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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 49.1914

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Var Luch fürMe
Mstllette ftamilienreilung
22. kjest. M4.
vox^iAlit 1914 dx Umvu Vsutsvks VerluZsssseUscchLkt, StuttZLrt.


Vie neue eisenbetonbi-ücke bei üangwies (rchweir) im Sau. (5. Y82)
Nach einer pyvwgrnphie o°n I". w. cnrsch in Lettm-Mede.mu.

lachende Sonn' und den blauen Himmel, die könnt'
er beim besten Willen net herzaubern. Und da-
nach hat sie geflennt. Darum haben auch alle
Fenster bunte Gläser, damit man die Welt schöner
sieht, und net wie's wirklich ist. Und so ist die
Komödie weitergegangen, bis das Kind geboren
worden ist. Dabei ist das arme Frauerl gestorben,

war wohl sehr unglück-
Frau?"
„Na, von der Zeit
red' ich lieber gar net.
Ich dacht', er verliert den
Verstand. Kaum gegessen
und getrunken hat er,
keine Silb' mehr gespro-
chen monatelang. Erst
wie er's merkt', daß es
mit dem Kindl net richtig
ist, da hat er sich auf-
gerappelt, ist von einer
Stadt zur andern, von
einem Professor zum
nächsten gehetzt. Aber
wenn er ihnen auch das
Geld haufenweis hin-
geworfen hat, helfen
könnt' keiner. Das Kind
ist siech und gelähmt und
bleibt's, bis unser Herr-
gott es zu sich holt."
„Für Ihren Sohn,
der so an dem Kinde
hängt, wäre das furcht-
bar hart."
Frau van der Leyen
zuckte mit den Schultern.
„Es tut immer weh, ein
Kind hergeben zu müs-
sen. Ich hab' auch zwei
begraben, zweikernfrische
Buben, net solch Jam-
merbilder wie unsers.
Ich mein', der Jürgen
will halt alles meistern,
statt sich in sein Geschick
zu ergeb'n. Das geht
doch net anders. Seine
Frau ist tot, das Bübl
siech — das ist traurig —
gewiß, aber er ist jung
und gesund, was heira-
tet er net wieder? A
lieb's Mädel, das ihn
gern hat! Er weiß ja
noch gar net, wie a rich-
tige Eh' sein muß. Ar-
beiten soll man zusam-
men und in guter Ge-
meinschaft leben, aber
net so a Raserei und
Abgötterei treiben. Das
geht niemals gut aus. —
Aber nun ist genug da-
von geschwätzt. Das ist
eine traurige Geschicht',
die ich am liebsten ver-
gessen möcht'. Ich bin
halt immer noch lustig.
Für mein Leben gern
möcht' ich nach Innsbruck
zurück zu meine Leut'
und meine Berg'. Aber
das kann ich net, solang
der Jürgen Witwer ist
und das kranke Bübl
lebt. — Und nun will ich
Ihnen auch sagen, was
ich mir wegen der Leut'

und das Hascherl war so 'n elendiges Würml,
daß man sich net getraut hat, es anzurührn. In
Watte gepackt, mit Wärmflaschen an allen Seiten
wie a krank's Affle hat's dagelegen und gewimmert,
daß man schier hat verzagen woll'n."
„Ihr armer Sohn
lich über den Tod der

»NKM ging über
ihrheiteresGe-
MsM ^t. "Ganz
recht haben S'.
Aber dem Kindl schadet
und nützt nix mehr. Der
Bub ist bald am End!
Und 's ist auch gut so.
Wem soll solch Jammer-
leben nützen?"
„Ihr Herr Sohn liebt
das Kind aber anschei-
nend grenzenlos?"
„Er liebt's net, wie
ein Vater sein Kind lie-
ben soll, er vergöttert den
Bub, und das ist ein
schwer's Unrecht," sagte
die alte Frau ernst. „Das
straft sich noch. Der Jür-
gen ist auch gar net so
hart, wie er scheint. Im
Grund seines Herzens ist
er gut. Aber er hält
seine Leut' knapp, nur
um recht viel Geld zu-
sammenzubringen für
sein krank's Kind. Und
grad so hat er's auch
mit der Mutter von dem
Bübl gemacht. Die hat
er in Florenz kennen
gelernt und sich in sie
verliebt wie ein Verrück--
ter. Ihre Verwandten
wollten's nicht leiden
wegen dem fremden
Land. Aber was der
Jürgen sich in den Kopf
setzt, das bringt er auch
sertig."
„War sie denn so
schön?" fragte Ilona mit
lebhaftem Interesse.
„Wie man's halt'
nimmt." Frau van der
Leyen sah bewundernd
auf die Mädchengestalt,
die vor ihr stand. „Mein
Geschmack war die
Schwiegertochter grad
net. Zart zum Umbla-
sen, mit akkurat solchen
schwarzen Riesenguckerln
wie der kranke Bub. Und
immer fror sie und hat
vor Heimweh geseufzt
oder auf ihrer Mando-
line geklimpert. Aber
der Jürgen, der hat halt
nix gesehn wie nur sie.
Das Haus mußt' um-
gebaut werden, war net
schön und gut genug
für sie. Möbel, Bilder,
Teppiche — von aller
Welt Enden hat er's her-
beigeschleppt, bis sie's
hübsch fand. Aber die

(Nachdruck oerdoten.)
rau van der Leyen nickte heftig. Ein Schat-

stei'l'em'echt.
stoman von stemlette v. Meecheimb.
(rortseklmg.)

> WZ/
MM
'L

xxu. 191t.
 
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