männer, um ſich beim Volke einzuſchmeicheln, einen unglaub-
ichen Lurus mit großen, ſchönen und feltenen Tieren. Alle
Länder der damals bekannten Erde wurden abgejagt, um
wilde Tiere in Maffen herbeizuſchaffen, und fpendeten dem


Afrila und Aſien lieferten Elefanten, Löwen Tiger, Paͤnther,
Nilpferde, Krokodile, Büffel u.f. w., der Noͤrden Bären,
Wölfe, Cher, Luchje, Hirfche, Rehe und vorzüglidhe Hetz
und Bluthunde. Die hinterften Winkel der Alpen wurden
nach Bären und Füchſen durchforſcht, Löwen aus Nubien
herbeigeſchafft, während Britannien und Schottland die beſten
Hunde Kieferte. Ein jeder der nach Bopularität Hafdhenden
Staatsleiter wollte ſeine Borgänger an Glanz und Maſſen-
haftigkeit der Tierkämpfe übertreffen. So ließ Bompejus
über 500 Löwen, 18 Clefanten und 410 andere afrikanifche
Beftien inı Zirfus auftreten; Cäfar’400 Löwen und 40 SClefanten.
Laiſer Auguftus veranftaltete während feiner Negierung
26 Spiele, bei denen 3500 afrikaniſche Tiere getötet wurden.
Eine neue, bis dahin nicht dagewefene „Senfation” bereitete
er den Kömern, indem er im Jahre 5 unferer Zeitrechnung
den Flaminiſchen Zirkus unter Waſſer feßen und in einen
künſtlichen See verwandeln ließ, in dem dann 36 Nilfroko-
dile von auf Booten befindlichen Kämpfern gejagt und er-
legt wurden. Von da an fteigerte ſich der Luxus bei den
Tierfämpfen immer mehr, das Volk war nur noch mit den
größten Majfenfchlächtereien zufrieden zu ftellen. Caligula
ließ einmal 400 Bären und ebenfoviel Löwen, Tiger und
Slefanten aufeinander los. Bei der Cinweihung des Flavifchen
Amphitheaters durch Titus im Jahre 80 wurden 9000 Tiere
Aer Arten getötet; bei den Spielen Trajans gar 11,000.
Die zünftigen Tierfämpfer, Beſtiarit oder Venatores genamt,
gehörten meift den niederen Voͤlksklaͤſſen an, rekrutierten ſich
aus den Kriegsgefangenen und entlaffenen Stlaven, fpäter
in Dder Zeit der wachfenden Ausartung aber auch aus ge-
ſcheiterten Eriſtenzen der oberen Geſellſchaftskreife, die ihre


Sie wurden von ergrauten Kämpfern geübt und gedrillt und
waren auf die mannigfachfte Weife ausgerüftet. Außer dem
Schwerte und Speer und geeigneter Panzerung bedienten fie
ſich bei den vorſtellungen alS geeigneter Hilfamittel auch
eines Netzes einer Schlinge oder eines Tuches! Verurteilte
Sefangene dagegen mußten, wie auf unjerem Bild S, 20
und 21, fajt nadt und mit ganz unzulänglicher Bewaffnung
gegen Cöwen, Tiger, Stiere, Clefantenu. ].w. in die Schranken
kreten und waren von vornherein dem Tode geweiht. Nır
wenigen beſonders Ölüclichen wurde nach VBollbringung der
größten Heldenthaten durch den Veifallszuruf und deu Wunfch
des zuſchauenden Volfes das Leben gefchentt. Um das
blutige Schaufpiel unterhaltender zu machen, forate man für
heitere Zwiſchenſeenen, indem man zum Beifpiel plötzlich
unter die wilden miteinander kämpfenden Raubtiere ein paar
Haſen hHineinließ; um die Illuſion zu erhöhen, brachte man
zuch häufig Dekorationen an, wie auf unſeren Theatern, die
den Zuſchauer in eine beftinunte Gegend verfeßen follten.
Die Tierfechter von Beruf erlangten oft, wie noch heute die
Ztierfechter in Spanien, allgemeinen Ruhm und nahmen
hohe Sunmmen ein, daher es auch nie an Leuten fehlte, die


waren jedenfalls die Hinrichtungen von Verbrechern in der
Art, daß man ſie in die Häute zahmer Tiere nähte und dann
von wilden Tieren zerreißen ließ. Das Volt war damals an
ſolche Sreuelfcenen ſo gewöhnt! daß man dabei nicht den
geringſten Schauder entpfand. Wir entſetzen uns hHeute vor
der darin ſich ausdrückenden Roheit. In der That haben
dieſe Beluftigungen auch nicht eine einzige Lichtfeite, es ſei
denn Ddie, daß dadurch die Ausrottung der Naubtiere in
einer Weiſe beſchleunigt wurde, wie es ohne das unmöglich
geweſen wäre.

Mädchen aus dem Mühleubachthal im
Schwarzwald.

Siehe das Bild auf Seite 24.)

8 Baden wird neuerdings erfolgreih an der Erhaltung
und Wiederbelebung der alten‘ Volkstrachten gearbeitet,
und es haben ſich insbefondere fogenannte Trachtenvereine
gebildet, um dieſem löblichen Zweck zu dienen. Sie veran-
ſtalten von Zeit zu Zeit Trachtenfeſte, wodurch bei den Land-
leuten die Freude an der guten alten Tracht zu hefeſtigen
Eſucht wird. Zu Haslach, inı Kinzigthal des baͤdifchen
Schhwarzwaldes, fand am 4. Juni 1899 ein Schwarzwälder
Trachtenfeſt ſtatt, das durch die Anweſenheit des Großherzogs
und der Hroßherzogin von Baden eine erhöhte Bedeutung
erhielt. Gegen 20,000 Fremde waren dem etwa 1800 Ein-
wohner zählenden Städtchen zugeftrömt und wogten durch
deffen enge, kurze Straßen, und auf dem Feſtplaße war das
Menſchengewühl faum Überfehbar. In dein Trachtenzug,
deſſen Voͤrbeipaſſteren nahezu anderthalb Stunden in An-
ſpruch nahm, waren Trachtengruppen aus 36 Gemeinden ver-
treten. Eigentümlich für die Schwarzwälder iſt ja bekanntlich,
daß faſt jedes Dorf, oft ſogar ganz nahe bei einanderliegende,
ſeine beſondere, von anderen mehr oder weniger abweichende







bewohners dem Kundigen auch deſlen Heimatsort verrät So
bot denn der Vorbeimarſch der Schwarzwaldgemeinden ein
Bild der bunteſten Farbenpracht, aber auch der merkwürdig-
ſten „Faſſons Namentlich die verſchiedenaxtigen Kopfbe-
deckungen der Frauen und Mädchen ſind höchſt oviginell und
intereſfant. Beſonders fielen in dem Zuge die ſſchmucken
Kirnbacherinnen und Sutacherinnen mit ihrem roten und
ſchwarzen Wollroſen auf den „geweißelten“ Hüten auf, die ’
noch vegelmüäßig getragen werden. Die Flitterfränze und!
Flitterkronen (Schhapeln) dagegen werden nur noch bei be:
ſonderen Gelegenheiten aufgeſetzt, und Die gelben oder
weißen Frauen-Cylinderhüte kommen mehr und mehr ab.
Fine Gruppe zu Wagen zeigte eine Schhwarzwälder Spinn-
ſtube, auf die ein Hochzeitszug aus dem Mühlenbachthal folgte,
der ganz beſonders gefiel. Gleich ſüdlich von Hastäch öffnen
ſich mit gleichem Eingang das Mühlenbach- und das Hofſtetter
Thal Hier ift die Landestracht der Frauen und Mädchen :
ſchwarze Röcke, blaue Strümpfe, ſchwarze Jaͤcke und Mieder,
letzteres vielfach mit bunten ſeidenen Neflelſchnüren, hoch-
voter oder blauer Mantel mit grünem Bandbeſatz und
ſchwarze Haube mit halbſchleierähnlichen breiten, ſchwarzen
Spitzen W, Haſemann führt uns auf ſeinem Gemaͤlde, das
unſere Leſer auf S. 24 wiedergegeben finden, ein Mädchen
gus dem Miihlenbachthal vor, und wenn ſie auch nicht alle
dort ſo niedlich find, wie dies Vreneli oder Ameile, das dem


doch „Meidli“ genug die ſich „ſehen laffen! können.

Am grünen Rhein.
unſtbeilage zwiſchen Seite 24 und 25.)

* nach einem Aquarell von &. N. Wehle ausgeführte
farbige Lunſtbeilage zwiſchen S. 24 und 25 Ianı der
darin zum Ausdruck gebrachten Stimmung nach als eine
wohlgelungene Illuſtralion zu Wolfgang Müllers bekanntem
Sedicht „Mein derz iſt am Nheine“ gelten. Wenn man das
Bild betrachtet, fo wandelt einen unwillkürlich die Luſt an,
mit jener kleinen Geſellſchaft friſcher und froher junger Leute
emporzufteigen zu den rebenbekränzten Höhen am arünen Strom.
Das Herz geht einem auf bei dem Ausblick auf dies entzuͤckende
Landfchaftsbild, und jeder, der es fchaut, ftimmt ein in des
Dichters Worte zum Preife feiner ſchönen Heimat:

Dich grüß ich, du breiter, grüngoldiger Strom,
Luch Schlöſſer und Dörfer und Städle und Dom,
Ihr goldenen Saaten im ſchwellenden Thal,

Dich Lebengebirge im ſonnigen Strahl,

Fuch Wälder und Schluchten, dich Felfengeſtein!“
Wo ich bin, wo ich gehe, mein Herz iſt am Rhein!

Wein Herz iſt am Rheine, im heimiſchen Land!!
Vein Herz iſt am Nhein, wo die Wiege mir ſtand,
Wo die Jugend mir liegt, wo die Freunde mir blühn,
Wo die Liebſte mein denket mit wonnigem Glühn:

O möget ihr immer dieſelben mir ſein!

Wo ich bin, wo ich gehe, mein Herz ift am Nhein!“

Bilder aus Wladiwoſtoß.
Eiehe die 5 Bilder auf Seite 25.)

* wenige Jahre noch, und man wird nach der dann
erfolgten Vollendung der ſibiriſchen Bahn von Berlin
nach Wladiwoſtoh denı „Sebaftopol Sibiriens“ an der Küfte -
des Stillen Ozeans, in 12 bis 13 Tagen gelangen können.
Wie die Arbeiten gegenwärtig geförderl werden, unterliegt
e5 feinenm 3Zweifel, daß die Cröffnung der ganzen ungeheuren
Strecke von Moskau bis Wladiwoftok im Jahre 1904 wird
ſtattfinden können, und ruſſiſche Thatkraft und zuffijches Geld
hahen dann das großartigſte Unternehmen durchgeführt, das
unſere Zeit im Bahnbau laufweiſt. Erſt dann wird Wladi-
woftof wirklich/Beherrſcherin des Oftens“ werden, wie ſie
die Ruſſen ſchon jetzt nennen. — Wladiwoſtok wurde 1861 ge-
gründet, als Poſten für eine kleine Abteilung ruffiſcher Sol:
Da man aber die günſtige Lage und den Wert des
ausgezeichneten Hafens bald erkannte, ſo erwählte man 1871
die kleine Anſiedlung zur Endſtation des ſibiriſchen Neberz
landtelegraphen und zum Kriegshafen für die ſibiriſche
Flotte. Seitdem hat ſich Wladiwoſtok mächtig entwickelt
und iſt jetzt eine ſlork befeſtigte, von der Seefeite Her un-
einnehmbare Hafenſtadt von 30,000 Einwohnern und einer
Sarnijon von 25,000 Mann Soldaten aller Waffengattungen.
Das ſibiriſche Sebaſtopol!, wohin uns die fünf Bilder auf
S, 25 verſetzen, iſt aber nicht nur eine höchſt wichtige, fon:
dern auch ſchöne Stadt, Ie mehr man fich ihr von der
Seeſeite her nähert, defto prächtiger entfaltet ſich die Nund-
ſicht über die Zugis und großen ſtaatlichen Anlagen, über
die Häuſer und Gärten bis zu dem Hügelkranze! der die
Stadt von der Landſeite umſchließt, mit feinen Forts und
verſteckten Batterien. Kommt man ans Land, ſo ſieht ſich
der fremde Beſucher, der das träge Weſen der oͤſtaftaliſchen
Völkex kennen gelernt hat, wohlthuend überraſcht von dem
Ebhaften Treiben auf den Werften, den Ausladeplätzen,
Narkten und in den Hauptſtraßen und Bazaren. Man fuͤhlt
Jofort, daß europaiſche Kultur hiex mit Nachdruck den Hebel
angejeßt hat. Die vielen Offiziere und Soldaten des
Landheeres und der Marine, die duxch zwanzig Kriegsſchiffe
vertreten ift, dazu die zahlreichen Kaͤſernen u. f. m. geben


auch das moderne Haͤndelselement fehlt nicht und gewinnt
immer mehr an Bedeutung. Deutſchland ſteht hier unter
allen Nationen voran. Im Iahre 1898 wurde Wladiwoſtok
von 242 Fandelsſchiffen befucht; davon waren 82 deutſche,
53 rvulfijhe, 45 japaniſche, 29 norwegiſche, 21 englijche.
Bedeutende deutſche Großhandelsfirmen haben ſich in Wlabdi-
woſtok niedergelaſfen. Der Kleinhandel dagegen iſt faſt aus-


 
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