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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 49.1914

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vasLuchfülMe
Illustnette familienrestung
14. liest. 1914.
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ljofmusik. stach einem öemülde von j. Monge.

Lulu fuhr energisch fort: „Übrigens bin ich
immer entgegenkommend gegen Sportskollegen.
Selbstverständlich habe ich Herrn v. Römer zum
Dank für seine kleine Hilfeleistung eingeladen, den
Huchen morgen mit uns zu verspeisen. — Damit
erklären Sie sich doch für vollständig befriedigt,
Herr v. Römer — was?"
Sie blinzelte ihn kokett an, und er beeilte sich,
strahlend zu versichern, daß er ihr für diese Gunst
noch zehn Huchen drillen und ganz gewiß nächstens
auf Waldried den besten Hirsch zum Schuß über-
lassen würde.
Dann trat er zu Sibylle, die ganz allein abseits
stand und sich recht verlassen fühlte.
„Ist sie nicht ein süßes kleines Ding, die kleine
Lulu Rohrbach?" fragte er leise.
„Ja — gewiß," antwortete sie zerstreut.
„Ich weiß wirklich nicht, was Ilse gegen sie hat,"

'WM-

fuhr er fort. „Immer findet sie etwas an ihr zu
tadeln und ärgert sich, wenn die Generalin nnt ihr
nach Waldried kommt. Es kann doch nicht jeder
Mensch nur für Milch und Butter schwärmen! Ich
fürchte, Ilse wird allzu einseitig in ihrer Manie,
sich von der Welt abzuschließen."
„Warum kam sie denn heute nicht mit? Ich wäre
so glücklich gewesen, wenn ich sie hier in meiner
Nähe wüßte — unter all den fremden Leuten!"
sagte Sibylle kleinlaut.
„Warum sie nicht mit ist? Aus purem Eigen-
sinn ! Ich redete ihr zu, bat sogar, denn ich wünsche,
daß sie sich mit Rohrbachs ein bißchen anfreundet.
Es sind so nette, liebe Menschen, und das hätte
heute die beste Gelegenheit gegeben. Aber sie
wollte durchaus nicht. ,Was gehen mich diese Leute
an, die sich doch nur Lügen ins Gesicht sagen und
einander hinterher beklatschen/ sagte sie. ,Und
dann gar diese Sportdummheiten!
Laß mich zufrieden damit! So
gut geht's mir ja doch nirgends
wie daheim!""
Sibylle dachte: „Wie klug ist
doch meine liebe Ilse, und wie
recht hat sie! Wenn ich doch auch
hätte daheim bleiben dürfen!"
Plötzlich, während die Gräfin
Dessen eben eine scherzhafte An-
sprache begann und die Preis-
verteilung damit einleitete, beugte
sich Bernd noch einmal zu Sibylle
und flüsterte ihr zu: „Ilse hält
so viel auf Sie, gnädige Frau —
könnten Sie sie nicht gelegentlich
ein bißchen zugunsten der Rohr-
bachs beeinflussen? Ich möchte
nächstens ein Jagddiner geben
und unter anderen auch Rohr-
bachs einladen. Aber ich müßte
sicher sein, daß Ilse sie auch freund-
lich empfängt. Sie kann manch-
mal so schrecklich ungemütlich wir-
ken."
„Ich will es gern versuchen.
Ob es aber hilft?"
„Sicher! Und Sie müssen
natürlich auch kommen dazu!"
„Ich verstehe doch nichts von
- der Jagd!"
„Das tut nichts. Während wir
jagen, bleiben Sie bei Ilse. Übri-
gens will ich dazu noch jemand
einladen, dessen Anwesenheit
Ihnen gewiß Freude macht."
„Mir?"
„Ja. Ihren Vetter Leo! Sie
werden sich dann auf Waldried
hoffentlich nicht so vereinsamt
fühlen, wie es heute hier der Fall
zu sein scheint, wenn ich Ihre
Worte von vorhin richtig deutete."
Ein warmer Schein breitete
sich über Sibylles Züge. „Wie
gut Sie sind!" sagte sie und setzte
fragend hinzu: „Kennen Sie denn
Leo überhaupt? Das wußte ich
ja noch gar nicht!"
„Unsere Bekanntschaft mit
Herrn v. Thuren ist allerdings
nur eine oberflächliche und stammt
von einer Jagd vor zwei Jahren,
wo ihn ein Freund von mir als
Gast nach Waldried mitbrachte.
Die Herren blieben eine ganze
Woche bei uns. Damals war

Der Liede ewig wechselnd Lied.
sioman von Lnch ebenstem.
Mortselmng.) -(Nachdruck orrdournv
5echret>nte5 Kapitel.
Träger hatten unten bereits ihre Körbe
Mm/Wl auf die vorbereiteten Strohmatten ent-
W///ID leert. Man hatte gute Beute gemacht.
WWM Neben einer stattlichen Anzahl blauer
Regenbogenforellen sah man die langen,
walzenförmigen Leiber großer Huchen mit grün-
lichbraunem Rücken und silberweißem Bauch, da-
neben eine Menge silberglänzender Äschen mit
goldgrünem Schimmer auf den Schuppen. Sogar
ein paar Barben von ansehnlicher Größe hatten an-
gebissen, und ihre rötlichen Flossen und dicken Bart-
fäden fielen den bewundernden
Damen besonders in die Augen.
Das Hauptstück aber war ein
prachtvollepfast zwei Meter langer
Huchen, der obenauf lag und all-
gemeine Bewunderung erregte.
Als die Generalin Rohrbach
ihn staunend durch ihre Lorgnette
beschaute und kopsschüttelnd meinte,
einen so großen Süßwasserfisch
habe sie überhaupt noch nie ge-
sehen, drängte sich Lulu, die bis-
her in leisem Gespräch abseits
mit Bernd v. Römer gestanden
hatte, aufgeregt an sie.
„Der gehört uns, Großmama!
Den habe ich nämlich gefangen-
denke nur! Und Baron Büttau
hat ihn mir geschenkt, damit wir
Großpapa damit überraschen."
„Du?" sagte die alte Dame
ungläubig. „Der ist ja größer
als du selbst und würde dich beim
Herausziehen sicher ins Wasser
gerissen haben."
„Herausgezogen hat ihn natür-
lich Herr v. Römer. Aber gebissen
hat er auf meine Spinnangel.
Auch den Anhieb habe ich selbst ge-
macht — freilich plumpste ich da-
bei rücklings ins Gras und wäre
beinahe auf dem glitschigen Ufer
ins Wasser gerutscht. Aber da
war ja gleich Herr v. Römer da,
der mich gerade noch mit einer
Hand abfing und mit der anderen
meine Angelrute packte. Und
dann drillte er den Fisch so lange
— so lange, sage ich dir, daß ich
vor Aufregung schon beinahe ver-
ging ! Aber endlich hatte er ihn
doch so weit, daß er ihn heraus-
ziehen konnte."
„Aber dann hat doch eigentlich
Herr v. Römer ihn gefangen!"
„Wieso? Er biß doch an meine
Angel! Das bißchen Drillen war
doch nur Galanterie von ihm.
Das haben wir schon ausgemacht
vorher. Lallas Bruder hat doch
damals in Tirol auch die Gemse
niedergeschossen, die ich zuerst sah
und ihm zeigte. Es ist ihm gar
nicht eingefallen, nachher zu be-
haupten, daß es — seine Gemse
sei!"
Alle lachten.

XIV. ISN.
 
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