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heft ' 9. Alluſtrirte Fumilien-Deitung, . Zahrg. 1900.

Im ewigen Schner.

Roman von Paul Pekar Pöcker.

(Foxffekung.)

Nachdruck verboten.)
Altephan ſuchte ſich mit geſpreizten Armen
und Beinen über dem Schneeſpalt zu halten.
]! So ſehr das Seil auch ſeine Bruſt ein-





a N Iſchnürie — er glaubte es in ſeiner ſchwe-
4 benden Lage wenigſtens ſo lange aushalten
EFE | 24 können bis Marianne ſich von der

Schlinge freigeniacht hatte. War ſie nur gerettet — für

ſich felbſt wollte er dann ſchon weiter ſorgen.

„Feſthalten und ziehea!“ rief er ſeiner Irau zU.

Er hoffte, daß ſich droben irgendwo ein Felsgriff böte,
an dem Marianne die Schlingé befeſtigen könnte, dann
wären ſie beide gerettet geweſen-

Doch da klang's in elſterbendem, dumpfem Tone von
oben herab: „Ich kayn nicht mehr — ich erſticke!“

€ mwurde Stephan ſchwarz vor den Augen. Er
fühlte gleichzeitig, daß der Eispickel, auf deſſen Griff er
ſtand, nacdhgab: er mar nicht tief genug in die Eiswand
hineingetrieben.

Daͤs Seil ſpannte ſich noch ſtraffer.

Ein langes Aufſtöhnen droben. . .

Stenhan hatte bereits ſein Meſſer gezogen — der Mut
der Berzweiflung war über ihn gefommen: ex war ent:
ſchloffen! ſich hinzuopfern, um ſeinem Weib das Leben
zu retten.

Ein paar Schnitte und Stöße, die er über ſeinem
Haupte mit dem Meſſer gegen das ſtraffe Seil führte —
und Marianne fühlte die Laſt nicht mehr.

Mehrere Sekunden lang lag ſie regungslos,, dann
weitete fich ihle Bruſt, die Schlinge gah nach, ſie ſog tief
die Luft ein und richtete ſich zu knicender Stellung auf.

Stephan!“ rief ſie.

Nichts antwortete.

* zog am Seil und bemerkte das durchſchnittene
nde.

Nun ſchrie ſie den Namen ihres Gatten noch lauter,
noch verzweifelter. Ohne der Gefahr zu achten rutſchte ſie
auf den Knieen bis zum Rand des Abgrundes zurück und
ſtarrte hinab. Entfetzen lähmte ſie: denn nichts war
von Stephan zu entdecken.

Der Spalt! deffen obere Ränder ſchräg abwärts fielen,
war weiterhin kaum zwei Meter breit und beſaß von da
ab faſt fenkrecht abſtürzende Eiswände Ungefähr zehn
Meter tief im Spaͤlt befand ſich eine Füllung xon Schnee
und Cismaljen. Sie ftammte vermutlich vom guſammen-
ſturz der Schneebruͤcke und dem Aobröcdeln des überhängen-
den Randes. Aber unterhalb dieſes Bodens oing Die
Spalte, wie die links und rechts davon klaffende Untiefe
bewies, weiter.

Wie tief Stephan abgeſtürzt war, ob es ein Todes-
ſprung bis auf den Grund des ſchauerlichen Spalts,
den man nicht ſehen konnte, geweſen war, ob er mit
dem Erſticken kämpfend lebendig begraben in der Schnee-
füllung der Erlöſung harrte. Marianne wußte es nicht.

Sie ſah aber daran, daß das Seil nicht etwa durch- In der Trotzecke. Nach einem Gemälde von H. Kaulbach. S. 214)



Photographioverlas der Photographischen Union in München,

*


 
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